Beatmungsschläuche und deren Anwendung

Während einer Operation, nach einem Unfall oder bei einer schweren Erkrankung wie zum Beispiel einer COVID-Infektion ist eine künstliche Beatmung notwendig. Eine Operation wird oft unter einer Vollnarkose durchgeführt, bei der auch die Atmung betroffen ist und dann von einem Beatmungsgerät übernommen wird. Das Beatmungsgerät ist über ein Beatmungsschlauchsystem und einer Beatmungsmaske oder einen Tubus mit dem Patienten verbunden.

Komponenten eines Beatmungssystems

Ein Beatmungssystem besteht aus vielen einzelnen Komponenten wie Beatmungsgerät, Atemgas, Schläuche, Sensoren zur Temperatur- und Volumenmessung und verschiedenen Filtern.

Schlauchsysteme zur Beatmung

Einschlauch-Systeme

Beatmungssysteme können einen oder zwei Beatmungsschläuche enthalten. Bei Einschlauch-Systemen wird dem Patienten das Atemgas über den Beatmungsschlauch zugeführt und das ausgeatmete Kohlendioxid (CO2) wird über einen Längsschnitt im Schlauch, ein sogenanntes Bunsenventil, oder ein integriertes Ausatemventil abgeführt. Durch ein Schlauchsystem mit Längsschnitt fließt ständig Luft durch den Schlauch und bewirkt, dass das ausgeatmete CO2 „herausgewaschen“ wird.

TPE-S-Schlauch für die Medizin- und Pharmatechnik Silikonschlauch für die Medizintechnik

Bei einem Beatmungsschlauch mit integriertem Ausatemventil ist das Ventil beim Einatmen geschlossen und lässt die Inspirationsluft zum Patienten passieren. Beim Ausatmen öffnet es sich und die Ausatemluft wird gezielt nach außen abgegeben. Das Ausatemventil funktioniert nach dem Prinzip eines Rückschlagventils und ist über einen Schlauch mit dem Beatmungsgerät verbunden, über den das Ventil gesteuert wird. Diese Systeme sind oft mit einem zweiten, dünnen Schlauch mit dem Beatmungsgerät verbunden, in denen ein Sensor den Druck oder das Volumen des Inspirationsgases erfasst. Einschlauch-Systeme kommen häufig bei Patienten zum Einsatz, die noch selbstständig atmen können, aber ohne Unterstützung zu wenig Luft bekommen, wie Patienten, die unter einer Schlafapnoe leiden.

Zweischlauch-Systeme

Zweischlauch-Systeme enthalten einen Beatmungsschlauch für die Einatmung (Inspiration) und einen für die Ausatmung (Exspiration). Die nachfolgende Abbildung soll ein solches Beatmungssystem veranschaulichen.

Zweischlauch-System schematische Darstellung

Die beiden Schläuche werden an das Beatmungsgerät angeschlossen und können über einen Y-Schlauchverbinder miteinander verbunden werden. Eine koaxiale Anordnung der beiden Schläuche, wobei der meist farbig gekennzeichnete Inspirationsschlauch im transparenten Exspirationsschlauch geführt wird, wird als Koaxial-Beatmungsschlauch bezeichnet. An dem Beatmungsgerät ist an der Exspirationsseite ein Ausatemventil angebracht. Vor dem Ausatemventil befindet sich ein Sensor, der das Ausatemvolumen misst. Der Beatmungsschlauch für die Inspiration ist wie bei den Einschlauch-Systemen mit einem Sensor zur Erfassung des Einatemvolumens ausgestattet. Damit ist bei einem Zweischlauchsystem ein Abgleich zwischen Einatem- und Ausatemvolumen möglich. Zweischlauch-Systeme werden meist bei intensivmedizinischer oder bei der Beatmung sehr junger Kinder eingesetzt.

Ausführungen und Materialien von Beatmungsschläuchen

Schläuche für die Medizintechnik müssen physiologisch unbedenklich sein und medizintechnisch relevante Regularien erfüllen.

An Medizinprodukte werden hohe Anforderungen gestellt. Sie müssen nach der Norm DIN EN ISO 13485 produziert und mit einer CE-Kennzeichnung versehen werden, um auf dem europäischen Markt in Verkehr gebracht oder in Betrieb genommen zu werden.

Beatmungsschläuche werden aus den Materialien Silikon (SI), Polyethylen (PE), bestimmten Polyvinylchlorid-Compounds (PVC), Polypropylen (PP) oder aus thermoplastischen Elastomeren hergestellt. Sie werden als ausziehbare Ziehharmonika-Schläuche, auch Faltenschläuche genannt, oder als glatte Schläuche aus Vollmaterial angeboten. In der Medizintechnik sind insbesondere Silikonschläuche und Polyethylen-Schläuche verbreitet.

Silikon-BeatmungsschlauchSilikon-Pharma-Druckschlauch mit Glasseide-Gewebeeinlage

Die Innenfläche der Beatmungsschläuche ist glatt, um den Ablauf von kondensierter Feuchtigkeit zu gewährleisten. An der Außenseite kann sich eine Verstärkerspirale befinden, um ein Knicken des Schlauches zu vermeiden. Zur Vermeidung von Kondensatbildung aus der Feuchtigkeit des Atemgases und der damit möglichen Keimbildung werden auch beheizte Beatmungsschläuche verwendet. Die Heizung des Schlauches erfolgt durch Heizdrahtwendeln. Bei unbeheizten Schlauchsystemen ist an dem Beatmungsschlauch ein Auffangbehälter, die Wasserfalle, angebracht, in dem das Kondensat aufgefangen wird.

Das Atemgas

Bei einem gesunden Menschen sind Mund und Nase neben dem Transport von Atemgas auch für dessen Reinigung, Erwärmung und Anfeuchtung verantwortlich. Wird ein Patient künstlich beatmetet, muss das Atemgas dementsprechend konditioniert werden. Das bedeutet, es muss gereinigt, erwärmt und befeuchtet werden, um ein Austrocknen der Schleimhäute zu vermeiden und die Infektionsgefahr zu mindern.

Die im Medizinbereich übliche Bezeichnung „Sauerstoff“ ist in Wirklichkeit „synthetische Luft“, die durch Mischen von reinem Stickstoff und reinem Sauerstoff hergestellt wird und frei von Spurengasen ist. Atemgas gilt als fertiges Arzneimittel, für das Qualität und gesundheitliche Unbedenklichkeit nachgewiesen werden müssen. Es muss in separaten Anlagen in gereinigte Gasflaschen abgefüllt werden und der gesamte Herstellungsprozess muss lückenlos zurückverfolgt werden können.

Wie das Atemgas konditioniert wird

Zur Befeuchtung des Atemgases stehen passive und aktive Atemgas-Befeuchter zur Verfügung. Passive Atemgas-Befeuchter werden auch als HME-Filter, aus dem Englischen „heat and moisture exchanger“, bezeichnet. Diese Filter bestehen aus einem Kunststoffgehäuse mit einem innenliegenden Kunststofffilter, der Wasser adsorbiert. Beim Ausatmen speichert der Filter Feuchtigkeit und Wärme der Exspirationsluft und gibt diese beim Einatmen wieder ab. Die Inspirationsluft kann nur soviel Feuchtigkeit enthalten, wie vorher beim Ausatmen abgegeben wurde. Bei der Ausatmung durch die Nase hat die Exspirationsluft eine Temperatur von etwa +32 °C und eine Feuchtigkeit von 34 mg/l[1]. HME-Filter werden häufig bei Patienten mit einem Luftröhrenschnitt eingesetzt und befinden sich zwischen Beatmungsschlauch und Trachealkanüle – ein Kunststoffschlauch, der in den Luftröhrenschnitt eingesetzt wird.

Zweischlauch-Beatmungssystem mit Y-Verbinder
Zweischlauch-Beatmungssystem mit Y-Verbinder

Aktive Atemgasbefeuchter bestehen aus einem beheizbaren Wasserbehälter. Der Behälter wird etwa zur Hälfte mit Wasser gefüllt und das Wasser wird auf eine Temperatur zwischen +37 °C und +39 °C kontrolliert erwärmt. Bei dieser Temperatur enthält die Luft in dem Wasserbehälter 44 mg/l Wasserdampf[1]. Das Inspirationsgas wird in den Wasserbehälter eingeleitet, erwärmt sich und nimmt Wasserdampf auf. Das erwärmte und befeuchtete Gas wird dann weiter zum Patienten geleitet. Mit einem Temperatur-Sensor, der über ein Verbindungsstück in den Beatmungsschlauch integriert ist, wird die Temperatur des Atemgases gemessen. Damit die im Atemgas enthaltene Feuchtigkeit nicht in dem Beatmungsschlauch kondensiert, werden für Inspirationsschläuche beheizbare Schläuche verwendet. Bei der aktiven Befeuchtung können Temperatur und Wasserdampfgehalt konstant eingehalten werden, während diese bei passiver Befeuchtung von der Exspirationsluft abhängen.

Passive Atemgasbefeuchter werden für Erwachsene empfohlen, bei denen keine Gefahr der Austrocknung der Schleimhäute oder der Entwicklung von zähem Schleim besteht. Aktive Befeuchtung wird beim Auftreten von Blutungen oder starker Sekretbildung sowie bei der Beatmung von Neu- oder Frühgeborenen, deren Atemsystem noch nicht vollständig entwickelt ist, eingesetzt.

Zusätzliche Komponenten eines Beatmungssystems

Zur Vermeidung von Kontaminationen sowohl des Patienten durch das Beatmungsgerät als auch des Beatmungsgerätes durch den Patienten, sogenannte Kreuzkontaminationen, wird ein Bakterien- und Virenfilter zwischen Tubus oder Atemmaske und Schlauchsystem sowie zwischen Beatmungsgerät und Schlauchsystem positioniert.

Bei bestimmten Indikationen ist die Gabe von Medikamenten notwendig. Mit einem Vernebler werden flüssige Medikamente in Form von Aerosolen über ein zusätzliches Verbindungsstück in den Beatmungskreislauf eingebracht. In der Anästhesie werden zusätzliche Ports für die Gabe und Überwachung von Lachgas benötigt.

Einweg oder Mehrweg-Schläuche?

Beatmungsschläuche werden als Einweg- oder Mehrwegschläuche angeboten. Das österreichische Ökologie-Institut hat 2001 einen Kriterienkatalog für Beatmungsschläuche erstellt[2]. Laut diesem Katalog können Silikonschläuche 250-mal und Hytrel®-Schläuche (Thermoplastisches Elastomer auf Polyesterbasis) 20-mal sterilisiert werden. Das bedeutet, dass zwischen 20 und 250 Einweg-Schläuche hergestellt, transportiert und entsorgt werden müssen, um ein Mehrwegprodukt zu ersetzen.

HYTREL®/PVC-Pharma-Verbund-und Partikelschlauch LDPE/EVA-Pharma-Verbundschlauch

 

Die Aufbereitung von Beatmungsschläuchen umfasst die Reinigung in einer Schlauchwaschmaschine und die anschließende Dampfsterilisation bei +121 °C oder +134 °C. Anschließend werden die Beatmungsschläuche steril verpackt und an die Stationen geliefert. Einwegprodukte werden damit beworben, Kreuzkontaminationen zu verhindern. Dies sollte jedoch bei fachgerechter Aufbereitung, Reinigung und Sterilisation der Beatmungsschläuche auch gewährleistet sein.

Die Entwicklung von Beatmungsgeräten und die Einführung von Intensivstationen haben den heutigen Stand der Intensivmedizin ermöglicht. Da eine künstliche Beatmung auch immer mit Risiken verbunden ist, sollte sie so kurz wie möglich erfolgen.

Quellen:
[1]: https://www.thieme-connect.de/products/ebooks/lookinside/10.1055/b-0037-145723#
[2]: https://ecology.at/files/pr223_1.pdf
Bild-Quellen:
Beitragsbild | © herbert frost – stock.adobe.com
Zweischlauch-Beatmungssystem mit Y-Verbinder | © CMP – stock.adobe.com