Alles über den industriellen Einsatz und die passende Schlauchtechnik
Viele haben den Begriff Königswasser schon gehört. Doch was bedeutet der Name und woraus besteht dieses besondere „Wasser“? Der Name „Königswasser“ beschreibt die Eigenschaft, die „königlichen“ Metalle Gold und Platin aufzulösen. Ein anderer, weniger geläufiger Name ist Königssäure.
Beim Mischen der beiden Säuren entstehen Nitrosylchlorid (NOCl) und Chlorradikale, die für das Auflösen des Metalls verantwortlich sind. In konzentrierter Salpetersäure allein löst sich Gold nicht auf. Erst durch die Anwesenheit der Chloridionen der Salzsäure werden die durch die Salpetersäure oxidierten Goldionen komplexiert und bilden Tetrachlorogoldsäure (HAuCl4).
Neben Gold und Platin können auch die Metalle Rhenium, Osmium, Rhodium, Iridium, Palladium und Quecksilber von Königswasser aufgelöst werden. Zirkonium, Hafnium, Niob, Tantal, Titan und Wolfram bilden auf der Oberfläche eine Passivschicht und werden deshalb bei Raumtemperatur nicht von Königswasser aufgelöst. Silber löst sich in Königswasser ebenfalls nicht auf, denn es bildet eine unlösliche Silberchloridschicht.
Königswasser ist nur kurze Zeit verwendbar, da mit der Zeit Nitrosylchlorid, Chlor und Nitrose Gase, ein Gemisch aus verschiedenen Stickoxiden, zerfallen bzw. entweichen. Deshalb muss es vor der Verwendung stets frisch angesetzt werden.
Verwendung von Königswasser
Königswasser wird hauptsächlich zur Herstellung von Tetrachlorogoldsäure verwendet, die als Elektrolyt im Wohlwill-Verfahren eingesetzt wird. Das Wohlwill-Verfahren ist ein elektrochemisches Scheideverfahren für Bunt- und Edelmetalle, mit dem Gold mit einem Feingehalt von über 99,99 Prozent abgeschieden werden kann.
Zur Bestimmung der in Königswasser löslichen oder extrahierbaren Elemente wie Cadmium, Chrom, Kupfer, Quecksilber, Nickel, Blei und Zink in Klärschlämmen und Böden ist in Deutschland der Königswasseraufschluss nach DIN EN 13 346 vorgeschrieben. Norm DIN EN 13657 regelt die Bestimmung der Schwermetalle in Bioabfällen, Deponien und Altholz. Beim Königswasseraufschluss werden die Proben zuerst getrocknet und gemahlen, mit Königswasser versetzt und zwei Stunden bei Siedetemperatur erhitzt. Die genannten Metalle gehen dabei in Lösung und deren Gehalt kann gemessen werden.
Ein anderes Einsatzgebiet von Königswasser ist die Abschätzung des Feingoldgehaltes von Schmuckobjekten. Dazu werden an der Goldoberfläche mehrere Abriebproben genommen, die mit Königswasser verschiedener Konzentrationen versetzt werden.
So lässt sich sogenanntes „Autobahngold“ relativ schnell entlarven. Auch in der Metallographie findet Königswasser Anwendung. Dabei wird die Oberfläche von Metallen oder Legierungen mit Königswasser angeätzt, um die kristalline Struktur sichtbar zu machen.
Werkstoffe für das Arbeiten mit Königswasser
Königswasser ist eine stark ätzende Säure und zudem brandfördernd. Beim Arbeiten mit dieser Säure ist deshalb besondere Vorsicht geboten. Die meisten Werkstoffe werden von Königswasser angegriffen, lediglich fluorhaltige Polymere sind dagegen beständig. Laborbehälter zum Herstellen von Königswasser sowie Kunststoffschläuche zum Transport werden aus diesen Werkstoffen gefertigt.
Fluorhaltige Homopolymere: PCTFE und PTFE
Es gibt verschiedene Gruppen fluorhaltiger Polymere, die gegenüber Königswasser beständig sind. Eine Gruppe ist die der Homopolymere. Dabei bedeutet Homopolymere, dass diese Polymere nur aus einem Monomer aufgebaut. Zu dieser Gruppe gehören Polytetrafluorethylen (PTFE) und Polychlortrifluorethylen (PCTFE). Ausgangsprodukt für die Herstellung von PTFE ist das Monomer Tetrafluorethylen, PCTFE wird durch Polymerisation des Monomers 1-Chlor-1,2,2-trifluorethylen hergestellt. Die beiden Monomere unterscheiden sich dadurch, dass eines der vier Fluoratome durch ein Chloratom substituiert ist.
PCTFE wurde bereits 1934 entwickelt und ist damit der früheste Fluorkunststoff. PCTFE ist ein teilkristalliner Thermoplast und besitzt von allen Fluorkunststoffen die höchste Härte, Festigkeit und Steifigkeit. Er kann in einem breiten Temperaturbereich von -240 °C bis +205 °C eingesetzt werden. Dieser Kunststoff wird hauptsächlich zu Halbzeugen und Folien verarbeitet. Für Kunststoffschläuche ist er wegen seiner Steifheit ungeeignet.
PTFE, das auch unter dem Handelsnamen Teflon® bekannt ist, wurde 1938 entwickelt. Hohe Produktionskosten und wenig Anwendungsmöglichkeiten verhinderten zu Beginn eine breite Verwendung. Beim Bau der ersten Atombombe 1943 in den USA musste bei der Urananreicherung mit großen Mengen des äußerst korrosiven Uranhexafluorid gearbeitet werden. Dafür wurden PTFE-beschichtete Werkstoffe eingesetzt. Danach hielt PTFE auch Einzug in den zivilen Bereich.
Eingesetzt werden kann PTFE in einem Temperaturbereich von -200 °C bis +260 °C. Im Bereich der Dichtungstechnik wird der Hochleistungskunststoff als PTFE-Dichtungsband, Dichtungsring und Faltenbalg verwendet.
Als Beschichtungsmaterial kommt PTFE wegen seiner Korrosionsbeständigkeit und Antihafteigenschaften zum Einsatz bei der Beschichtung von Behältern und Rohrleitungen. Ein weiterer wichtiger Anwendungsbereich ist die Schlauchtechnik. Kunststoffschläuche aus Fluorkunststoffen finden aufgrund ihrer chemischen und thermischen Beständigkeit, ihrer vernachlässigbaren Gaspermeabilität, mechanischen Flexibilität und Sterilisierbarkeit breite Anwendung in der Chemie, der Pharma- und Medizintechnik sowie in der Lebensmittelindustrie.
Fluorhaltige Copolymere: ETFE, ECTFE, PFEP, PFA und MFA
Die zweite Gruppe der Fluorpolymere ist die der Copolymere. Copolymere sind aus zwei verschiedenen Monomeren aufgebaut. Beispiele sind Ethylen-Tetrafluorethylen (ETFE), Ethylen-Chlortrifluorethylen(ECTFE), Perfluorethylen-propylen (PFEP), Poly[tetrafluorethylen-perfluor(alkoxyvinylether)] (PFA) und modifiziertes PFA (MFA).
Wie PTFE und ECTFE unterscheiden sich ETFE und ECTFE durch die Substitution eines der vier Fluoratome durch Chlor. Beide Polymere werden durch Polymerisation der Monomere Tetrafluorethylen beziehungsweise Polychlortrifluorethylen und Ethylen hergestellt. Sie sind teilfluoriert, haben eine geringere Dichte als PTFE und zeigen eine hohe Transparenz, Lichtdurchlässigkeit sowie eine ähnliche chemische Beständigkeit wie PTFE. ETFE wird hauptsächlich in der Architektur für Bedachungen, Wand- und Fassadenverkleidungen verwendet. So besteht die Bedachung der Allianz-Arena in München aus ETFE-Folie. ECTFE kommt als Beschichtungsmaterial von Rohren und Behältern sowie in der Chemie als Glasersatz für Laborartikel zum Einsatz.
PFEP, oft nur als FEP bezeichnet, wird bei der Co-Polymerisation von Tetrafluorethylen und Hexafluorpropylen erhalten. Wie auch PTFE ist FEP ein vollständig fluoriertes Polymer, bei dem alle Wasserstoffatome durch Fluoratome ersetzt sind. Von allen Fluorpolymeren zeichnet es sich durch den weitesten thermischen Arbeitsbereich von -250 °C bis +205 °C aus. In der Schlauchtechnik kommt es als transparenter Kunststoffschlauch mit porenloser, antiadhäsiver Innenwandung zum Einsatz, der für alle Sterilisationsverfahren geeignet ist.
PFA und MFA sind vollständig fluorierte Copolymere der Monomere Tetrafluorethylen und Perfluoralkoxyethylen. Sie unterscheiden sich in der Länge der Ethergruppe. Im Gegensatz zu PTFE ist PFA thermoplastisch verarbeitbar, besitzt bessere Antihafteigenschaften, eine höhere Chemikalienbeständigkeit, aber eine geringere Kratzfestigkeit als PTFE. Ein wichtiges Einsatzgebiet von sind Gefäße und Kunststoffschläuche aus PFA in der Elementspurenanalytik. Da PFA im Gegensatz zu den üblich genutzten Materialien wie Glas, Quarz, Polyethylen und Polypropylen weniger Wechselwirkung mit Proben- und Referenzlösungen zeigt, werden bei der Verwendung von PFA-Gefäßen und Schläuchen verlässlichere Analysenergebnisse erhalten.
MFA zeichnet sich neben der chemischen auch durch thermische und mechanische Stabilität, aber vor allem durch seine hervorragende Lichtdurchlässigkeit aus. Es wird hauptsächlich zu MFA-Kunststoffschläuchen verarbeitet, die aufgrund ihrer FDA-Konformität auch in der Lebensmittel- und Pharmaindustrie und in der Medizintechnik zum Einsatz kommen.
Perfluorkautschuk FFKM
Zur dritten Gruppe der gegen Königswasser beständigen Fluorpolymere gehört der Perfluorkautschuk. Unter Perfluorkautschuk, abgekürzt FFKM, werden perfluorierte Elastomere ähnlicher chemischer Zusammensetzung zusammengefasst. Sie zeigen eine ausgezeichnete chemische und thermische Stabilität, eine konstante Elastizität und sind ausgasungsarm. Die Herstellung ist aufwendig, weshalb Perfluorkautschuke ebenso wie andere Fluorpolymere sehr kostspielig sind. FFKM wird hauptsächlich als Dichtungsmaterial in Form von O-Ringen eingesetzt.
Alle Fluorpolymere zeigen eine ausgezeichnete chemische Beständigkeit. Sie sind säurefest und trotzen selbst dem Königswasser, das Gold und Platin aufzulösen vermag. Die unterschiedlichen thermischen und mechanischen Eigenschaften bestimmen die verschiedenen Anwendungsgebiete.
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