Der Unterschied zwischen Adsorption und Absorption

Die beiden Begriffe Adsorption und Absorption beschreiben Prozesse, die an der Grenzfläche zwischen zwei Phasen stattfinden. Bei der Adsorption lagern sich Gase oder Flüssigkeiten, die Adsorbate, an die Oberfläche eines Feststoffes, des Adsorbens, an. Bei Absorption dagegen dringen Atome, Moleküle oder Ionen eines Gases oder einer Flüssigkeit, die Absorbate, in das Volumen einer flüssigen oder festen Phase, des Absorbens, ein.

Was bedeutet Adsorption?

Der Begriff Adsorption leitet sich vom lateinischen Wort „adsorbere“ ab, das „an sich ziehen“ bedeutet. Die Atome oder Moleküle im Innern eines Festkörpers werden durch die Bindungskräfte, die in allen drei Raumrichtungen zwischen ihnen wirken, zusammengehalten.

Atome oder Moleküle an der Oberfläche dagegen verfügen über freie Valenzen, über die sie Gase oder gelöste Stoffe anziehen oder binden können. Je nach Art der Bindung der Adsorbate an die adsorbierende Oberfläche unterscheidet man zwischen physikalischer Adsorption, der Physisorption, und chemischer Adsorption, der Chemiesorption.

Was versteht man unter Physisorption?

Die physikalische Adsorption beruht auf schwachen, längeren Wechselwirkungen wie Van-der-Waals-Kräften, Wasserstoffbrückenbindungen oder Dipol-Dipol-Wechselwirkungen zwischen Adsorbat und Oberfläche. Chemische Bindungen der Adsorbat-Moleküle bleiben dabei erhalten. Wegen der längeren Wirkung der schwachen Bindungskräfte können sich mehrere Adsorptionsschichten ausbilden.

Die Bindungsenergie ist bei der Physisorption relativ niedrig, weniger als 100 kJ/mol. Treffen Atome oder Moleküle auf einer Festkörperoberfläche auf, können sie reflektiert werden oder adsorbieren an der Oberfläche. Werden die Teilchen adsorbiert, geben sie kinetische Energie in Form von Wärme ab. Es handelt sich dabei um eine exotherme Reaktion.

Die physikalische Adsorption ist reversibel, es bildet sich ein Gleichgewicht aus zwischen adsorbierenden und desorbierenden Teilchen. Dieses Gleichgewicht ist abhängig von der Größe der adsorbierenden Oberfläche, der Temperatur und der Konzentration des Adsorbats beziehungsweise im Falle von Gasen von dem Partialdruck des Gases. Zu Beginn ist die Adsorptionsrate relativ hoch, nimmt jedoch mit zunehmender Oberflächenbelegung ab bis ein Gleichgewicht erreicht ist. Die Desorption kann durch Temperaturerhöhung oder Druckverringerung erfolgen.

Wegen ihrer großen Oberfläche werden häufig Materialien wie Aktivkohle, Aktivkoks, Silicagel oder Molekularsieb-Sorbentien als Adsorbenzien eingesetzt.

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Diese Granulate und Sorbentien werden bei der Filtration in Filtergehäusen eingesetzt, beispielsweise zur Gasreinigung.

Was versteht man unter Chemiesorption?

Bei der Chemisorption werden chemische Bindungen zwischen Adsorbat- und Adsorbens-Molekülen oder Atomen geknüpft. Dadurch können das Adsorbat und das Adsorbens chemisch verändert werden. Die Bindungsenergien liegen hier bei etwa 800 kJ/mol.

Chemisorption ist meistens irreversibel, also keine Gleichgewichtsreaktion, eine Desorption kann oft nur bei höheren Temperaturen stattfinden. Die chemisch adsorbierte Schicht besteht aus maximal einer Monolage. Viele Prozesse der heterogenen Katalyse basieren auf der chemischen Adsorption. Edukte adsorbieren an einem Katalysator und werden dadurch in einen aktivierten Zustand überführt. Chemische Reaktionen mit anderen Reaktionspartnern können so leichter ablaufen.

Was beutet Absorption

Der Begriff Absorption leitet sich vom Lateinischen „absorbere“ ab und bedeutet „verschlingen“ oder „verschlucken“.

Dabei versteht man in der Physik unter Absorption die Abschwächung von elektromagnetsicher Strahlung oder Schallwellen beim Durchgang durch ein Material. Absorption in der Chemie bedeutet die gleichmäßige Verteilung eines Stoffes in einem anderen wie das Lösen von Feststoffen oder Gasen in Flüssigkeiten.

Absorption in der Physik

Trifft elektromagnetische Strahlung wie zum Beispiel Licht auf ein Medium, wird Energie absorbiert. Dabei werden Elektronen des absorbierenden Mediums in einen höheren Energiezustand versetzt. Die aufgenommene Energie kann anschließend in anderer Form wie zum Beispiel Wärme wieder abgegeben werden.

Werden nicht alle Wellenlängen gleichmäßig absorbiert, erscheint das Medium farbig. So absorbiert Chlorophyll, ein natürlicher Farbstoff, hauptsächlich violettes, orangenes, blaues und gelbes Licht, grünes Licht wird reflektiert. Deshalb erscheinen uns Pflanzenblätter grün.

Die absorbierte Energie wird von Chlorophyllmolekülen aufgenommen und dient der Produktion von Zucker und Sauerstoff durch Photosynthese.

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In der Spektroskopie mit Hilfe von Küvetten wird die Absorption von Strahlung in Abhängigkeit von der Wellenlänge benutzt, um Gase, Flüssigkeiten oder Feststoffe anhand der aufgenommenen Spektren zu identifizieren. In der Photovoltaik wird das absorbierte Sonnenlicht in elektrische Energie umgewandelt. Bei photochemischen Reaktionen wirkt das absorbierte Licht als Initiator. Sonnencremes enthalten verschiedene Bestandteile, die das UV-Licht reflektieren, streuen oder absorbieren.

Absorption in der Chemie

Wie bei der Adsorption unterscheidet man bei der Absorption in der Chemie chemische und physikalische Absorption. Bei der physikalischen Absorption wird zum Beispiel Wasser in einem Schwamm oder Kohlenstoffdioxid in Hexan aufgenommen, wobei keine chemischen Bindungen geknüpft werden. Bei der chemischen Absorption findet das Lösen des Absorbats in dem Lösungsmittel durch chemische Reaktionen statt. Beispiele für chemische Absorptionen sind die Reaktionen von Ammoniak in Wasser zu Ammoniumhydroxid und Chlorwasserstoff mit Wasser zu Salzsäure.

Adsorption und Absorption in Reinigungsverfahren

In der Wasseraufbereitung entfernen Filter mit Aktivkohle durch Adsorption Farbstoffe und adsorbierbare, halogenierte Kohlenwasserstoffe, abgekürzt AOX wobei der Buchstabe X für ein Halogen steht. Anreicherung des Wassers mit Luftsauerstoff, Chlor oder Ozon findet durch Absorption statt.

Auch bei der Entschwefelung von Rauchgas werden beide Prozesse genutzt. Bei der regenerativen Rauchgasentschwefelung adsorbieren Schwefeloxide an Aktivkoks. Dabei durchströmt das Rauchgas einen Adsorber von unten nach oben, während der Aktivkoks von oben nach unten bewegt wird. Der beladene Aktivkoks wird anschließend in einem thermischen Prozess regeneriert. Das dabei freiwerdende Schwefeldioxid kann zur Schwefelsäureherstellung verwendet werden.

Aktivkohle eignet sich aufgrund seiner hohen Porosität und Oberfläche hervorragend als Adsorbens
Aktivkohle eignet sich aufgrund seiner hohen Porosität und Oberfläche hervorragend als Adsorbens

Bei nicht regenerativen Verfahren wird das Rauchgas durch einen Gaswäscher oder Absorber, der Calciumcarbonat und Calciumoxid enthält, meist im Gegenstrom geleitet. Die Schwefeloxide bilden mit den Calciumionen Calciumsulfit, das durch Zugabe von Sauerstoff zu Calciumsulfat oxidiert. Der Unterschied zwischen Adsorption und Absorption bei der Rauchgasentschwefelung liegt darin, dass adsorbierte Schwefeloxide wiederverwertet werden, während Gips als Abfallprodukt anfällt.

Bei der Reinigung von Rohbiogas wird Schwefelwasserstoff durch Adsorption an Aktivkohle oder eisenhaltigem Filtermaterial entfernt. Bei der Druckwasserwäsche wird das Rohbiogas in einem Absorber unter Druck in Wasser gereinigt, wobei sich Kohlendioxid und andere störende Gase in dem Wasser lösen.

In der Halbleitertechnologie entstehen korrosive und giftige Gase wie Trichlorsilan, Bromwasserstoff, Bortrichlorid und flüchtige organische Verbindungen. Mittels Trockenbettabsorption beziehungsweise -adsorption, die Aktivkohle oder speziell entwickelte Granulate enthalten, können die Abgase gereinigt werden.

In der Chemie hat sich die Adsorptionschromatographie zur Trennung, Reinigung und Analyse von Gemischen als eine wertvolle Methode etabliert.

Adsorption als Trocknungsverfahren

Trocknungsmittel werden in der Industrie verwendet, um Produkte vor Feuchtigkeit zu schützen. Dabei kommen Silicagel, Tonmineralien (Bentonit) oder Molekularsiebe zum Einsatz, an die Wassermoleküle adsorbieren.

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Wohl jeder kennt die kleinen, mit Silicagel gefüllten Papiertütchen, die Warensendungen beiliegen. Auch Katzenstreu und Exsikkatoren in der Chemie enthalten Silicagel. Bentonit dient im Bauwesen zur Abdichtung, in der Getränkeindustrie zum Ausfällen von Schwebeteilchen und ist Grundstoff für viele Kosmetika. Molekularsiebe finden in der Chemie hauptsächlich bei Trocknung von Gasen und vieler Lösungsmittel Anwendung.

Adsorption in der heterogenen Katalyse

Viele Grundchemikalien werden durch heterogen-katalysierte Prozesse hergestellt. Beispiele dafür sind die Ammoniak-Synthese aus Wasserstoff und Stickstoff an Eisen-/Aluminiumoxid-Katalysatoren nach dem Haber-Bosch-Verfahren, die Schwefelsäureherstellung aus Schwefeldioxid und Sauerstoff an Vanadiumoxid-Katalysatoren nach dem Kontaktverfahren, die Olefin-Polymerisation an Ziegler-Natta-Katalysatoren oder die Salpetersäureherstellung aus Ammoniak und Sauerstoff an Platin/Rhodium-Netzen nach dem Ostwaldverfahren.

Auch die Abgasreinigung von Automobilen beruht auf chemischer Adsorption. Der Katalysator besteht aus keramischem Material, das mit Edelmetallen wie Platin oder Rhodium beschichtet ist. An der Oberfläche des Katalysators adsorbieren Kohlenmonoxid und Stickoxide und reagieren zu Kohlendioxid und Stickstoff.

Adsorption und Absorption in Kältemaschinen

Bei konventionellen Kompressionskältemaschinen erfolgt die Verdichtung des gasförmigen Kältemittels durch einen Kompressor. Bei Absorptionskältemaschinen nimmt eine flüssige Lösung das Kältemittel auf. Dieses Gemisch wird anschließend erhitzt, sodass Druck und Temperatur steigen. Bei Adsorptionskältemaschinen lagert sich das Kältemittel an einen Feststoff an. Die Druck- und Temperaturerhöhung erfolgt hier ebenfalls durch Wärme. Die Anschaffungskosten dieser beiden Kältemaschinen sind deutlich höher als die Kompressionskältemaschinen, sie sind jedoch rentabler, wenn Abwärme aus Kraftwerken, Müllverbrennungsanlagen oder Biogasanlagen verfügbar sind.

Adsorption begegnet uns im Alltag in vielfältiger Weise, sei es in der Dunstabzugshaube, Zigarettenfiltern oder Kohlesäurebläschen an. Auch Absorption erleichtert unseren Alltag in Form von Schwämmen und Windeln, süßt Kaffee und Tee oder verändert den Geschmack von Speisen durch Salz.

Bild-Quellen: 
Beitragsbild | © artemidovna – stock.adobe.com
Aktivkohle | © eaumstocker – stock.adobe.com

Über Dr. Stefanie Schiestel

Stefanie Schiestel hat an den Universitäten Saarbrücken und Heidelberg Chemie studiert und an der Universität Heidelberg promoviert. Anschließend hat sie sieben Jahre am Naval Research Institute in Washington D.C. gearbeitet und ist seitdem in den Bereichen Beschichtung und Analytik tätig. Seit 2021 hat sie für das Online-Magazin der Reichelt Chemietechnik mehr als 50 Beiträge verfasst.