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Glossar

PCTFE - Polychlortrifluorethylen

chem-Formel-PCTFE-1568e6fb6cc3f5Polychlortrifluorethylen

andere Bezeichnungen:  Poly(1-chlor-1,2,2-trifluor-ethylen), Poly(vinyl-trifluoro-chlorid), Poly(ethylen-trifluorid-chlorid)

Kurzzeichen:  PCTFE (auch PTCFE)

CAS-Nr.: 9002-83-9

 

Wichtige Handelsnamen und Markeneigner

ACLAR® - Honeywell International Inc.

ALCON® - Allied Signal / Honeywell International Inc.

FLUON® - ICI / Azko Nobel N.V.

HOSTAFLON® C2 - Höchst / Dyneon

KEL-F ® - MW Kellogg Ltd. / 3M Corp.

NEOFLON® - Daikin Industries, Ltd.

PLASCON® - Allied Signal

VOLTALEF® - Akrema A.G.

 

Geschichtliches

In den 1920er Jahren befassten sich die Farbwerke Höchst, vorm. Farbwerke Meister, Lucius & Co. und seit 1925 zur IG Farben AG gehörig, neben der Entwicklung und Produktion von Farbstoffen, Agrochemikalien und Arzneimitteln auch mit der seinerzeit aktuell gewordenen Fluorcarbonchemie. Diese Grundlagenforschungen, die unter der Leitung der beiden deutschen Chemiker Dr. Otto Scherer (1903-1978) und Dr. Franz Schloffer (1901-1987) standen, mündeten um 1930 in gezielte Entwicklungsarbeiten für fluorhaltige Polymerisationskunststoffe. Schon im Jahre 1934 konnten beide den weltweit ersten Polyfluorcarbon-Kunststoff PCTFE (Polychlorfluorethylen) vorstellen, der später unter dem Handelsnamen Hostaflon®PCTFE  bekannt wurde. Die verbreitete Anwendung des Kunststoffs mit seinen bis dahin unerreichten Materialeigenschaften stand zu jener Zeit jedoch noch nicht an.

 

Allgemeine Beschreibung

PCTFE ist ein teilkristalliner Thermoplast-Kunststoff. Er ist weichmacherfrei und weist unter allen Polyhalogenolefin-Kunststoffen die größte Härte auf. Dazu verfügt PCTFE über hohe Formbeständigkeit und Steifheit, ohne unter Druck dem Kaltfluss zu unterliegen.

 

Verarbeitung

PCTFE wird hauptsächlich durch Spritzguss, Extrusion und andere Pressverfahren zu Halbzeugen oder Serien-Fertigteilen verarbeitet, große Mengen des Kunststoffs werden außerdem zu Folien verarbeitet. PCTFE-Halbzeuge können durch spanabhebende Verfahren, wie Drehen, Fräsen und Hobeln, weiter bearbeitet werden. Klebetechniken bleiben wegen der aufwendigen und nicht ungefährlichen Oberflächenvorbereitung durch Primer, deren aufrauhende Wirkung auf der chemischen Reaktion des im Molekül gebundenen Fluors mit freiem Alkalimetall basieren, auf wenige spezielle Zwecke beschränkt.

 

Verwendung

PCTFE wird als Folienmaterial unterschiedlicher Stärken zunehmend für Sicht-Verpackungen technischer Artikel aller Art eingesetzt. Da der weichmacherfreie Kunstsoff als physiologisch unbedenklich gilt, wird er für ebensolche Verpackungen in der Lebensmittelindutrie und für Blisterverpackungen pharmazeutischer Produkte, z. B. für Tabletten, verwendet. Hierbei kommen die besonderen mechanischen Eigenschaften des Kunststoffs, insbesondere seine Steifheit und Formbeständigkeit innerhalb eines weiten Temperaturbereichs, voll zum Tragen.

Als chemikalien- und korrosionsfester Werkstoff, dessen Eigenschaften sich in einem weiten Temperaturbereich nicht verändern, hat PCTFE auch Eingang in den Chemieanlagen- und Apparatebau gefunden, als Dicht-, Absperr- und Isolationsmaterial und für Ventilsitze, Zahn- und Laufräder sowie Gleitelemente auch in thermisch-technischen Grenzbereichen. Als Schlauchmaterial ist PCTFE wegen seiner Steifheit hingegen kaum geeignet. Seiner guten elektrischen Isolationseigenschaften halber, die zu einem wesentlichen Teil auf die Hydrophobie des Kunststoffs zurückzuführen sind, ist PCTFE auch in Bereichen des Elektrobaus und der Leistungselektronik ein wichtiger Konstruktionswerkstoff. Da PCTFE zudem UV-stabil ist, kommt der Kunststoff auch für Außenkonstruktionen infrage.

 

Chemische Eigenschaften

Monomeres Ausgangsprodukt für die Herstellung von PCTFE ist 1-Chlor-1,2,2-trifluor-ethylen (CClF═CF2), das sich bei -28 °C verflüssigt. Es wird in wässeriger Suspension oder Emulsion radikalisch zu seinem Homopolymer polymerisiert. Je nach Polymersationsbedingungen werden unterschiedliche PCTFE-Qualitäten gewonnen.

PCTFE ist ein vollständig halogenierter, thermoplastischer und teilkristalliner Kunststoff. Er ist frei von Weichmachern, Stabilisatoren und anderen Zusatzstoffen.

Die Substitution eines Fluoratoms durch Chlor verändert die Eigenschaften des PCTFE gegenüber den perfluorierten PTFE deutlich, was auf den wesentlich größeren Atomradius von Chlor gegenüber Fluor zurückzuführen ist. Hierdurch wird die “ideale“ Packungsdichte, die für PTFE nahezu ideal erreicht wird, nicht mehr möglich. Dieses ist die Ursache für die Starrheit des Polymeren. Die dadurch ebenfalls bedingte Kompression des Schmelzpunktes macht den Kunststoff jedoch den üblichen Thermoplast-Verformungstechniken, wie Spritzgießen und Extrudieren, zugänglich, so dass er zur Herstellung von Massenartikeln bestens geeignet ist.

Aromatische Lösungsmittel, wie Benzol, Toluol und Xylol sowie halogenhaltige Lösungsmittel, wie Methylenchlorid, Trichlomethan und Tetrachlorkohlenstoff quellen den Kunststoff an. Gegenüber den meisten anderen Chemikalien, wie Säuren, Laugen, Oxidationsmitteln und auch Wasserdampf, ist PCTFE jedoch stabil.

PCTFE ist für alle üblichen Sterilisationsverfahren geeignet. Bei Temperaturen über +300 °C zersetzt es sich jedoch. Dabei werden gesundheitsschädliche, gas- und dampfförmige Pyrolyseprodukte frei, die die Lungengifte Phosgen (COCl2) und Fluorphosgen (COF2) sowie verschiedene Fluor-Chlor-Kohlenwasserstoffe und stark ätzend wirkende Halogencarbonsäuren enthalten.

Aufgrund seiner hohen chemischen Stabilität verrottet PCTFE nicht. Daher sind PCTFE-Rest- und Abfallstoffe auf Abfalldeponien zwar nicht unmittelbar problematisch, sie sollten aber nach Möglichkeit in Recyclings einbezogen werden, weil das Langzeitverhalten von PCTFE wie auch anderer fluorierter Kunststoffe unter den in Deponiekörpern herrschenden Bedingungen noch weitgehend unbekannt ist. Probleme bereitet jedoch die Aufbereitung von PCTFE-beschichteten Metallen. Wegen der beim Einschmelzen freiwerdenden gasförmigen Giftstoffe sind dafür speziell ausgerüstete Anlagen nötig. 

 

Handelsformen

PCTFE fällt als Granulat an. Es ist das Ausgangsmaterial für die Fabrikation von Halbzeugen und industriellen Massen- und Serienprodukten. Als Halbzeuge sind Folien, Platten, Vollstäbe und diverse Profile aus PCTFE verfügbar.

 

Technische Daten  
allgemeine Eigenschaften  
Dichte 2,10 - 2,16  g / cm3 
Farbe milchig-weiß
Wasseraufnahme +23 °C <0,01 %
LOI-Index 95 %
Brandklasse UL 94 V-0
   
thermische Eigenschaften  
Wärmeleitfähigkeit 0,2 W / m · K (DIN 52612)
spezifische Wärmekapazität 0,92 J / g · K
Schmelztemperatur +210 °C (ISO 11357-1/3)
linearer Wärmeausdehnungskoeffizient 3,9 · 10-5 / K
maximale Einsatztemperatur  
kurzzeitig +180 °C
dauerhaft +155 °C
minimale Einsatztemperatur -250 °C
   
elektrische Eigenschaften  
Dielektrizitätskonstante (100 Hz)  2,5 (IEC 60250)
Dielektrizitätskonstante (1 MHz)  2,4 (IEC 60250)
Durchschlagfestigkeit  40 kV / mm (IEC 60243-1)
spezifischer Durchgangswiderstand 1018 Ω / m(IEC 60093)
spezifischer Oberflächenwiderstand 1016 Ω / cm2 (IEC 60093)
   
mechanische Eigenschaften  
Shore-Härte D 90 (ISO 868)
Kugeldruckhärte 63 MPa (ISO 2029-1)
Reißfestigkeit  
bei +23 °C 36 N / mm2
bei +150 °C  1,5 N / mm2
Reißdehnung (+23 °C) 80 - 250 % (ISO 527)
IZOD-Kerbschlagzähigkeit 1,4 kJ / m2 (ISO 179/1eA)
Zugelastizitätsmodul  1,5 GPa (ISO 527-1/2)
Biegefestigkeit  55 N / mm2 (ASTM D790-59T)
Zugfestigkeit 35 MPa (ISO 527)
Druckfestigkeit (+25 °C) 10,5 MP
   
chemische Beständigkeit  
Schmierstoffe, Öle und Fette beständig
Benzin und andere aliphatische Kohlenwasserstoffe beständig
aromatische Kohlenwasserstoffe beständig
halogenierte Lösungsmittel unbeständig
Tetrahydrofuran unbeständig
Alkohole, Ester, Ketone beständig
Alkalilaugen, Ammoniak und Amine  beständig
organische Säuren und Mineralsäuren beständig
Formaldehyd (gasförmig und Lösung) beständig
Wasserstoffperoxid, Ozon und andere Oxidationsmittel  beständig
Ethylenoxid beständig
Heißwasser und Wasserdampf beständig
UV-und Röntgenstrahlung  beständig
freie Alkalimetalle  völlige Zersetzung/Dehalogenierung

 

Weiterführende Literatur

(1) J. A. Brydson, Plastics Materials, 7th Ed., Butterworth-Heinemann, Oxford [1999], ISBN 978-0-75064-132-6

(2) J. Drobny, Fluoroplastics, Rapra Review Report 184, Vol. 16, Nr. 4; Smithers Rapra Publishing  [2006],  ISBN 978-1-84735-007-7

(3) F. Cardarelli, Materials Handbook: A Concise Desktop Reference, Springer Verlag Berlin-Heidelberg [2008], ISBN 978-1-84628-668-1

(4) C. C. Ibeh, Thermoplastic Materials. Properties, Manufacturing, Methods and Applications; CRC Press, Boca Raton [2011], ISBN 978-1-42009-383-4