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Glossar

PSU - Polysulfon

Polysulfon

andere Bezeichnungen: Poly(oxy-1,4-phenylensulfonyl-1,4-phenylenoxy- 1,4-phenylenisopropyliden-1,4-phenylen)

Kurzzeichen: PSU

CAS-Nr.: 25136-51-7

 

Wichtige Handelsnamen und Markeneigner

ENSIFONE® - Ensinger Inc.
GEBASON® - Geba-Kunststoff-Compounds
LASULF® - Lati Industria Termoplasti SpA
TECASON® - Ensinger Inc.
UDEL® - Solvay Speciality Polymers
ULTRASON® - BASF
VAMPSULF® - VampTech SpA

 

Geschichtliches

Polysulfon (PSU) ist eine Entwicklung des amerikanischen Chemie-Unternehmens Union Carbide & Carbon Corporation (UCC) und kam im Jahre 1965 auf den Markt. Es war der erste Kunststoff einer neuen Kunststoffkategorie, der Polyarylsulfone.

Die Ursprünge des heute weltweit operierenden UCC-Konzerns gehen auf den amerikanischen Chemiker und Erfinder John Mothley Morehead (1870-1965) zurück. Er gründete 1898 auf der Grundlage von Patenten, die er dem kanadischen Erfinder Thomas Leopold Wilson (1860-1915) abgekauft hatte, die Union Carbide, eine Produktionsstätte für Calciumcarbid (CaC2) zur Acetylengewinnung.

Acetylen, chemisch korrekt Ethin (HC ≡Ξ CH), wurde bereits 1836 von dem irischen Chemiker Edmund Davy (1785-1857) entdeckt und 1862 von dem deutschen Chemiker Friedrich Wöhler (1800-1882) erstmalig aus Calciumcarbid dargestellt. Acetylen war sehr bald danach nicht nur zum wichtigen Grundstoff für die chemische Industrie geworden, der es bis heute geblieben ist. Es hatte auch seine Bedeutung als Brenngas für Beleuchtungszwecke lange nicht verloren und als Schweißgas ist Acetylen nach wie vor unentbehrlich.

1917 vereinigte sich die Union Carbide mit dem 1913 gegründeten, ebenfalls auf die Herstellung von Calciumcarbid orientierten Konkurrenzunternehmen Prest-O-Life zur Union Carbide & Carbon Corporation (UCC). Diesem Firmenverbund schlossen sich in der Folgezeit die National Carbon Corporation, die 1899 als Unternehmen zur Herstellung von Zink-Kohle-Trockenbatterien gegründet worden war, und die 1907 gegründete Linde-Air-Products an. 1939 übernahm die Union Carbide & Carbon Corporation die von Leo Bakeland (1863-1944) gegründete General Bakelite Company, dem seinerzeit führenden Hersteller von Phenolplasten. Ab 1943 war die Union Carbide & Carbon Corporation im Oak Ridge National Laboratory führend an der Entwicklung der Uranhexafluorid-Gasdiffusion zur Uran-235-Anreicherung für die Kernwaffenproduktion und der weiteren amerikanischen Nuklearforschung beteiligt.

Durch die Umweltkatastrophe in der zentralindischen UCC-Produktionsanlage für Schädlingsbekämpfungsmittel in Bhopal im Dezember 1984, bei der aus durch undicht gewordenen Tanks bis zu 40 Tonnen giftiges Methylisocyanat innerhalb kurzer Zeit in die Luft verdampften, geriet das Unternehmen in existentielle Schwierigkeiten.

Seit 2001 ist die Union Carbide & Carbon Corporation (UCC) eine Tochter der Dow Chemical Company, die Ende 2015 ihre Fusion mit DuPont bekannt gab. Das neue Unternehmen firmiert unter dem Namen DowDuPont. Den bisher bekannt gewordenen Planungen zufolge will der Konzern nach Zusammenlegung aller gemeinsamer Aktivitäten die Kunststoffentwicklung und -produktion in einem selbständigen, börsennotierten Material-Science-Unternehmen später fortführen.

 

Allgemeine Beschreibung

Polysufon mit dem technischen Kürzel PSU und der chemisch korrekten Benennung Poly(oxy-1,4-phenylensulfonyl-1,4-phenylenoxy-1,4-phenylenisopropyliden-1,4-phenylen) ist ein amorpher, thermoplastischer Kunststoff. Er ist transparent und gehört zur Gruppe der Polyarylsulfone, zu denen auch Polyethersulfon (PES) und Polyphenylensulfon (PPSU) zählen.

PSU ist das polymere Kondensationsprodukt aus 4,4'-Dichlordiphenylsulfon und 4,4'-Isopropylidendiphenol. Letzteres ist auch Grundchemikalie für viele andere Polymere, wie Polyetherketone, Polycarbonate und Epoxidharze. Es ist aus Phenol und Aceton leicht zugänglich und hat die chemisch-technische Bezeichnung Bisphenol A. Dabei steht der Buchstabe A für Aceton. Für die industrielle Polysulfon-Synthese wird statt des “freien“ Diphenols das Di-Natriumsalz eingesetzt, das die Freisetzung von Chlorwasserstoff (HCl) unterbindet, wie nachstehendes Formelschema verdeutlicht:  

PSU_2

Die in inerten Lösungsmitteln gut steuerbare Kondensations-Reaktion läuft bei Temperaturen zwischen +130 °C bis +250 °C ab.

 

Verarbeitung

Polysulfon wird mittels der für Kunststoffe üblichen Verfahrensweisen, wie Extrudieren, Spritzgießen und Blasformen zu Halbzeugen und Formteilen verarbeitet. Der transparente thermoplastische, leicht ins Gelbliche tendierende Werkstoff kann sowohl spanabhebend bearbeitet, als auch mittels gängiger Warmformtechniken, wie Tiefziehen, bei Temperaturen um +270 °C geformt werden. Zu dem ist PSU schweißbar und kann mit üblichen Kunststoffklebern sicher verklebt werden.

 

Verwendung

Polysulfon ist ein mechanisch robuster und thermisch hochbelastbarer Werkstoff. Er wird überall dort vorteilhaft eingesetzt, wo dauerhafte Wärmebelastung bei gleichzeitiger mechanischer Beanspruchung gefordert sind. Hierzu gehören Bereiche des Maschinen- und Anlagenbaus, ebenso wie Bereiche des Fahrzeugbaus. Meist wird dafür glasfaserverstärktes PSU eingesetzt, dessen Elastizität gegenüber virginalem Material beträchtlich erhöht ist. Wegen seiner guten elektrischen Isoliereigenschaften und geringen Brandneigung ist PSU auch für den Elektrobau von Interesse. Aufgrund seiner Stabilität gegenüber Heißwasser und Wasserdampf ist PSU sterilisierbar. Der Kunststoff findet daher auch für medizintechnische Artikel Verwendung. Nicht zuletzt werden Laborkleinteile, wie Schnellverschluss-Schlauchkupplungen sowie Filterhalter und Rundfilter für die Fein- und Sterilfiltration aus Polysulfon gefertigt.

 

Chemische Eigenschaften

PSU ist, wie auch die anderen zur Gruppe der Polyarylsulfone gehörenden Kunststoffe, ein linear aufgebautes Kondensationspolymer. Polyarylsulfone sind durch die Diphenylsulfongruppe in der Kette charakteristisiert:

PSU_3

Die stark polare Diphenylsulfongruppe nimmt sowohl auf die chemischen wie auch auf die physikalisch-technischen Eigenschaften des Kunststoffs wesentlichen Einfluss. Hierzu zählen gute Beständigkeit gegenüber Säuren und Laugen, Hydrolysefestigkeit und hohe Beständigkeit gegenüber energiereicher Strahlung, aber auch thermische Formbeständigkeit sowie günstige mechanische Parameter, wie Zug- und Schlagfestigkeit.

 

Technische Daten  
Die nachstehenden Angaben sind lediglich als Richtwerte für virginales, nicht modifiziertes Polysulfon zu verstehen.
allgemeine Eigenschaften  
Farbe gelblich transparent
Brechungsindex 1,65
Dichte 1,18 bis 1,25 g / cm3
Wasseraufnahme  
+23 °C, 50 %. rel. Luftfeuchte 0,4 %
+23 °C, Sättigung 0,85 %
   
thermische Eigenschaften  
Einsatztemperaturbereich  
dauerhaft -100 °C bis +170 °C
kurzzeitig bis +200 °C
Sauerstoffindex (LOI) 32 %
Brandklasse UL 94 V1
   
mechanische Eigenschaften  
Zug-Elastizitätsmodul 2,5 x 10 bis 2,7 x 103 MPa
   
elektrische Eigenschaften  
Dielektrizitätskonstante (100 Hz) 3,3
Dielektrischer Verlustfaktor 8  x 10-4  bis 10-3
spezifischer Durchgangswiderstand > 1013 Ω x m
spez. Oberflächenwiderstand > 1015 
elektrische Durchschlagfestigkeit > 20 KV  / mm
   
chemische Beständigkeit  
Alkane beständig
Alkohole beständig
Aceton und andere Ketone unbeständig
Benzine bedingt beständig
Benzol unbeständig
Essigester unbeständig
Fette und Öle beständig
Methylenchlorid und andere halogenhaltige Lösungsmittel unbeständig
verdünnte Säuren beständig
verdünnte Laugen beständig
UV-Strahlung und Witterung beständig 

 

Weiterführende Literatur

(1) C. Maletzko, N. Herz, Polyrarylsulfone. In: Kunststoffe 10 [2011] , S. 90 ff, ISSN 0023-5563

(2) W. Hellrich, G. Harsch, E. Baur, Werkstoff-Führer Kunststoffe, 10. Aufl., Carl Hanser Verlag München [2010], ISBN 978-3-446-42436-4

(3) E. Baur, T. A. Osswald, N. Rudolph (Hrsg.), Saechtling Kunststoff-Taschenbuch, 31.
Ausg., Carl Hanser Verlag, München [2013], ISBN 978-3-446-43442-4

(4) n-tv.de/Wirtschaft, US-Chemiebranche erlebt Megafusion [11.12.2015]