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Glossar

EPDM1 - EPDM/PP - Ethylen-Propylen-Dien/Polypropylen (Norprene®, Santoprene®, PharMed®, THOMAPREN-Reichelt Chemietechnik)

Ethylen-Propylen-Dien/Polypropylen

andere Bezeichnungen:  Ethylen-Propylen-Dien-Polypropylen-Blend, EPDM/PP-Kautschuk, EPDM/PP-Gummi

Kurzzeichen:  EPDM/PP

CAS-Nr.: nicht ausweisbar

 

Wichtige Handelsnamen und Markeneigner

DUTRAL® - Versalis SpA
ELASTOPREN® Elastomeros Roijanos S.A.
LARFLEX® Lati Industria Thermolastici SpA
ONFLEX® PolyOne Corp.
SANTOPREN® Advanced Elastomer Systems Ltd.
SARLINK® Teknor Apex
THOMAPREN Reichelt Chemietechnik

 

Geschichtliches

EPDM/PP (Ethylen-Propylen-Dien/Polypropylen) wurde 1981 von dem US-Konzern Monsanto auf den Markt gebracht. Die Ursprünge des Konzerns gehen auf den irisch-amerikanischen Unternehmer John Francis Queeny (1859-1933) zurück, der im Jahre 1901 in St. Louis (Missouri) die chemische Fabrik Monsanto Chemical Works gründete. Als eingängigen Firmennamen wählte er den Namen seiner Ehefrau, einer Puerto Ricoanerin, die eine geborene de Monsanto war. Gemeinsam mit dem schweizer Chemiker Louis Veillon (1875-1958) begann Queeny mit der Produktion von Saccharin (chemisch: Benzoesäuresulfimid), dem ersten synthetischen Süßstoff. Dieser einfach, vor allem aber preisgünstig zu gewinnende Zuckerersatzstoff war 1878 von dem US-amerikanischen Chemiker Ira Remsen (1846-1927) und dem russisch-deutschen Chemiker Constantin Fahlberg (1850-1910) an der John-Hopkins-Universität in Baltimore zufällig entdeckt worden. Letzterer gründete im Jahre 1897 zusammen mit seinem Cousin, dem Chemiker und Agrarwissenschaftler Adolph Moritz List (1861-1938) in Magdeburg die weltweit erste kommerzielle Produktionsstätte für Saccharin, die Chemische Fabrik Fahlberg-List & Co. Das verkehrsgünstig an der Elbe gelegene Unternehmen konnte sich schnell erweitern und produzierte in der Folgezeit neben Industriechemikalien (ab 1899), wie Schwefelsäure, nunmehr auch Arzneimittel und Diagnostika (ab 1912), Farben (ab 1916) und Pflanzenschutzmittel (ab 1921). In der DDR-Zeit nahm der nach 1945 verstaatlichte Betrieb als Teil des 1979 gegründeten Kombinats Agrochemie Piesteritz noch die Herstellung von Düngemitteln in sein umfangreiches, sehr heterogenes Produktionssortiment auf. 1995 wurde das Werk mit einer fast 100jährigen, wechselvollen Industriegeschichte geschlossen und abgewickelt.
Queenys Monsanto Chemical Works hatte im Gegensatz zu Fahlbergs chemischer Fabrik in Magdeburg von Anfang an mit wirtschaftlichen Problemen zu kämpfen. Nach einem 1902 in Deutschland auf Betreiben der Zuckerproduzenten gerichtlich verfügten Verwendungsverbot für Saccharin, das erst während des ersten Weltkrieges offiziell wieder aufgehoben wurde, folgten entsprechende Klagen auch in den Vereinigten Staaten, die sich bis in das Jahr 1925 hinzogen. Sie minderten den ohnehin schon geringen Absatz von Saccharin empfindlich. So begann Queeny bereits im Jahre 1904 damit, für die Getränkeindustrie, die Abnehmer des künstlichen Süßstoffs war, auch Vanillin und Koffein zu produzieren. Doch erst ab 1915 konnte er damit nennenswerte Gewinne erwirtschaften und in sein Unternehmen investieren. 1927 wurde das inzwischen gefestigte Unternehmen an der Börse notiert, das nach dem Ausscheiden des Firmengründers im Jahre 1928 unter der Leitung seines Sohnes Edgar Monsanto Queeny (1897-1968) als Monsanto Chemical Company firmierte. Durch beträchtliche Firmenzukäufe entwickelte er das Unternehmen in den nächsten Jahrzehnten zu einem der größten US-amerkanischen Chemieunternehmen, das schnell auf jegliche Marktanforderungen zu reagieren verstand. So produzierte und lieferte Monsanto während des Vietnamkriegs (1965 -1970) das berüchtigt gewordene Herbizid Agent Orange zur großflächigen Entlaubung von Wäldern. Bis 1962 war das Unternehmen der weltweit größte Produzent des Insektizids Dichlor-diphenyl-trichlorethan (DDT), dessen Einsatz seit 2004 nur noch in Ausnahmefällen, etwa zur Malariabekämpfung, zulässig ist. Die Produktion der vor allem als Weichmacher in Lacken und Kunststoffen sowie als Hydraulik- und Trafo-Öle verwendeten polychlorierte Biphenyle (PCB) wurde erst nach dem generellen Verwendungsverbot, als dessen Schädlichkeit für Mensch und Umwelt längst erkannt worden war, im Jahre 2001 eingestellt. Das umstrittene Herbizid Glyphosat wird von Monsanto noch heute produziert.
Ab 1960 wurde der agrochemische Bereich des Konzerns systematisch ausgebaut, der 1981 mit der Gründung einer molekularbiologischen Sparte den Start in die industrielle Gentechnik markiert. 1997 trennte sich die Monsanto Company, wie sich der Konzern schon seit 1964 nannte, endgültig von allen seinen Chemie-Aktivitäten. Dem damit eingeleiteten, grundlegenden Konzernumbau zum weltweit führenden Hersteller gentechnisch veränderten Saatguts und von Agrarhilfsmitteln fiel auch die EPDM/PP-Produktion anheim. 2002 war der Konzernumbau zum Agrar-Giganten mit Niederlassungen in 61 Ländern abgeschlossen. Der Hauptproduzent für EPDM/PP ist heute Advanced Elastomer Systems (AES), eine Tochter der ExxonMobil Chemicals mit Sitz in Texas.

 

Allgemeine Beschreibung

EPDM/PP sind Komposite aus einem Ethylen-Propylen-Dien (EPDM) und Polypropylen (PP) und somit Elastomer-Thermoplast-Gemische. Kunststoffe dieser Klasse werden als thermoplastische Elastomere bezeichnet und durch das allgemeine technische Kürzel TPE gekennzeichnet. Als Komposite auf der Basis polymerer Olefine werden sie mit dem technischen Kürzel TPE-O oder auch TPO näher typisiert.
Aus der Vielzahl möglicher Zusammensetzungen ergibt sich eine große Variationsbreite für die erzeugten Qualitäten, deren spezielle Gebrauchseigenschaften dem vorgesehenen Anwendungszweck stets optimal angepasst werden können. Sie sind bei Raumtemperatur elastisch und unter Erwärmung plastisch formbar und unzersetzt aufschmelzbar. Nach dem Abkühlen stellt sich unter Beibehaltung der in der Wärme erwirkten Formgebung die ursprüngliche Elastizität wieder ein.

 

Verarbeitung und Verwendung

EPDM/PP mit seinen bei Zimmertemperatur gummiähnlichen Eigenschaften ist wegen seines Warmverhaltens außerordentlich günstig zu Formteilen zu verarbeiten, etwa durch Spritzgießen, Extrudieren, Blasverformen oder Kandieren. EPDM/PP-Formteile werden ihrer Elastizität halber vor allem im Fahrzeug-, Maschinen- und Gerätebau eingesetzt, für Stoßfänger, schall- und vibrationsdämpfende Verkleidungen, langlebige Dichtprofile, rutschfeste Matten, Faltenbälge und andere Konstruktionselemente. Sie sind verschweiß- und verklebbar.
Für Labor und Technikum sind EPDM/PP-Schläuche vom Typ THOMAFLUID® oft die erste Wahl. Sie zeichnen sich durch hohe chemische Stabilität, hohe Abriebfestigkeit und extrem geringe Gaspermeabilität aus. Ihre Standzeiten übertreffen die von gleichartigen Silikonprodukten bis um das 30-fache.
THOMAFLUID® EPDM/PP-Schläuche stehen als leistungsfähige Pumpen- und Chemieschläuche in metrischen Abmessungen bis zu 10 mm ID und in entsprechenden zölligen Abmessungen zur Verfügung, ebenso auch als farbcodierte Mikro-Pumpenschläuche, üblicherweise mit zwei oder drei Stoppern.
Biokompatible THOMAFLUID®-EPDM/PP-High-Tech-Schläuche, die den strengen FDA- und NSF-Richtlinien entsprechen, sind für den Einsatz in Lebensmittel- und Pharmabereichen zugelassen. Sie sind wiederholt autoklavierbar und mit üblichen Mitteln chemisch sterilisierbar, so dass sie ohne Einschränkung auch in CIP- und SIP-Regime einbezogen werden können.

 

Chemische Eigenschaften

EPDM/PP ist eine weichmacherfreie Mischung zweier chemisch und physikalisch-technisch verschiedener Kunststoffe. Sie setzen sich aus dem elastischen Ter-Polymeren Poly-Ethylen-Propylen-Dien (EPDM)

chem-Formel-EPDMPP-1

und dem, bei Zimmertemperatur harten, thermoplastischen Polypropylen (PP)

chem-Formel-EPDMPP-2

zusammen. Ihre Anteile in den EPDM/PP-Rezepturen sind variabel, wobei die Ethylen-Propylen-Diene selbst schon über sehr unterschiedliche Zusammensetzungen verfügen. Damit erübrigt sich ein chemisches Formelbild für EPDM/PP. Aus gleichem Grund kann für EPDM/PP auch keine CAS-Nummer ausgewiesen werden.
Beide Komponenten, EPDM und PP, sind physikalisch reversibel vernetzt. Diese Vernetzung beruht nicht, wie bei Co- oder Ter-Polymeren, auf kovalenten Bindungen, sondern allein auf den wesentlich schwächeren Van der Waal'schen Kräften. Daher ist der Vorgang des zersetzungsfreien Erweichens bis zum Aufschmelzen von EPDM/PP und dem Wiederabkühlen bis zum Festwerden faktisch unbegrenzt oft wiederholbar, weil dabei die chemischen Bindungen innerhalb der polymeren Einzelkomponenten erhalten bleiben. Diese besondere Eigenschaft des Kunststoffs ist nicht nur für seine industrielle Verarbeitung von maßgeblicher Bedeutung, sondern ermöglicht auch ein kostengünstiges Recycling des Kunststoffs. Allerdings sind die Formbeständigkeit von EPDM/PP in der Wärme und die Rückstellfähigkeit des gedehnten Materials nach Entlastung merklich geringer, als die von gewöhnlichen Elastomeren.
EPDM/PP ist ein witterungs- und UV-stabiler Kunststoff. Ebenso ist er gegenüber verdünnten Säuren und Laugen sowie Ölen und Fetten beständig. Aliphatische Kohlenwasserstoffe und insbesondere aromatische Kohlenwasserstoffe, wie Benzol und Toluol, halogenierte Lösungsmittel sowie Ester und Ketone führen zur Quellung des Kunststoffs und damit zur Einbuße seiner Festigkeit.

  

Technische Daten  

Wegen der unterschiedlichen Zusammensetzungen von EPDM/PP können generelle technische Daten nicht angegeben werden. Den hier angegebenen Werten liegen Parameter verschiedener EPDM-PP-Qualitäten von Reichelt Chemietechnik zugrunde. Sie stellen jedoch nur sehr grobe Richtwerte zur Orientierung dar und können für ein bestimmtes Produkt hiervon erheblich abweichen. 

   
allgemeine Eigenschaften  
Farbe beige
Dichte < 1 g/cm3
   
thermische Eigenschaften  
Einsatztemperaturbereich  -45 °C bis +135 °C
Schmelztemperatur  oberhalb +160 °C
Zersetzungstemperatur  oberhalb +265 °C
Brandklasse (UL 94) HB
   
elektrische Eigenschaften  
Durchschlagfestigkeit  um 30 kV / mm
spezifischer Durchgangswiderstand 1016 Ω• cm
Dielektrizitätskonstante (100 Hz / +23 °C) 2,6
   
mechanische Eigenschaften  
Shore-Härte A 30° bis 70°
Elastizitätsmodul 2,3 MPa
Bruchdehnung > 400 %
Zugfestigkeit >  6,5 MPa

Druckverformungsrest
zwischen +25 °C und +100 °C / 168 h


zwischen 
20 % und 40 %
   
chemische Beständigkeit  
Alkohole beständig
aromatische Kohlenwasserstoffe unbeständig
aliphatische Kohlenwasserstoffe bedingt beständig
halogenierte Lösungsmittel unbeständig
Ester, Ketone unbeständig
verdünnte Säuren und Laugen beständig

 

Weiterführende Literatur

1.) Jürgen Gloeckler, Malcolm Asbury, Product Innovation - the Key of New Market Opportunities. In: New Opportunities for Thermoplastic Elastomers, iSmithers Rapra Publishing [1996], ISBN 978-1- 859-67070-8

2.) Heike Menge, Sibyl Ilisch; Mihaela Aluas, Untersuchungen der physikalisch-mechanischen Eigenschaften von PP/EPDM-Compounds, KGK Kautschuk Gummi Kunststoffe 55 (3), 86 ff. [2002], ISSN 0948-3276

3.) Godfrey Holden, Hans Rytger Krickeldorf, Roderic P. Quirk, Thermoplastic Elastomers, 3th ed., Carl Hanser Verlag München [2004], ISBN 978-1-569-90354-3