Einige physikalische Effekte beeinflussen den Alltag, ohne dass es einem bewusst ist. Dabei ist ihr Nutzen auf Industrie und Technik immens – wie beim Venturi-Effekt, mit dem viele Saugpumpen und pneumatische Zerstäuber funktionieren. Doch was steckt hinter diesem Strömungsphänomen? Welche technischen Anwendungen gibt es, wie bereichert es den Alltag und welche innovativen Einsatzmöglichkeiten sind vorhanden? Mehr dazu in diesem Artikel.
Venturi-Effekt einfach erklärt
Der Venturi-Effekt ist nach dem italienischen Physiker Giovanni Battista Venturi (1746 – 1822) benannt, der dieses Phänomen im 18. Jahrhundert erforschte.
Der Venturi-Effekt ist ein Spezialfall der Strömung in einem verengten Rohr. Doch den allgemeinen Zusammenhang zwischen Druck, Strömungsgeschwindigkeit und Höhe beschreibt die Bernoulli-Gleichung, die ebenfalls im 18. Jahrhundert von den Schweizer Mathematikern Daniel Bernoulli (1700 – 1782) und Johann Bernoulli (1667 – 1748) aufgestellt wurde. Die Bernoulli-Gleichung stellt eine Grundbeziehung zwischen unterschiedlichen Geschwindigkeits- und Druckbereichen im eindimensionalen System wie einem Rohr dar.
Die Gleichung beschreibt scheinbar widersprüchliche Strömungsphänomene. Beispielsweise lässt sich der Bernoulli-Effekt mit zwei Papierblättern veranschaulichen, die parallel zueinander hängen. Bläst ein Luftstrom zwischen die Blätter (siehe Abbildung 1), dann nimmt die Geschwindigkeit zwischen den Papierblättern zu und der abnehmende Druck drückt sie zusammen.

Technische Anwendungen von Bernoulli-Gleichung und Venturi-Effekt
Tatsächlich begegnen einem die Bernoulli-Gleichung und der Venturi-Effekt[1] sehr häufig sowohl im Alltag als auch in vielen technischen Anwendungen. Zum Beispiel wird das Venturi-Rohr unter anderem zur präzisen Durchflussmessung von Fluiden (Flüssigkeiten oder Gasen) verwendet. An der engsten Stelle des Rohres steigt die Strömungsgeschwindigkeit des Fluides, während der statische Druck abnimmt. Ein Druckmesser misst die Druckdifferenz im normalen und verengten Bereich. In Kombination mit der bekannten Dichte des Mediums und den Querschnittsflächen der Rohrabschnitte lässt sich die Strömungsgeschwindigkeit berechnen. Das Prinzip der Venturi-Durchflussmessung und ein Beispiel für solche Durchflussmesssysteme zeigt Abbildung 2.[2] Der Anschluss dieser Geräte erfolgt über Schlauchleitungen oder Rohrsysteme, an die sich entsprechende Schlauchverbinder und Rohrverbinder adaptieren lassen.

Eine weitere technische Anwendung ist die Venturi-Düse. Im Unterschied zum Venturi-Rohr ist die Querschnittsverengung deutlich ausgeprägter, was zu einem stärkeren Druckabfall und sehr hoher Strömungsgeschwindigkeit führt. Auch hier lässt sich die Wirkungsweise der Venturi-Düse einfach mit der Bernoulli-Gleichung erklären und den Venturi-Effekt klar veranschaulichen: Der Luftstrom an einer konischen Engstelle erhöht die Geschwindigkeit, wodurch ein Unterdruck entsteht. Dieser kann genutzt werden, um weitere Medien, wie etwa Chemikalien und Wasser, mit dem Luftstrom zu vermischen und beispielsweise zu versprühen.[2]
Ein Beispiel dafür sind Luftstromverstärker, die aus einer geringen Druckluftmenge einen Hochgeschwindigkeitsluftstrom erzeugen, der zum Reinigen oder Trocknen von Oberflächen wie etwa von Platten, Folien und weiteren Halbzeugen eingesetzt wird.[3]
Auch das Venturi-Ventil basiert auf der grundlegenden Bernoulli-Gleichung. Dieses Ventil kommt ohne bewegliche Teile aus und ist dadurch kostengünstig und wartungsarm, dennoch lässt sich damit der Durchfluss präzise steuern. Nicht zuletzt wird der Venturi-Effekt bei der Venturi-Pumpe angewandt. Die einfachste Ausführung ist die Wasserstrahlpumpe, die häufig im Labor verwendet wird. Hierbei wird ein starker Wasserstrom durch die auf einen Wasserhahn geschraubte Wasserstrahlpumpe geleitet. Eine seitliche Öffnung wird dann mit einer Saugflasche verbunden. Der Wasserstrom an der Verengung erzeugt einen Unterdruck an der Seitenöffnung und damit einen Saugeffekt. Damit lassen sich beispielsweise Filter samt Filterkuchen entwässern, was eine typische Laboraufgabe darstellt.[4]
Eine komplexere Anwendung ist die Venturi-Vakuumpumpe. Hier wird der Luftstrom durch eine stark verengte Düse geführt, die beim Austritt die Umgebungsluft ansaugt und weiter in die Mischkammer befördert. Die ständige Ansaugung der umgebenden Luft in der Pumpe führt zur Vakuumerzeugung. Solche Systeme eignen sich ideal für vielfältige Vakuumgreifanwendungen – etwa mit Saugnäpfen.[5]
Bernoulli-Gleichung und Innovation
Dieser Artikel zeigt die vielfältigen Anwendungen der Bernoulli-Gleichung und des Venturi-Effekts im privaten wie im industriellen Alltag.
Hier weisen Fassaden Öffnungen auf, die eine optimale Luftzirkulation ermöglichen. Die durchströmende Luft wird beschleunigt, wodurch ein Sog entsteht und damit ein kühlender Effekt an der Fassadenhülle.[6]
Eine weitere innovative Idee stammt aus Südkorea, das größtenteils aus Bergland besteht. Viele Tunnelsysteme durchziehen die Gebirgslandschaft – leider auch verbunden mit Unfällen, die im Tunnel zu Feuer führen mit starker Rauchentwicklung. Gängige Tunnelentlüftungssysteme mit Rauchgasventilatoren sind oft nicht effizient genug. Hier kommt der Venturi-Effekt ins Spiel: Spezielle Düseneinlässe verstärken den Luftstrom erheblich, was zu einer deutlich schnelleren Entlüftung der Tunnel führt und damit auch Menschenleben retten kann.[7]
Die jüngste kreative Anwendung des Strömungsphänomens stammt aus der Windtechnik. Hier wurden in letzten Jahren triboelektrische Nanogeneratoren entwickelt. Triboelektrisch bedeutet, dass sich Materialien etwa durch Windreibung elektrisch aufladen. Windenergie kann also in elektrische Energie umgewandelt werden. Die Effizienz solcher Generatoren basiert auf der Bernoulli-Gleichung: Die durch den Venturi-Effekt deutlich erhöhte Geschwindigkeit der Windströmung in einem solchen System erhöht die Reibung und führt damit zu einer effizienten Energieumwandlung.[8]
Damit leisten der Venturi-Effekt und das zugrunde liegende Bernoulli-Prinzip selbst 200 Jahre nach ihrer Entdeckung einen relevanten Beitrag zu Nachhaltigkeit, Innovation und gesellschaftlichem Fortschritt. Dabei ist dieses Strömungsphänomen derart vielseitig, dass sicherlich weitere Innovationen in den nächsten Jahren für die Industrie wie auch das private Umfeld entstehen werden.
Quellen: [1] https://de.wikipedia.org/wiki/Bernoulli-Gleichung, Aufruf: 16.04.25. [2] https://de.wikipedia.org/wiki/Venturi-D%C3%BCse, Aufruf: 16.04.25. [3] https://www.primairo.de/luftduesen/luftstromverstaerker/?gad_source=1&gclid=EAIaIQobChMIxo67hufbjAMVP5iDBx1PxSNuEAAYASAAEgIqq_D_BwE, Aufruf: 16.04.25. [4] https://de.wikipedia.org/wiki/Wasserstrahlpumpe, Aufruf: 16.04.25. [5] https://www.coval-germany.com/Vakuumtechnik/Leitfaden-f%C3%BCr-das-Greifen-mit-Vakuum/Verfahren-zur-Vakuumerzeugung/, Aufruf: 16.04.25. [6] https://www.baunetzwissen.de/nachhaltig-bauen/fachwissen/gebaeudetechnik/natuerliche-kuehlung-von-gebaeuden-9653573, Aufruf: 16.04.25. [7] S. B. Hong, H. S. Yun and M. K. Cho, "Application of the Bernoulli Effect for Improving Smoke Exhaust Efficiency in Tunnel Fires," in IEEE Access, vol. 11, pp. 107685-107702, 2023, doi: 10.1109/ACCESS.2023.3318864 [8] Chen, Xin et al. Cell Reports Physical Science, Volume 1, Issue 9, 100207
Bildquellen:
Beitragsbild | © Andrea Danti – stock.adobe.com
Abbildung 1: Versuchsmodell zur Bernoulli-Gleichung | © Pedalito, CC0, via Wikimedia Commons
Abbildung 2: Anwendung des Venturi-Effekts zur Durchflussmessung (Abbildung links) | © Geof 17:05, 17. Sep 2004 (CEST), CC BY-SA 3.0 <http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/>, via Wikimedia Commons
Abbildung 2: Beispielsystem für die Messung des Gasdurchflusses (Abbildung rechts) | © RCT Reichelt Chemietechnik