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Glossar

SBR - Styrol-Butadien-Kautschuk (Buna®)

chem-Formel-SBR1Styrol-Butadien-Kautschuk

andere Bezeichnungen: 1,3-Butadien-Styrol-Copolymer, SBR-Gummi, Styrene-Butadiene-Rubber

Kurzbezeichnung: SBR

CAS-Nr.: 9003-55-8

 

Wichtige Handelsnamen und Markeneigner

BUNA S® - Lanxess
DYNASOL® Dynasol Synthetic Rubber Co., Ltd.
EUROPRENE® Veralis S.p.A
INTOL® EniChem Polymeri
KER® Synthos S.A. (PL)
KRALEX® Synthos S.A. (ČS)
KRYNOL® Polysar Ltd.
PIOFLEX® Goodyear Tire and Rubber Co.
POLYSAR S® Polysar Ltd.
S-SBR® Sumitomo Chemical Asia
STYRON® Trinseo AG

 

Geschichtliches

Ende des Jahres 1925 schlossen sich die acht führenden deutschen Chemieunternehmen, die Actien-Gesellschaft für Anilin-Fabrikation (Berlin), die Badische Anilin- und Sodafabrik AG (Ludwigshafen) mit dem Ammoniakwerk Merseburg GmbH (Leuna), die Farbenfabriken vom. Friedr. Bayer & Co. (Leverkusen), die Chemische Fabrik Griesheim-Elektron (Frankfurt), die Chemische Fabrik Kalle & Co. AG (Biebrich), die Chemische Fabriken Weiler-ter Meer (Uerdingen), die Farbwerke Leopold Cassella & Co. (Fechenheim) und die Farbwerke vorm. Meister, Lucius und Brüning AG (Höchst) zur Interessengemeinschaft Farbenindustrie AG zusammen.
Dieser Fusion waren auf Anregung von Carl Duisberg (1861-1935), dem Chemiker, Vorstandmitglied und späterem Generaldirektor und Vorstandsvorsitzenden der Farbenfabriken vorm. Friedr. Bayer & Co. AG zwischen 1904 und 1906 Absprachen führender Chemieunternehmen zur Zusammenarbeit und Offenlegung von Entwicklungen mit dem Ziel vorausgegangen, gegenseitige Konkurrenzen auszuschließen. Den Abreden folgte im Jahre 1916 mit der Gründung der Interessengemeinschaft der deutschen Teerfarbenfabriken ein auf fünfzig Jahre befristeter Vertrag, der den beteiligten Firmen ihre juristische und wirtschaftliche Selbständigkeit jedoch noch gewährleistete. Mit dem Firmenzusammenschluss von 1925 zur I.G. Farbenindustrie AG, der Interessengemeinschaft Farbenindustrie AG, gaben die beteiligten Unternehmen ihre unternehmerische Selbständigkeit faktisch auf.
Nunmehr konnten Entwicklungspotenziale der Beteiligten zielgerichtet gebündelt werden. So verblieb das Kautschuk-Zentrallaboratorium als Forschungs- und Entwicklungsabteilung im Leverkusener Bayerwerk, zu dessen Leiter 1927 der deutsche Chemiker Erich Konrad (1894-1975) berufen wurde. Bereits 1929 konnten hier die beiden Chemiker Walter Bock (1895-1948) und Eduard Tschunkur (1874-1946) mit der Entwicklung des Styrol-Butadien-Kautschuks den ersten wirtschaftlich verwertbaren Synthesekautschuk der Öffentlichkeit vorstellen. Nur wenig später folgte der Acrylnitril-Butadien-Kautschuk (NBR), den Erich Konrad mit Eduard Tschunkur und Erich Kleiner hier entwickelt hatte.
Die im Jahre 1926 gegründete Deutsche Kautschukgesellschaft e.V. (DKG) zur Förderung und Verbreitung von wissenschaftlichen Erkenntnissen über die Herstellung und das chemische, physikalische und technische Verhalten von Kautschuk und gummielastischen Stoffen ehrt seit 1980 Persönlichkeiten für Verdienste und Leistungen besonderer Art in der Kautschuk-Technologie mit der Erich-Konrad-Medaille. Damit hält die Gesellschaft das Andenken an den in der Öffentlichkeit außerhalb von Fachkreisen kaum bekannten, verdienstvollen Industriechemiker und ideenreichen Produktentwickler Erich Konrad für die Zukunft wach, der 1936 selbst deren Präsident war.

chem-Formel-SBR2

 

Allgemeine Beschreibung

Styrol-Butadien-Kautschuk (engl.: Styrene Butadiene Rubber) mit dem technischen Kürzel SBR wird oft als der Allzweck-Synthese-Kautschuk deklariert. Seine Eigenschaften kommen denen des Naturkautschuks nahe, wahrscheinlich ist er auch der am häufigsten genutzte Synthesekautschuk. Für das Jahr 2012 wird eine weltweite Produktionsmenge von mehr als 5,4 Millionen Tonnen genannt.
Die Gründe dafür dürften in den günstigen Möglichkeiten zur Gewinnung seiner monomeren Komponenten Styrol und 1,3-Butadien aus Erdöl und Erdgas zu sehen sein, aber auch in der inzwischen technisch ausgereiften Synthesetechnik durch radikalische Polymerisation in der wässerigen Phase, die eine profitable Massenproduktion des Elastomers gestattet.

 

Verarbeitung und Verwendung

Styrol-Butadien-Kautschuk (SBR) ersetzt in vielen Bereichen neben anderen synthetischen Kautschuks, wie Acrylnitril-Butadien-Kautschuk (NBR), Chlorpren-Kautschuk (CR) und Ethylen-Propylen-Dien-Kautschuk (EPDM), den nur begrenzt verfügbaren Naturkautschuk (NR). Seine Eigenschaften können durch Vulkanisieren und Füllstoffe, wie Ruß, Kieselgel und andere mineralische Stoffe anwendungsorientiert optimiert werden. Hochwertige SBR-Qualitäten werden durch Blends mit Naturkautschuk gewonnen.
Hauptabnehmer für Styrol-Butadien-Kautschuk ist die Zulieferindustrie für den Automobilbau, an erster Stelle die Reifenindustrie. Sie setzt SBR vorwiegend für Laufflächen von LKW- Autoreifen ein. Darüber hinaus werden elastische Formteile aus SBR gefertigt, wie Motoraufhängungen, Federelemente und stoßdämpfende Gummipuffer.
Wegen seiner hohen Verschleißfestigkeit sind Transportbänder aus Styrol-Butadien-Kautschuk unverzichtbar geworden, vor allem im Bergbau, für automatisierte Verteilersysteme in Logistikzentren und für Montagebänder in der Fertigungsindustrie. Aus gleichem Grund haben sich auch SBR-Platten und Platten aus SBR/CR-Blends als strapazierfähige Bodenbeläge in Werkhallen bewährt, vor allem aber in öffentlichen Gebäuden und in Verkehrsmitteln.
SBR-Schläuche mit Gewebeeinlagen sind hervorragende Dampf- und Heißwasserschläuche. Glasfaserverstärkte SBR-Schläuche sind robuste Kabelschutzschläuche für Elektroinstallationen. Sie werden insbesondere beim Verbau von Kabeln in Maschinen und Anlagen eingesetzt, die mechanischen Belastungen ausgesetzt sind. Schließlich verleihen SBR-Ummantelungen Labor- und Industrieschläuchen aus NR, NBR oder EPDM erhöhte Stabilität und Drucksicherheit. Derartige SBR-Doppelmantelschläuche werden bevorzugt zur Förderung technischer Medien, wie Flüssiggas, Schweißgase oder Prozesswässer eingesetzt.

 

Chemische Eigenschaften

Styrol-Butadien-Kautschuk ist ein Co-Polymersisat aus Styrol und 1,3-Butadien.
Styrol (chemisch: Phenylethen) ist ein bei +145 °C siedender aromatischer Kohlenwasserstoff, ein Benzolabkömmling mit ungesättigter Seitenkette:

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Styrol wird heute fast ausschließlich durch Hydrierung von Ethylbenzol hergestellt, das bei der Erdölverarbeitung in der sogenannten BTEX-Fraktion aus Benzol, Toluol, Ethylbenzol und den drei Xylol-Isomeren anfällt.
Die Co-Komponente für Styrol-Butadien-Kautschuk, das 1,3-Butadien (Vinylethylen), wird durch thermische Spaltung der langkettigen Kohlenwasserstoffe aus Erdöl oder Erdgas, meist durch Streamcracking bei +600 °C, gewonnen. Der aliphatische, ungesättigte Kohlenwasserstoff mit seinen konjugierten Doppelbindungen

chem-Formel-SBR4

zwischen den C-Atomen 1 und 2 sowie zwischen 3 und 4 ist bei Zimmertemperatur gasförmig und siedet bei - 4,5 °C.
Die Styrol-Butadien-Co-Polymersation erfolgt im Industrie-Maßstab in wässeriger Suspension unter Zuhilfenahme von anionischen Emulgatoren. Übliche Emulgatoren für sind Gemische von Alkaliseifen oder von Alkyl-Arylsufonaten. Als Reaktionsinitiatoren werden Peroxide eingesetzt.

chem-Formel-SBR5Zur Kennzeichnung von emulsionspolymerisiertem Styrol-Butadien-Kautschuk wird das Produktkürzel SBR durch Voranstellen des Buchstaben E zu E-SBR erweitert. In Lösung polymerisierter Styrol-Butadien-Kautschuk wird dem entsprechend als S-SBR gekennzeichnet. 

Das optimale Masseverhältnis von Styrol zu Butadien im Styrol-Butadien-Kautschuk (SBR) liegt bei etwa 1 zu 3, bei speziellen Polymerisaten wird ein Verhältnis von 2 zu 3 eingestellt. Höhere Styrolanteile führen zum Verlust der Elastizität des Synthesekautschuks. Er nimmt mit steigenden Styrolgehalt zunehmend die Eigenschaften von thermoplastischem Polystyrol an.
Je nach Reaktionstemperatur während der Polymerisation wird qualitativ zwischen Kaltkautschuk (cold rubber) und Warmkautschuk (hot rubber) unterschieden. Grundsätzlich weist sich Kaltkautschuk gegenüber Warmkautschuk durch geringere Verzweigungen in den Polymerketten aus, das dem Produkt eine höhere Elastizität verleiht. Die Hauptmenge an SBR wird durch Kaltpolymerisation bei +5 °C gewonnen. Das Rohprodukt erhält durch Vulkanisieren, d.h. Vernetzung, seine technischen Gebrauchseigenschaften.
Die Co-Polymerisation von Styrol und 1,3-Butadien mittels metallorganischer Katalysatoren in Lösung hat sich für die Massenproduktion in der Großchemie nicht durchgesetzt. Sie bleibt Spezialprodukten vorbehalten.
Die Stabilität von Styrol-Butadien-Kautschuk gegenüber Witterungseinflüssen ist besser, als die von Naturkautschuk, im Vergleich mit Chloropren-Kautschuk (CR) und Ethylen-Propylen-Dien-Kautschuk (EPDM) ist sie aber merklich geringer. Styrol-Butadien-Kautschuk ist thermisch beanspruchbar und gegenüber Säuren und Laugen weitgehend beständig, ebenso auch gegenüber aliphatischen Alkoholen und den darauf basierenden Bremsflüssigkeiten. Hingegen führen aromatische und vor allem halogenierte Kohlenwasserstoffe, aber auch Benzine, Mineralöle und Fette zur Quellung des Synthesekautschuks und mindern dadurch seine Festigkeit und Elastizität.

 

Technische Daten  

Wegen der unterschiedlichen Qualitäten von Styrol-Butadien-Kautschuk (SBR) können generelle technische Daten nicht angegeben werden. Den hier angegebenen Werten liegen Parameter für Produkte aus Styrol-Butadien Kautschuk von Reichelt Chemietechnik zugrunde. Sie stellen allerdings nur grobe Richtwerte zur Orientierung dar, die tatsächlichen Werte können eines konkreten Produkts können hiervon erheblich abweichen.

allgemeine Eigenschaften  
Dichte 1,3 bis 1,6 g / cm3
Farbe schwarz
   
thermische Eigenschaften  

thermische Belastbarkeit

 

dauerhaft

-30 bis +70 °C

kurzzeitig

-40 bis +120 °C

Sauerstoffindex (LOI)

21 %
   
elektrische Eigenschaften keine Angaben verfügbar
   
mechanische Eigenschaften  
Zugfestigkeit 6,5 N / mm2 bis 25 N / mm2

Reißfestigkeit

3,5 MPa

Reißdehnung

450 %

Shore-Härte A

40° bis 90°

Druckverformungsrest

21% bei +23 °C; 72 Std.
   

chemische Beständigkeit

 

Alkohole

beständig

Alkalilaugen

beständig

Bremsflüssigkeiten

beständig

Benzine

unbeständig

Kohlenwasserstoffe 
aliphatisch und aromatisch

unbeständig

halogenierte Lösungsmittel

unbeständig

organische Säuren

beständig

verdünnte Mineralsäuren 

beständig

 

Weiterführende Literatur 

1.) J.-P. Arlie, Synthetic Rubbers, Processes and Economic Data, Ēditions Technip, Paris [1992], ISBN 2-7108-0619-3

2.) O. Schwarz, F.W. Ebeling (Hrsg.), Kunststoffkunde, Vogel [2002], ISBN 3-8023-1893-5

3.) M. Krause, Untersuchung der Wechselwirkung von Polymer/Silica-Mischungen mit Festkörper-NMR, Dissertation Universität Freiburg, Fakultät für Chemie, Pharmazie und Geowissenschaften [2002]

4.) H. Domminhaus†, herausgegeben von P. P. Elsner, P. Eyrer, T. Hirth, Kunststoffe, Eigenschaften und Anwendung, 8. Aufl., Springer [2012], ISBN 978-3642-1672-8