Exsikkatoren: Schneller zum trockenen Feststoff im Labor

Um Stoffe mithilfe physikalischer oder chemischer Verfahren und Methoden zu charakterisieren und zu analysieren, müssen anhaftende Lösungsmittel entfernt werden. Dies erfolgt durch Trocknen im Exsikkator. Aber auch zur Lagerung empfindlicher Materialien ist dieses wichtige Laborgerät unersetzlich. Dass sich das Anwendungsspektrum stetig erweitert hat, liegt auf der Hand.

Ein Exsikkator (lateinisch exsiccare = austrocknen) ist ein Behälter, der im Labor zum Trocknen von Stoffen oder zur Aufbewahrung feuchtigkeitsempfindlicher Stoffe verwendet wird. Im Laborbereich hat sich der Exsikkator nach dem Chemiker Carl Scheibler (1828 – 1899) etabliert.

Vorläufermodelle sind der Glockenexsikkator, der aus einem Glassturz auf einer Glasplatte besteht und der Trockenmittel und Probe aufnimmt, sowie der Dosenexsikkator mit Ent- und Belüftungshahn, entwickelt von dem Chemiker Carl Remigius Fresenius (1818 – 1897).

Prinzipieller Aufbau von Exsikkatoren

Beim klassischen Exsikkator nach Scheibler handelt es sich um einen dickwandigen, zylindrischen oder konischen Gefäßkörper aus Glas oder Kunststoff, der mit einem Deckel hermetisch (lateinisch hermeticus = luftdicht) verschlossen wird. Die Ränder von Deckel und Gefäßkörper sind passgerecht plangeschliffen.

Der Deckel kann zentrisch mit einem Schliffhahn zum Ent- und Belüften des Exsikkators versehen sein. Bei manchen Ausführungen befindet sich der Absperrhahn seitlich am Gefäßkörper. Für die Luftdichtheit sorgt ein dünner Fettfilm auf der Kontaktfläche zwischen Deckel und Gefäßkörper. Je nach Anwendung werden Fette auf Silikonbasis verwendet, während bei chemisch aggressiven Medien Teflonpasten aus dem beständigen Kunststoff Polytetrafluorethylen (PTFE) zum Einsatz kommen. Auch wasserlösliche Schlifffette sind gebräuchlich. Bei erhöhten Temperaturen stehen Fette zur Verfügung, die mit steigender Temperatur zähflüssiger werden.

Vakuumexsikkator mit Lochblech, Hahn und nicht mehr ganz trockenem Blaugel, erkennbar am Farbumschlag
Vakuumexsikkator mit Lochblech, Hahn und nicht mehr ganz trockenem Blaugel, erkennbar am Farbumschlag

Innen ist der Exsikkator durch eine Siebplatte aus Keramik oder Kunststoff in zwei Bereiche unterteilt. Das Probenmaterial wird in der Regel in einer Schale auf der Siebplatte platziert. Für sauberes Arbeiten und um Kontamination des Probenmaterials zu vermeiden, lagert das Trockenmaterial in einer offenen Schale unterhalb der Siebplatte. Eine zu hohe Anzahl von Proben kann jedoch den Gasaustausch zwischen dem oberen und dem unteren Raum des Gefäßkörpers beeinträchtigen, da die Öffnungen der Lochplatte abgedeckt werden. Zudem beeinflusst die geringere Dichte feuchter Luft im Vergleich zu reiner Luft die Effizienz, weshalb das Positionieren des Trockenmittels unterhalb der Probe eventuell ungünstig sein kann.

Bauarten von Exsikkatoren

Um luftempfindliche Materialien zu schützen, werden Gasexsikkatoren eingesetzt, die mit Schutzgas gespült werden können. Gebräuchliche Schutzgase sind Stickstoff oder Argon. Dazu wird der Exsikkator zunächst über einen Schliffhahn evakuiert und anschließend durch einströmendes Schutzgas auf Normaldruck gebracht. Dieser Prozess, im Laborjargon „Sekurieren“ genannt, wird mehrfach wiederholt, bis die Atmosphäre im Innenraum des Exsikkators vollständig aus Schutzgas besteht. Empfindliche Materialien können nun im Schutzgas-Gegenstrom in den Exsikkator eingebracht werden. Das bedeutet, dass sowohl das Empfängergefäß (Exsikkator) als auch das Probengefäß unter Schutzgasüberdruck stehen.

Vakuumexsikkatoren, die sich über einen Schliffhahn luftleer pumpen lassen, halten Proben trocken und beschleunigen den Trocknungsprozess. Eine Faustregel besagt, dass ein Vakuum die Trocknungszeit im Vergleich zum Normaldruck auf ein Drittel reduziert. Generell beschleunigt ein Vakuum das Verdampfen der Lösungsmittel aus der Probe.

Die entstehenden Dämpfe können über den Schliffhahn kontinuierlich abgesaugt werden. Dabei empfiehlt es sich, zwischen Exsikkator und Pumpe eine Kühlfalle zu schalten, in der die abgesaugten Dämpfe kondensieren. Die aufgefangenen Lösungsmittel lassen sich recyceln oder fachgerecht entsorgen, was zugleich die Betriebsfestigkeit der Pumpe gewährleistet. Eine solche Kühlfalle besteht im Wesentlichen aus einem Reservoir, das in eine Kältemischung eingetaucht ist. Diese Mischung sorgt dafür, dass die Dämpfe kondensiert und abgetrennt werden. Die Temperatur der Kältemischung ist an das aufzufangende Lösungsmittel angepasst, so dass dieses in flüssiger Form vorliegt, nicht ausfriert und somit die Anlage nicht verstopft.

Beim Einsatz von Wasserstrahlpumpen werden zwischen Pumpe und Exsikkator Sicherheitsflaschen geschaltet, die nach dem irischen Chemiker Peter Woulfe (1727 – 1803) auch „Woulfesche Flaschen“ genannt werden. Sie verhindern, dass bei einem Druckabfall Wasser in den Exsikkatorraum zurückschlägt. Zudem hat es sich als vorteilhaft erwiesen, den Schliffhahnansatz entweder gebogen auszulegen oder den Querschnitt verjüngt auslaufen zu lassen. Dies vermeidet, dass beim Belüften des Exsikkators durch einströmende Luft Materialien im Innern bewegt werden.

Exsikkator aus PC RCT®-Zubehör: Exsikkator-Scheibe aus PP

Vakuumexsikkatoren sind auch mit Polymerbeschichtung als Implosionsschutz erhältlich. Diese wirkt ähnlich einem Sicherheitsglas und verhindert die Freisetzung von Glassplittern im Falle einer Implosion. Zur weiteren Beschleunigung des Verdampfens gibt es auch beheizbare Exsikkatoren.

Verwendung von Exsikkatoren

Exsikkatoren dienen der Lagerung von chemischen Stoffen, Materialproben, Werkstoffen sowie sensiblen Instrumenten und Komponenten. Eingesetzt werden sie in den Bereichen Chemie, Physik, Materialwissenschaft, Biochemie und Pharmazie. Auch zur Imprägnierung von Festkörpern können Exsikkatoren verwendet werden. Dabei wird das Gerät nach dem Evakuieren mit einer Imprägnierflüssigkeit gefüllt.

Nützlich sind sie überdies bei der Herstellung von Verbundwerkstoffen, etwa zum Imprägnieren von Verstärkungskomponenten mit Harzmassen. Bei der Schliffpräparation von materialographischen Proben mit Kunstharzen garantieren sie blasenfreies Arbeiten und die vollständige Einbettung der Probe in das Harz. Mithilfe von Exsikkatoren können Proben in einem definierten Klima gelagert werden. Die Luftfeuchtigkeit lässt sich über eine gesättigte Salzlösung mit dem Bodenkörper des Salzes präzise einstellen. Die Luftfeuchtigkeit wird dabei sowohl von der Temperatur als auch der Art des verwendeten Salzes bestimmt. Überdies werden Exsikkatoren zur Untersuchung von Asphaltproben angewandt. Hier dienen sie dazu, die Volumenzunahme von Proben bei Lagerung unter Wasser zu bestimmen. Bevor das zu trocknende Material in den Exsikkator eingebracht wird, sollte es gegebenenfalls vorgetrocknet werden, um ein vorzeitiges Erschöpfen des Trockenmittels zu verhindern.

Trockenmittel für Exsikkatoren

Das Trockenmittel nimmt bis zu seiner Sättigung Wasserdampf oder auch andere Lösungsmittel aus dem Gasraum im Exsikkator auf und kann die Gase adsorptiv binden. Der Prozess ist reversibel, sodass das feuchte Trockenmittel durch Temperaturerhöhung und Druckminderung regeneriert und wiederverwendet werden kann.

Eine möglichst große spezifische Oberfläche des Trockenmittels steigert die Kapazität zur Aufnahme von Lösungsmittelmolekülen. Die Verteilung des Lösungsmittels zwischen Probe, Gasphase und Trockenmittel folgt dabei einer Gleichgewichtsreaktion, die von Temperatur und Druck abhängt. Daher ist es grundsätzlich nicht möglich, absolut trockene Proben mit einem Restgehalt von „Null“ an Lösungsmittel zu erreichen.

Exsikkator aus PP/PC Silica-Gel-Trocknungsmittel für Exsikkatoren

Als Maß für die Trocknungskapazität des Trockenmittels dient der Partialdruck des Lösungsmitteldampfes über der Probe im Exsikkatorraum. Je geringer dieser Gleichgewichtsdampfdruck, desto größer die Kapazität des Trockenmittels. Die Geschwindigkeit des Trocknungsvorgangs bis zum Erreichen des Gleichgewichtsdampfdruckes wird von der Formulierung des Trockenmittels entscheidend mitbestimmt. Bei begrenzter Aufnahmekapazität des Trockenmittels spielen dabei vor allem die Menge an festem Trockenmittel, seine Trocknungskapazität, Korngröße und spezifische Oberfläche – also die Oberfläche je Gramm Trockenmittel – eine Rolle. Auch chemische Reaktionen, die die Oberfläche des Trockenmittels deaktivieren, können den Trocknungsprozess beeinflussen.

Andere Trockenmittel reagieren chemisch mit den Lösungsmitteldämpfen und sind daher nicht regenerierbar. Dazu zählen zum Beispiel Phosphorpentoxid (P4O10) und Schwefelsäure (H2SO4). Die Auswahl des Trockenmittels richtet sich nach dem zu trocknenden Material. Wasserfreies Kalziumchlorid ist ein preiswertes, regenerierbares Trockenmittel, das sich für viele organische Stoffe und Feststoffe eignet. Es ist jedoch ungeeignet für Alkohole und Amine. Ein weiteres preiswertes und regenerierbares Trockenmittel ist Kieselgel, das in Form von Silicagel als Trocknungseinsatz erhältlich ist. Dieses sehr fein verteilte Siliziumdioxid (SiO2) eignet sich jedoch nicht in Gegenwart von Fluorwasserstoff, mit dem es zu Fluorosilikaten reagiert.

Phosphorpentoxid ist ein nicht regenerierbares Trockenmittel, das mit Wasser über mehrere Stufen zu Phosphorsäure (H3PO4) reagiert und bei Wasseraufnahme zerfließt. Es eignet sich allgemein zum Trocknen saurer und neutraler Stoffe sowie von Kohlenwasserstoffen und Halogenkohlenwasserstoffen. Ungeeignet ist es für basische Stoffe, Alkohole oder Ether. Schwefelsäure ist ein effektives Trockenmittel für saure und neutrale Stoffe, aber nicht regenerierbar. Das Wasser reagiert mit der Schwefelsäure unter Protolyse. Um ein Spritzen zu vermeiden, sollten der Schwefelsäure inerte Füllkörper aus Glas oder Keramik zugesetzt werden. Aus diesem Grund ist Schwefelsäure für das Trocknen im Feinvakuum oder bei höheren Temperaturen ungeeignet. Saure Bestandteile im Gasraum lassen sich leicht durch eine Schale mit Kaliumhydroxidplätzchen (KOH) binden. Wie die vorigen Ausführungen zeigen, müssen verwendete Trockenmittel von Zeit zu Zeit gewechselt werden. Einige enthalten Indikatoren, die den Erschöpfungsgrad ihrer Kapazität durch einen Farbumschlag anzeigen. Dazu zählen Blau- und Orangegel.

Sicherheit und Qualitätssicherung

Das Öffnen von Exsikkatoren, insbesondere nach längerer Standzeit oder Stehen unter Vakuum, gestaltet sich oft schwierig, da hohe Adhäsionskräfte wirken. Lässt sich der Deckel nach dem Belüften nicht bewegen, hilft es oftmals, die planen Schliffflächen mit einem Fön oder einer Heißluftpistole zu erwärmen. Vorsicht ist beim seitlichen Verschieben des Deckels geboten, da die Adhäsionskräfte plötzlich nachlassen. Zum Schutz reicht es oft, den Exsikkator mit einem Handtuch zu umwickeln. Eine professionelle Lösung bieten Exsikkatoröffner, die den Deckel mithilfe von Hebelwirkung verschieben.

Neue Vakuumexsikkatoren können vor dem ersten Evakuieren mit einem Drahtnetz bewehrt oder in einen Abzug gestellt werden, um eine potenzielle Gefährdung durch Fabrikationsfehler oder Implosion zu minimieren. Der Transport evakuierter Exsikkatoren sollte vermieden werden. Bei feuchtigkeitsempfindlichen Substanzen im Exsikkatorraum kann das Belüften über ein Trockenrohr mit wasserfreiem Kalziumchlorid erfolgen.

Adsorber-Filterbehälter zur Gasreinigung Blau-Gel-Granulat-Sorbens

Daneben gibt es eine Reihe von Normen, die sowohl die Ausführung als auch den Umgang mit Exsikkatoren und Exsikkatormaterialien regeln. Materialparameter zur Exsikkatorauswahl im Lebensmittelbereich sind in der DIN EN ISO 13130 festgelegt. Eine Übersicht zur Einstellung definierter relativer Luftfeuchten mit Salzlösungen bietet die Norm ASTM E104 der American Society for Testing and Materials.

Für Spezialanwendungen, etwa in Hochsicherheitslaboratorien, müssen Exsikkatoren speziell zertifiziert werden, insbesondere wenn sie zur Lagerung radioaktiver Substanzen verwendet werden. Für die Lagerung entflammbarer Materialien und die damit verbundenen Brandschutzrichtlinien gilt die Norm NFPA 45 der National Fire Protection Association, USA. Im pharmazeutischen Bereich definiert die US-Pharmacopeia-Richtlinie USP 800 die spezifischen Anforderungen für die Lagerung von Arzneimitteln mit Gefährdungspotenzial.

Alternativen zur Verwendung von Exsikkatoren

Als Alternativen zu Exsikkatoren bieten sich beispielsweise Trockenschränke oder Vakuumtrockenschränke an. Diese sind besonders dann vorteilhaft, wenn die Materialmengen die Kapazität eines Exsikkators übersteigen.

In bestimmten Fällen kann auch auf die Gefriertrocknung mit Lyophilisatoren (lateinisch lyophil = leicht Lösungsmittel aufnehmend) zurückgegriffen werden, die sich vor allem in der Pharmazie, Biologie und Lebensmitteltechnologie bewährt haben. Bei der Gefriertrocknung wird die Feuchtigkeit aus dem gefrorenen Material durch Sublimation entfernt, indem das Wasser direkt von der festen Eisphase in die Dampfphase übergeht, ohne zwischendurch flüssig zu werden. Dieser Effekt ist bekannt vom Trocknen gefrorener Wäsche im Winter oder der Herstellung von Instantkaffee. Ausschlaggebend für den Einsatz der Alternativen sind die Kosten, die Trocknungskapazität sowie die Menge des Materials und der Proben.

Fazit

Exsikkatoren gehören zu den wichtigsten Laborgeräten, wenn es um die Trocknung oder Lagerung von Stoffen unter definierten Bedingungen geht. Sie finden in vielen Wissenschaftsdisziplinen Anwendung. Durch Modifikation der Grundausführung hat sich ihr Anwendungsspektrum stetig erweitert und sie sind auch für viele Spezialanwendungen geeignet. Im Bereich kleiner Proben sind sie eine gute Alternative zu höherwertigen Trocken- und Vakuumschränken.

Bildquellen:
Beitragsbild | © MdBabul – stock.adobe.com
Vakuumexsikkator mit Lochblech | © Cjp24, CC BY-SA 3.0 <https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0>, via Wikimedia Commons

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