Bei Neopren® denkt man zuerst an Surf- oder Taucheranzüge. Der Begriff ist jedoch der Handelsname für einen synthetischen Chloropren-Kautschuk, der von DuPont hergestellt wird. Die Abkürzung für Chloropren-Kautschuk lautet CR, abgeleitet von der englischen Bezeichnung „chloroprene rubber“. Neben Chloropren-Kautschuk gehören Styrol-Butadien-Kautschuk (SBR), Polybutadien-Kautschuk (BR), Nitril-Kautschuk (NBR), Ethylen-Propylen-Dien-Kautschuk (EPDM), Silikon-Kautschuk (VMQ) und Fluor-Kautschuk (FPM/FKM) zu den wichtigsten Synthesekautschuken.
Geschichte
Naturkautschuk, allgemein als Gummi bezeichnet, wurde bereits von den Maya aus dem Kautschukbaum gewonnen und zur Herstellung wasserdichter Gefäße, elastischer Bälle und zum Kleben von Schuhen verwendet[1]. Im Jahr 1851 wurde Gummi zum ersten Mal auf der Weltausstellung in London als technisches Material vorgestellt. Der britische Chemiker Charles Hanson Granville Williams (1829 – 1910) destillierte 1860 Isopren aus Natur-Kautschuk.
Naturkautschuk ist jedoch gegen Alterung relativ empfindlich und wurde in Zeiten von Kriegen Mangelware. Deshalb wurde versucht, einen beständigeren, synthetischen Kautschuk herzustellen. Julius Arthur Nieuwland (1878 – 1936), ein belgisch-amerikanischer Chemiker und Botaniker, der zugleich auch Priester war, erforschte in den 1920er Jahren Reaktionen von Acetylen, die er 1925 in Zusammenarbeit mit der Firma DuPont und unter der Leitung von Wallace Hume Carothers (1896 – 1937), dem Erfinder des Nylons, fortsetzte.
DuPont vermarktete dieses Produkt 1931 unter dem Namen DuPrene. Die kommerzielle Anwendung war durch den Herstellungsprozess begrenzt und das Produkt hatte einen fauligen Geruch. Deshalb wurde ein effektiverer Herstellungsprozess entwickelt, der einen „sauberen“ Chloropren-Kautschuk lieferte. Dieser wurde 1937 unter dem Handelsnamen Neopren® vermarktet.
Herstellung
Ausgangsstoff für die Herstellung von Chloropren-Kautschuk ist Chloropren, die chemisch korrekte Bezeichnung hierfür lautet 2-Chlor-1,3-Butadien. Bis 1970 wurde Chloropren aus Acetylen und Salzsäure hergestellt.
Dabei werden das Monomer Chloropren, Wasser, ein Emulgator und ein wasserlöslicher Starter, auch Initiator genannt, gemischt. Es entsteht eine Dispersion, fein verteilte Polymerpartikel in der wässrigen Phase. Durch Zugabe von Säure und durch Kühlen werden die Polymerpartikel ausgefällt und anschließend getrocknet. In diesem Zustand ist der Chloropren-Kautschuk ein zäh-plastischer Stoff, der durch Zugabe mineralischer Stabilisatoren zu Chips weiterverarbeitet wird. Um das Zusammenkleben der Chips zu verhindern, wird Talkumpuder zugesetzt.
Je nach Produktionsbedingungen ist Chloropren-Kautschuk mehr oder weniger kristallin und härtet mit der Zeit. Bei niedriger Polymerisationstemperatur zeigt der Kautschuk eine hohe Kristallisationsneigung, eine große Härte und geringe Elastizität. Dies ist für die Herstellung von Klebstoffen erwünscht, jedoch nicht für die Herstellung von elastischen Gummiartikeln, wie Gummischläuche oder elastische Stopfen. Mit zunehmender Polymerisationstemperatur wachsen die Polymerketten uneinheitlich, dadurch nimmt auch die Kristallisationsneigung der Polymere ab[2].
Bei Natur-Kautschuken oder anderen synthetischen Kautschuken erfolgt die Vulkanisation durch Zugabe von Schwefel oder schwefelhaltigen Verbindungen wie zum Beispiel Dischwefelchlorid S2Cl2 und Katalysatoren. Bei Chloropren-Kautschuk ist die Reaktivität der Doppelbindung durch das Chloratom eingeschränkt. Deshalb lässt sich Chloropren-Kautschuk nicht mit Schwefel vulkanisieren.
Dafür werden Metalloxide wie Magnesiumoxid MgO oder Zinkoxid ZnO in Gegenwart von Ethylenthioharnstoff als Vulkanisationsbeschleuniger und Schwefelspender verwendet. Bei der Vulkanisation werden zwischen den langen Polymerketten kovalente Schwefelbrücken gebildet, die verhindern, dass sich die Makromoleküle frei gegeneinander bewegen können. Dadurch ändern sich Eigenschaften des Kautschuks von plastisch zu elastisch.
Gegenüber dem Rohkautschuk hat der entstandene Gummi dauerelastische Eigenschaften und kehrt nach mechanischer Belastung in seine Ursprungsform zurück. Die Elastizität hängt von der Anzahl der Schwefelbrücken ab. Je höher die Anzahl der Schwefelbrücken ist, umso härter ist der Synthesekautschuk.
Die Bezeichnung dieser Blends erfolgt durch Kombination der Abkürzungen der Komponenten. CR/SBR ist eine Kombination aus Chloropren-Kautschuk (CR) und Styrol-Butadien-Kautschuk (SBR), einem Gummi mit geringer Kristallisationsneigung[2]. CR/NBR, bestehend aus Chloropren-Kautschuk (CR) und Nitril-Kautschuk (NBR), und CR/EPDM, Chloropren-Kautschuk (CR) und Ethylen-Propylen-Kautschuk (EPDM), zeigen eine verbesserte Ölbeständigkeit. CR/BR, ein Blend mit Polybutadien (BR), und CR/NR, CR kombiniert mit Naturkautschuk, zeichnen sich durch eine verbesserte Tieftemperaturflexibilität aus.
Werden bei der Vulkanisation chemische Treibmittel verwendet, die Gase unterhalb der Vulkanisationstemperatur freisetzen, wird aus Polychloropren ein druckbeständiger Schaumstoff, der gleichmäßig verteilt viele Gasbläschen enthält, und deshalb hervorragende Dämmeigenschaften sowie eine ausgezeichnete Elastizität besitzt.
Halbzeuge aus Chloropren-Kautschuk sind am Markt als Gummiplatten bzw. Gummimatten erhältlich. Die Varianten aus geschäumtem CR werden als Moosgummi-Platten und Zellkautschuk-Platten bezeichnet.
Struktur und Eigenschaften
Das Monomer Chloropren besitzt 2 Doppelbindungen, eine am ersten und eine am dritten Kohlenstoffatom.
Bei der Polymerisation „klappen“ die Doppelbindungen um, am ersten und vierten Kohlenstoffatom wird eine chemische Bindung zum nächsten Monomer geknüpft, zwischen dem zweiten und dritten Kohlenstoffatom wird eine Doppelbindung gebildet. Dabei entstehen die beiden Isomere „cis“- und „trans“-Polychloropren. Das Verhältnis „trans“ zu „cis“ beträgt etwa 9 zu 1. Bei der „trans“-Form sind die Kohlenstoffatome in Zickzack-Form angeordnet:
Bei der „cis“-Form in Bergen und Tälern:
Chloropren-Kautschuk zersetzt sich weniger schnell als Natur-Kautschuk oder andere Synthesekautschuke. Er verfügt über eine sehr gute Elastizität. Chemisch ist er beständig gegenüber verdünnten Säuren und Laugen sowie Salzlösungen. Er zeigt eine gute Quellbeständigkeit in höher molekularen Mineralölen, Fetten, Kältemitteln und Wasser und eine mittlere Quellbeständigkeit in niedermolekularen aliphatischen Kohlenwasserstoffen wie Benzin oder Isooctan[3]. Stark quellend ist er in Aromaten wie Benzol, Toluol, chlorierten Kohlenwasserstoffen, Estern, Ethern und Ketonen.
Er zeichnet sich durch Flammwidrigkeit aus, was bedeutet, dass er die Ausbreitung von Feuer verhindert oder hinreichend widerstandsfähig ist. Er entspricht aufgrund seines Halogengehalts jedoch nicht den Empfehlungen der International Electrotechnical Commission (IEC 60332-1) für elektrische Isolationen im Innenbereich. Die mechanischen Eigenschaften von Chloropren-Kautschuken sind besser als die der meisten Synthesekautschuke.
Verwendung
Im Bauwesen wird Neopren® wegen seiner Flammwidrigkeit und Dämmeigenschaften als Material für Fenster- und Bauprofile, Auskleidungen und Kabelummantelungen verwendet. Es wird auch zwischen Stahlplatten oder Stahlbetonelementen eingesetzt, um die Spannung zwischen den Bauelementen auszugleichen.
In der Automobilindustrie werden aus Chloropren-Kautschuk Reifen, Antriebsriemen, Schläuche und Dichtungen, Profile und Auskleidungen gefertigt.
In organischen Lösungsmitteln gelöst wird Polychloropren als Kontaktklebstoff verwendet[4].
Wegen ihrer Beständigkeit gegenüber vielen Chemikalien eignen sich Handschuhe aus Chloropren-Kautschuk für Laborarbeiten in der chemischen, pharmazeutischen und Halbleiterindustrie.
In der Schlauchtechnik kommen Chloropren-Schläuche als Gasschläuche, Isolierschläuche, Wasserschläuche, Kühlwasserschläuche, Laborschläuche und abriebfeste Pumpenschläuche zum Einsatz.
Dafür wird es in verschiedenen Dicken hergestellt. Mit zunehmender Dicke erhöhen sich die thermoisolierende Wirkung und der Auftrieb, aber die Dehnbarkeit sinkt. Für Surfanzüge beträgt die Dicke 2 mm, für Tiefseetauchanzüge 6 bis 7 mm. Für die Wassersportbekleidung wird das Neopren® beidseitig mit Textilgewebe wie Nylon oder Lycra versehen.
Neben Wassersportbekleidung werden aus geschäumtem Chloropren-Kautschuk auch Flaschenkühler, Sportbandagen und Schutzhüllen für Laptops und Tablets sowie Mousepads hergestellt. In der Musik bestehen die Hammerköpfe des E-Pianos und Trommelübungspads aus Neopren®, in Lautsprechern wird es als Dämmmaterial verwendet.
Heute wird Chloropren-Kautschuk unter den Handelsnamen Neopren®, Chloropren®, Butaclor®, Baypren®, Denka® und Denkachopren®, angeboten[5].
Quellen: 1) https://www.seilnacht.com/Lexikon/k_gummi.html 2) https://www.rado.de/spezialitaeten/cr/ 3) https://www.chemie.de/lexikon/Chloropren-Kautschuk.html#Historie 4) https://www.kleber-klebstoff-beratung.de/kleber/kontaktklebstoffe.php 5) https://www.barnwell.co.uk/trade-names-for-materials/
Bildquellen: Beitragsbild | © Carlos Caetano – stock.adobe.com Surfanzüge | © JackF – stock.adobe.com