Schäume sind in vielen Bereichen des täglichen Lebens präsent. Sei es ein entspannendes Bad, die Krone auf einem frisch gezapften Bier oder der Montageschaum auf Baustellen – Schaum ist allgegenwärtig und kann verschiedene Funktionen haben. Nicht selten kann Schaumbildung auch gänzlich unerwünscht sein. Was verbirgt sich also hinter diesem luftigen Material? Woraus besteht Schaum und was gibt es für Beispiele für Schäume in Chemie und Technik? Ein Blick auf Zusammensetzung, Eigenschaften und Anwendungsbereiche soll einige Fragen rund um diese vielseitigen Stoffe beantworten.
Schaum in der Chemie – Definition
Meistens enthalten die Blasen Luft, können aber auch je nach Anwendung mit Gasen wie Stickstoff oder Kohlenstoffdioxid gefüllt sein.
Die Stabilität von Schaumwänden lässt sich verstehen, indem man die molekulare Ebene der Schäume betrachtet. Entscheidend ist dabei die Grenzfläche, an der die Blasen mit den jeweiligen festen oder flüssigen Schaumwänden in Kontakt sind. Aufgrund der hohen Oberflächenspannung ist diese Grenzfläche energetisch sehr ungünstig, weshalb reine Flüssigkeiten wie Wasser grundsätzlich nicht schäumen. Werden entsprechend stabile Schaumwände benötigt, lässt sich die Grenzfläche durch Zugabe von Tensiden oder anderen grenzflächenaktiven Substanzen stabilisieren.
Schaumstabilisatoren
Tenside sind Moleküle, die hydrophile (wasserliebende) und hydrophobe (wassermeidende) Enden haben. Sie richten sich an der Grenzfläche so aus, dass sich der hydrophile Teil in der flüssigen Phase löst, während der hydrophobe Teil in die disperse Phase hineinragt. Dadurch wird die hohe Oberflächenspannung herabgesetzt und eine stabile Schaumwand gebildet.
Werden die Schaumwände nicht stabilisiert, kommt es zu einer Phasentrennung. Das bedeutet, dass die Gasbläschen nach oben entweichen und sich die kontinuierliche Phase unten ansammelt – die Schaumwände fallen zusammen. Während feste Schäume eine relativ lange Lebensdauer haben können, brechen flüssige Schäume wie Seifenblasen relativ schnell zusammen.
Schaumstrukturen
Die Struktur von Schäumen wird durch die Anordnung und Größe der Blasen bestimmt. Grundsätzlich gibt es zwei Schaumstrukturen, die innerhalb einer Schaumschicht kontinuierlich ineinander übergehen können.
Der Kugelschaum tritt immer bei Schäumen mit einem hohen Flüssigkeitsanteil auf und hat runde Blasen. Beim Polyederschaum hingegen liegen polyedrische Blasen vor, weshalb er in der Regel eine dreidimensionale Form annimmt.
Es gibt aber auch zweidimensionalen Schaum, bei dem die Blasen ausschließlich nebeneinander angeordnet sind. Sobald Polyederschaum zwischen zwei Platten in kleinem Abstand zusammengedrückt wird, kann solch zweidimensionaler Schaum beobachtet werden. Dieser baut sich bei einigen industriellen Prozessen sehr schnell auf.
Beispiele für Schaum in Chemie und Industrie
Schäume werden in zahlreichen Anwendungen und Industriezweigen eingesetzt. Manchmal erfüllen sie einen rein optischen Zweck, meistens haben sie aber entscheidende Funktionen und tragen zur Leistung der Produkte bei. In bestimmten Situationen kann es auch Nachteile haben, wenn Schaum entsteht. Dementsprechend muss durch geeignete Wahl von Verfahren, Tensiden oder anderen Zusatzstoffen die Schaumbildung für den jeweiligen Anwendungszweck angepasst werden.
Flüssige Schäume
Im Bereich der Lebensmittel sind Milch- und Bierschaum wohl die bekanntesten Beispiele für flüssigen Schaum. Dabei fungieren Inhaltsstoffe wie Proteine als natürliche Schaumstabilisatoren. Hier zeigt sich auch die Bedeutung des Gases, das sich innerhalb der Schaumwände befindet.
Eine wichtige Funktion nimmt flüssiger Schaum beim Brandschutz in Form von Löschschaum ein, der sich in vielen Feuerlöschern befindet. Er hilft dabei, die Umgebung vom Brennstoff abzutrennen und dadurch den Brand zu ersticken. Außerdem entsteht beim Zerfall des Löschschaumes Wasser, was ebenfalls zur Löschwirkung beiträgt.
In der Kosmetik sind flüssige Schäume teilweise bereits Bestandteil der Produkte, oft bildet sich der Schaum aber erst bei der Anwendung. Beispiele dafür sind Seifen, Shampoos, Rasierschäume und Gesichtsreiniger. Neben der Reinigungs- und Pflegewirkung der Inhaltsstoffe verleiht der Schaum den Produkten eine angenehme Textur oder erleichtert die Anwendung.
Feste Schäume – Schaumstoffe
Neben Schäumen mit flüssigen Schaumwänden sind feste Schäume ebenso vielseitig und in zahlreichen Industriezweigen etabliert. Schaumstoffe sind so beliebte Materialien, weil sie klassische Eigenschaften von Polymeren mit denen von zellartigen Systemen wie Naturschwamm verbinden. Dementsprechend zeichnen sie sich durch geringes Gewicht, hohe Verformbarkeit sowie sehr guter Dämmung von Wärme und Schall aus.
Sie sind meist widerstandsfähig gegenüber mechanischer Belastung und können zum Teil auch sehr gut Flüssigkeiten speichern. Nicht zuletzt lassen sich durch aufgeschäumten Kunststoff Material und Energie einsparen. Geschäumte Kunststoffe werden beispielsweise zu Isolierschläuchen, Dämmmatten, Moosgummiplatten und Dichtungen verarbeitet.
Geschäumte Kunststoffe
Zu einem der relevantesten Kunststoffe im Bereich der Schaumstoffe zählt Polyurethan. Verarbeiten lässt sich PU bzw. PUR sowohl zu Weichschaum, etwa als Moosgummiprodukte, als auch zu Hartschaum. Grundsätzlich sind geschäumte Kunststoffe in Form von Platten, Profilen, Rundschnüren und Klebebändern sowie Bändern bis hin zu speziell gefertigten Formteilen für den Fahrzeugbau unverzichtbare Werk- und Hilfsstoffe. Oft verwendet die Baubranche PUR-Schaum zum Dämmen und Abdichten. Außerdem ist er in Polstermöbeln, Matratzen und Verpackungen weit verbreitet.
Von großer Bedeutung sind auch Schaumstoffe aus Polyvinylchlorid (PVC). Platten aus PVC-Hartschaum sind in der Werbebranche sehr beliebt, wo sie zum Beispiel als Werbetafeln und an Displays eingesetzt werden. Durch die gut bedruckbare und beständige Oberfläche ist PVC-Hartschaum auch im Modellbau beliebt.
Auch poröse Kunststoffe werden durch Aufschäumen nach Zugabe von physikalischen Treibmitteln gewonnen. Sie sind heute bei vielen modernen Anwendungen der Filtration in der Labor- und Prozesstechnik unersetzlich. Sinterplatten, Sinterfilter und Sinterstäbe aus porösen Kunststoffen zeichnen sich durch geringes Eigengewicht sowie gute Formbarkeit aus. Zudem sind die Filterelemente bruch- und reißfest und gegenüber vielen Chemikalien beständig.
Vulkangesteine
Der Bimsstein ist ein weiteres Material, das aufgrund seiner porenhaltigen Struktur zu den festen Schäumen zählt. Das Vulkangestein wird unterschiedlich verwendet, unter anderem zur Dämmung, als Schleifmittel oder bei der Körperpflege.
Aerogele und Metallschäume
Ebenfalls interessante Werkstoffe aus dem Bereich der festen Schäume sind Aerogele. Diese hochporösen Festkörper bestehen fast vollständig aus Luft. Sie werden hauptsächlich aus Silicatgelen hergestellt. Ausgangsmaterialien können aber auch Kunststoffe und Metalloxide sein.
Durch ihre geringe Dichte werden Aerogele vor allem in der Wärmedämmung eingesetzt. Als einer der effektivsten Dämmstoffe der Welt können sie auch für Spezialanwendungen wie Raumanzüge genutzt werden. Allerdings ist die Herstellung von Aerogelen ein komplexer Prozess und deshalb relativ aufwendig und teuer.
Auch Metallschäume bieten handfeste Vorteile. Vor allem Aluminiumschäume haben zu hochwertigen Anwendungen geführt. Als Crash-Bauelemente nehmen sie Aufprallenergien besonders gut auf. Geradezu prädestiniert sind Aluschäume auch im Maschinenbau, der schnell bewegte Baugruppen fertigt, die leicht sein müssen und dynamisch beansprucht werden.
Schäume im Alltag
Für gewöhnlich nicht mit dem Begriff Schaum in Verbindung gebracht werden Lebensmittel wie Brot, Käse oder Eiscreme. Aufgrund der mit Luft gefüllten Zellen oder Blasen hat man es ebenfalls mit festen, in diesem Fall essbaren Schäumen zu tun.
Technische Kenngrößen von Schaumstoffen
Um einen Schaumstoff neben der Art des verwendeten Kunststoffs zu beschreiben, eignet sich die Stauchhärte. Sie definiert, wie sehr sich der Stoff bei Krafteinwirkung verformt und gibt somit seine Festigkeit an.
Eine weitere wichtige Kenngröße ist das Raumgewicht, das abhängig von der Menge an verarbeitetem Kunststoff ist und als Qualitätsmerkmal gilt. Folglich haben Schaumstoffe mit höherem Raumgewicht oft eine längere Lebensdauer.
Beispiele für offenporige Schaumstoffe sind Polyester- oder PU-Schaumstoffe. Hingegen haben Materialien wie Zell- und Moosgummi oder PE-Schaumstoffe geschlossene Zellen und können dementsprechend kaum absorbieren. Bei Integralschaumstoffen liegt ein Kern mit offenen Zellen vor, der außen eine geschlossene Haut hat.
Schaum erzeugen in der Chemie
Wie entsteht Schaum chemisch gesehen? Beim chemischen Aufschäumen wird der Kunststoff in der Regel mit einem Treibmittel versetzt, das bei erhöhter Temperatur ein Gas freisetzt und die Schmelze aufschäumt.
Etwas anders funktioniert die Schaumherstellung beim Bau- oder Montageschaum, wo der Kunststoff erst unmittelbar am Ort seiner Verwendung hergestellt wird. Hier reagieren die Ausgangsstoffe Polyol und Isocyanat miteinander zu Polyurethan, der in Anwesenheit von Wasser zu PU-Schaumstoff aufschäumt. Im Gegensatz dazu wird beim physikalischen Aufschäumen das Gas direkt in die Kunststoffschmelze eingebracht, um Gasbläschen und damit den Schaum zu erzeugen.
Bekämpfung von Schaum – Entschäumer und Schaumverhüter
Es gibt auch Prozesse, bei denen übermäßige Schaumbildung unerwünscht ist und sogar zum Problem werden kann. Die Papierherstellung, Abwasseraufbereitung und Lebensmittelproduktion sind Beispiele, bei denen aktiv gegen den Schaum angekämpft werden muss. Hier werden je nach Einsatzzweck sogenannte Entschäumer oder Schaumverhüter eingesetzt. Diese Moleküle bilden einen geschlossenen Film an der Grenzfläche zwischen Flüssigkeit und Luft, was die flüssigen Schaumwände zerstört oder ihre Bildung verhindert. Während die Wirkungsweisen von Entschäumern und Schaumverhütern meist ähnlich sind, verwendet speziell die Lebensmittelbranche den Begriff Schaumverhüter.
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