Die Auswahl eines Materials für Kunststoffschläuche und andere Bauteile mit dem erforderlichen Grad an chemischer Beständigkeit ist entscheidend, um die gewünschte Funktionalität und Haltbarkeit etwa in einer aggressiven Umgebung aufrechtzuerhalten. Umso wichtiger ist es zu wissen, was chemische Beständigkeit bedeutet, welche Faktoren sie beeinflussen und was bei der Auswahl des Materials zu berücksichtigen ist.
Was ist chemische Beständigkeit?
Auch wenn es verschiedenen chemischen Substanzen ausgesetzt wird, bleiben seine technischen Eigenschaften unverändert. Besonders in Branchen wie der verarbeitenden Industrie, dem Bauwesen, der Pharmazie, Chemietechnik und dem Gesundheitswesen ist diese Eigenschaft von großer Bedeutung. Sie ist vor allem dort relevant, wo Materialien oder Produkte aggressiven oder korrosiven Chemikalien wie etwa Säuren, Basen und Lösungsmitteln, aber auch Salzen, Ölen oder Strahlung ausgesetzt sind.
Der Grad der chemischen Beständigkeit: Was heißt „bedingt beständig“?
Die chemische Beständigkeit eines Materials kann nach dem Grad seiner Beständigkeit in verschiedene Stufen oder Kategorien eingeteilt werden. Ein Material wird als „chemisch beständig“ bezeichnet, wenn es bei langem Kontakt mit einer Chemikalie unversehrt bleibt, also alle seine physikalischen, chemischen und mechanischen Eigenschaften unverändert bleiben. „Chemisch unbeständig“ ist es, wenn es bei Kontakt mit einer Chemikalie in sehr kurzer Zeit seine typischen Eigenschaften verliert.
Hingegen ist ein Material „bedingt chemisch beständig“, wenn es seine Eigenschaften über einen bestimmten Zeitraum behält. Das kann auch bedeuten, dass die Beständigkeit für die Dauer und den Zweck des Einsatzes ausreicht. Es kommt also nicht umgehend zum Materialversagen, gleichzeitig ist jedoch keine dauerhafte chemische Beständigkeit gegeben.
Welche Faktoren beeinflussen die chemische Beständigkeit?
Die chemische Beständigkeit von Werkstoffen ist ein komplexes Thema, da verschiedene Faktoren berücksichtigt werden müssen. Dazu gehören:
- Die molekulare Struktur
- Die Kristallinität
- Das Molekulargewicht
- Die thermische Stabilität
- Die Umgebungs- und Verarbeitungsbedingungen
Wesentliche Kriterien sind jedoch die Bindungsart und das Vorhandensein funktioneller Gruppen.
Welche Bindungsarten gibt es?
Primärbindungen wirken zwischen den Atomen oder Ionen, Sekundärbindungen wirken im Allgemeinen zwischen den Molekülen und bauen damit einen Stoffverbund auf.
Primärbindungen
Primärbindungen sind die stärksten Bindungen. Sie entscheiden in erster Linie über die chemische Beständigkeit. Sie entstehen durch den direkten Austausch oder die gemeinsame Nutzung von Elektronen zwischen zwei Atomen. Zu dieser Bindungsart gehören die kovalente Bindung, die Ionenbindung und die Metallbindung.
Kovalente Bindungen
Bei der kovalenten Bindung – auch Atombindung genannt – teilen sich zwei Atome ein oder mehrere Außenelektronen. Die Bindung entsteht dabei durch die wechselseitige Anziehung zwischen den positiv geladenen Atomkernen und den negativ geladenen Elektronen. Kovalente Verbindungen sind stabil und beständig gegenüber vielen chemischen Einflüssen, aber nicht so mächtig wie Ionenbindungen. Wasser (H2O), Kohlenstoffdioxid (CO2) oder Ethanol (C2H5OH) sowie Polyethylen (PE) und Polystyrol (PS) sind Beispiele für diese Bindungsart.
Ionenbindungen
Im Gegensatz dazu überträgt bei der Ionenbindung ein Atom ein oder mehrere Elektronen auf ein anderes Atom. Das abgebende Atom wird dabei zum positiv geladenen Kation, das aufnehmende Atom zum negativ geladenen Anion. Die Bindung zwischen Kationen und Anionen wird durch elektrostatische Anziehungskräfte aufrechterhalten, weshalb ionische Verbindungen in der Regel sehr stabil sind. Sie können aber in wässrigen Umgebungen leicht dissoziieren. Die typischen Beispiele sind Salze wie Natriumchlorid (NaCl) oder Calciumcarbonat (CaCO3).
Metallbindungen
Die Metallbindung tritt zwischen Metallatomen auf. Sie entsteht im Wesentlichen aus der asymmetrischen elektrostatischen Anziehungskraft zwischen positiv geladenen Metallkationen und negativ geladenen Elektronen. Diese können sich frei über das Metallgitter bewegen und bilden dadurch ein sogenanntes „Elektronengas“. Daraus ergibt sich die hohe elektrische und thermische Leitfähigkeit von Metallen, da die freien Elektronen den Elektrizitäts- und Wärmetransport erleichtern. Metallverbindungen sind in der Regel weniger stabil als ionische oder kovalente Verbindungen. Beispiele dafür sind Kupfer (Cu) und Eisen (Fe).
Sekundärbindungen
Sekundärbindungen sind schwächer und entstehen durch die Kräfte zwischen positiv und negativ geladenen Teilchen oder durch sogenannte Dipole.
Dipol-Dipol-Wechselwirkung
Eine solche Dipol-Dipol-Wechselwirkung ist eine intermolekulare Kraft zwischen Molekülen mit einem Ungleichgewicht von Elektronenladungen, weshalb die Dipole entstehen. Diese Kräfte sind stärker als Van-der-Waals-Kräfte, aber schwächer als ionische oder kovalente Bindungen. Ein geeignetes Beispiel dafür ist das Wasser-Molekül (H₂O). Aufgrund der Elektronegativität des Sauerstoffs ist die Ladungsverteilung ungleichmäßig, wodurch ein dauerhafter Dipol entsteht.
Van-der-Waals-Kräfte
Van-der-Waals-Kräfte wirken zwischen den Molekülen und entstehen durch temporäre Ladungsungleichgewichte, die durch die Bewegung von Elektronen verursacht werden. Sie sind in vielen organischen Materialien die vorherrschenden Bindungskräfte. Die Stärke der Van-der-Waals-Kräfte hängt von der Größe, Form und Polarität der Moleküle ab. Sie sind relativ schwach und können durch äußere Einflüsse wie Wärme, Feuchtigkeit und Druck beeinflusst werden. Van-der-Waals-Kräfte liegen beispielsweise zwischen den Molekülketten vieler Polymere vor, etwa bei Polypropylen (PP), welches zu Schläuchen, Schlauchverbindern, Behältern und anderen Kunststoff-Bauteilen verarbeitet wird.
Wasserstoffbrückenbindungen
Die stärksten Sekundärbindungen sind die Wasserstoffbrückenbindungen. Sie entstehen durch die Anziehungskraft zwischen einem positiv geladenen Wasserstoffatom und einem stark elektronegativen Atom, wie Fluor, Sauerstoff oder Stickstoff.
Funktionelle Gruppen
Darüber hinaus wirkt sich auch das Vorhandensein funktioneller Gruppen auf die chemische Beständigkeit aus. Funktionelle Gruppen sind spezifische Atome oder Atomgruppen, die Teil eines Moleküls sind und ihm bestimmte chemische Eigenschaften oder Reaktivitäten verleihen. Sie bestimmen nicht nur die Art der chemischen Bindungen, sondern auch die Art der chemischen Reaktionen, an denen das Molekül teilnehmen kann.
Ein Molekül kann mehrere funktionelle Gruppen enthalten und jede Gruppe kann eine bestimmte Funktion haben. Beispielsweise können funktionelle Gruppen in organischen Verbindungen wie Alkohole, Aldehyde, Ketone, Carbonsäuren, Amine und Ester existieren. Jede dieser funktionellen Gruppen hat charakteristische Eigenschaften und Reaktivitäten, die das Verhalten des Moleküls in chemischen Reaktionen bestimmen.
Alkylgruppen, die aus Kohlenwasserstoffketten bestehen und Elektronendichte in das Molekül einbringen, oder hydrophobe Gruppen wie Fluor oder Methylgruppen, können die chemische Beständigkeit von Kunststoffen erhöhen. Andererseits können funktionelle Gruppen wie Hydroxylgruppen oder Carbonylgruppen die Reaktivität erhöhen und die chemische Beständigkeit verringern.
Kunststoffe mit polaren funktionellen Gruppen, die also ein permanentes elektrisches Dipolmoment aufweisen, wie Polyamid oder Polyester, sind in der Regel weniger beständig gegen nichtpolare Chemikalien als Kunststoffe mit unpolaren funktionellen Gruppen wie Polyethylen PE oder Polypropylen PP. Häufig werden Polyolefine wie PE und PP deshalb für Laborgeräte und –zubehör verwendet, die hohen Temperaturen oder Chemikalien ausgesetzt sind. Die Palette reicht von Hähnen und Ventilen, Analyseflaschen und Flaschen & Kanistern bis hin zu Schlauchverbindern sowie Gewindeadaptern.
Welche Arten von Kunststoffen gibt es?
Kunststoffe sind hochmolekulare organische Verbindungen, die aus Polymeren hergestellt werden. Sie werden als Ausgangsmaterial für Verpackungen, Automobilverkleidungen, elektronische Geräte, Medizinprodukte, Schläuche und andere Bauteile der Fluidtechnik eingesetzt. Auch in Forschung, Entwicklung und im Haushalt finden sie Anwendung. Dabei werden sie oftmals dem Kontakt verschiedener Medien wie Säuren, Laugen und andere chemischen Verbindungen ausgesetzt, aber auch Wärme, Strahlung und mechanischen Belastungen.
Je nach ihrem mechanisch-thermischen Verhalten und molekularem Aufbau werden Kunststoffe in Duroplaste, Elastomere und Thermoplaste eingeteilt. Manche Kunststoffe lassen sich je nach spezifischer Verarbeitung und Modifikation sowohl als Elastomere als auch als Thermoplaste verwenden.
Duroplaste
Duroplaste haben eine amorphe Struktur und bestehen aus engmaschigen, dreidimensional verknüpften, ungeordneten Netzen aus Makromolekülen. Das verleiht ihnen Härte, Sprödigkeit und Widerstandsfähigkeit gegenüber hohen Temperaturen. Sie sind in Lösungsmitteln nicht löslich und quellen nur schwach auf. Duroplaste wie Phenol-Formaldehyd-Harze kommen als Werkstoffe für harte Kunststoffbauteile zum Einsatz, etwa Karosserieteile oder Gehäuse von Haushaltsgeräten.
Elastomere
Elastomere sind ebenfalls amorph, bestehen aber aus weitmaschig vernetzten Makromolekülen. Sie sind formfest, verformen sich aber elastisch unter mechanischer Belastung und kehren nach Ablassen der äußeren Kraft wieder in die ursprüngliche Form zurück.
Sie sind im Allgemeinen gut beständig gegenüber milden Säuren und Basen. Wenn sie jedoch starken Säuren oder Basen ausgesetzt sind, können sie sich zersetzen oder aufquellen. Elastomere wie Fluorkautschuk oder Naturkautschuk werden zur Herstellung von Dichtungen, Gummischläuchen und anderen weichen Formteilen verwendet.
Thermoplaste
Thermoplaste bestehen aus nicht oder nur wenig untereinander vernetzten Polymerketten, die linear angeordnet und weitgehend unverzweigt sind. Sie verformen sich bei Zufuhr von Wärme und behalten ihre Form nach der Abkühlung bei. Bei erneuter Wärmezufuhr kann der Werkstoff wieder verformt werden, der Vorgang ist also reversibel.
Die chemische Beständigkeit verschiedener Kunststoffe
Lineare Polymere weisen häufig eine bessere chemische Beständigkeit auf als verzweigte oder vernetzte Polymere, weil lineare Ketten weniger Angriffspunkte für Chemikalien bieten. Polyethylen hoher Dichte (HDPE) beispielsweise hat aufgrund seiner linearen Struktur eine ausgezeichnete chemische Beständigkeit gegenüber einer Vielzahl von Lösungsmitteln, Säuren und Laugen. Dagegen ist Polyethylen niedriger Dichte (LDPE) aufgrund seiner stärker verzweigten Struktur anfälliger.
Der Grad der Kristallinität eines Polymers wirkt sich ebenfalls auf die chemische Resistenz aus. Kristalline Bereiche in einem Polymer bieten aufgrund ihrer dicht gepackten, geordneten Struktur eine bessere Beständigkeit. Diese Bereiche bilden eine Barriere, die das Eindringen angreifender Moleküle einschränkt.
Polyethylenterephthalat (PET) ist ein Beispiel dafür. Aufgrund seiner kristallinen Bereiche weist es eine gute chemische Beständigkeit auf, insbesondere gegenüber Säuren und Lösungsmitteln. Deshalb wird PET oft auch als Trägermaterial für Folien, Klebebänder und Filtertücher sowie in Form funktionaler Komponenten wie Zahnräder oder Pumpenteilen verwendet.
Das Vorhandensein bestimmter funktioneller Gruppen in einer Polymerkette kann sich erheblich auf die chemische Beständigkeit auswirken. Ein Polymer mit einer hohen Konzentration polarer funktioneller Gruppen, wie Hydroxyl- (-OH) oder Carbonylgruppen (-C=O), reagiert beispielsweise eher mit polaren Lösungsmitteln oder Chemikalien.
Ein hinsichtlich der chemischen Beständigkeit besonderer Kunststoff ist PTFE (Polytetrafluorethylen). Er besteht aus besonders starken kovalenten Kohlenstoff-Fluor-Bindungen. Es sind keine funktionellen Gruppen vorhanden, weshalb keine Ansatzpunkte für potenzielle chemische Reaktionen zur Verfügung stehen. Aufgrund dieser einzigartigen molekularen Struktur bietet PTFE eine hervorragende Beständigkeit gegenüber einer Vielzahl von Chemikalien, einschließlich Säuren, Laugen, Lösungsmitteln und sogar stark oxidierenden Substanzen. Je nach mechanischer und chemischer Beanspruchung ist das Fluoroplast thermisch bis +260 °C beständig.
Aufgrund seiner Eigenschaften und der nahezu unbegrenzten chemischen Beständigkeit ist PTFE das Mittel der Wahl für viele High-Tech-Anwendungen. Aus dem Thermoplast werden PTFE-Schläuche, Dichtungen, O-Ringe, Halbzeuge wie Folien und Kunststoffplatten, Kugelhähne und andere Formteile gefertigt. Aber auch als Antihaftbeschichtung, elektrischer Isolator und Schmierstoff kommt das Allroundtalent zum Einsatz.
Chemische Beständigkeit: Maßstab für die Wahl des richtigen Werkstoffes
Wird ein Material einer aggressiven Umgebung ausgesetzt, kann es je nach Art des Materials und der beteiligten Chemikalien verschiedene chemische Veränderungen erfahren. Zersetzung, Korrosion, Aufquellen, Schrumpfen oder Verfärbung sind nur einige Beispiele für die chemischen Veränderungen, die Materialien erfahren können.
Die spezifischen Veränderungen hängen von der chemischen Beständigkeit des Materials und der Art der Chemikalien ab, denen es ausgesetzt ist. Daher ist die Auswahl eines geeigneten Materials mit dem erforderlichen Grad an chemischer Beständigkeit entscheidend, um die gewünschte Funktionalität und Haltbarkeit in solchen Umgebungen aufrechtzuerhalten.
Die chemische Beständigkeit ist das Ergebnis einer Kombination von Faktoren, darunter Molekül- und Bindungsstruktur, funktionelle Gruppen, Kettenanordnung und Kristallinität. Im Kunststoffbereich zeichnet sich PTFE durch seine einzigartige Molekularstruktur und starke Kohlenstoff-Fluor-Bindungen aus und bietet im Vergleich zu anderen Kunststoffen eine außergewöhnliche chemische Beständigkeit.
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