Im chemischen Labor sind viele Normen zu beachten, unter anderem für Normschliffe von Laborgeräten oder Behältern aus Glas. Normschliffe sorgen dafür, dass sich Glasgeräte und Behälter, wie Kolben und Liebigkühler, zuverlässig verbinden und verschließen lassen. Schliffe finden Anwendung bei Destillations- und Extraktionsanlagen, Rotationsverdampfern, Glasstopfen oder Exsikkatoren.
Kegelschliffe – die häufigste Schliffverbindung
Bei diesen Normschliffen ist die Verbindungsfläche zwischen Kern und Hülse kegelförmig, wie in nachfolgender Abbildung gezeigt.
Eine Kegelschliff-Verbindung ist vakuumtauglich und starr, weshalb auf einen spannungsfreien Aufbau geachtet werden muss. Der Verbindung kann zusätzlich durch eine Schliffklammer gesichert werden.
Die Bezeichnung der Größe erfolgt durch die Buchstaben NS, die Abkürzung für Normschliff, gefolgt von zwei Maßen, wobei die erste Zahl den größeren Durchmesser d2 und die zweite Zahl die Länge des Kerns angibt. Maße und Toleranzen von Kegelschliffen sind in der Norm DIN 12242 definiert.
Der kleinste Normschliff ist NS 5/13, der größte NS 85/55. Am häufigsten werden die Normschliffe NS 14/23 und NS 29/32 verwendet. Im Laborjargon wird meist die Schliffhöhe weggelassen und man spricht nur „14er“ oder „29er“ Schliff. Um Rundkolben und andere Laborbehälter mit Normschliff-Hülse sicher zu verschließen, können entsprechende Laborstopfen verwendet werden.
Neben den mittellangen Schliffen werden auch Langschliffe gefertigt. Ein Langschliff mit Durchmesser 14 mm hat eine Länge von 35 mm, bei einem Durchmesser von 29 mm beträgt die Länge 42 mm. Wegen ihrer größeren Dichtfläche werden Langschliffe bei Arbeiten im Vakuum bevorzugt.
Abdichten von Kegelschliff-Verbindungen
Um die Glasverbindung abzudichten und ein „zusammenbacken“ zu verhindern, wird der Schliff eingefettet, beispielsweise mit Fetten aus Silikonen. Anstelle von Fetten werden heute vermehrt Schliffmanschetten und Dichtringe aus PTFE (Polytetrafluorethylen) eingesetzt. Solche Schliffdichtungen aus Kunststoffen sind wartungsarm, chemisch beständig, wiederverwendbar und erleichtern das Lösen der Verbindung.
Verbindung unterschiedlicher NS-Größen
Glasgeräte mit Schliffen unterschiedlicher Größen können mit Übergangsstücken, die in der Norm 12257 festgelegt sind, verbunden werden. Ein Reduzierstück verbindet einen großen Kern mit einer kleineren Hülse, zum Beispiel einen 19er Kern mit einer 14er Hülse. Das Gegenstück, also kleiner Kern auf große Hülse, wird als Expansionsstück bezeichnet.
Kegelschliffe werden häufig im chemischen Labor verwendet. Beispiele für Glasgeräte mit diesem Normschliff sind Laborbehälter wie Rundkolben, Messkolben, Rückflusskühler, Destillationsbrücken, Tropftrichter sowie Glasstopfen.
Wo Zylinderschliffe eingesetzt werden
Bei Zylinderschliffen entspricht die Verbindungsfläche der Form eines Zylinders. Die Verbindung dieser Normschliffe ist nicht fest, Kern und Hülse lassen sich gegeneinander axial bewegen bzw. drehen. Zylinderschliffe findet man in Glasspritzen, die zur Dosierung von Gasen eingesetzt und als Kolbenprober bezeichnet werden.
Ebenso finden sich Zylinderschliffe als Führung für drehbare Stäbe wie KPG-Rührer, die Abkürzung für Kerngezogenes Präzisions-Glasgerät. KPG-Rührer bestehen aus einer Rührhülse und einer Rührwelle mit Präzisions-Zylinderschliff, sodass sich die Welle passgenau in der Hülse drehen kann. Diese Laborgeräte aus Glas werden zum Rühren von Flüssigkeiten verwendet, wenn Magnetrührer nicht ausreichen.
Dies ist der Fall beim Rühren von viskosen Flüssigkeiten, wenn während der im Rührbehälter ablaufenden Reaktion ein Feststoff entsteht, eine hohe Rührgeschwindigkeit notwendig ist oder mit einem großen Reaktionsansatz gearbeitet wird.
Kugelschliffe – die flexiblen Schliffe
Anstelle von Kern und Hülse bestehen Kugelschliffe aus Kugel und Schale, mit kugelförmigen Verbindungsflächen, die sich um den Mittelpunkt der Kugel frei gegeneinander bewegen können. Dadurch sind diese Schliffverbindungen flexibler als andere, müssen jedoch durch Schliffklemmen gesichert werden.
Die Bezeichnung von Kugelschliffen erfolgt mit dem Buchstaben S, aus dem englischen „spherical“, und dem gerundeten Kerndurchmesser. Diese Normschliffe werden in den Größen von S 13 bis S 64 angeboten. Neben Übergangsstücken für unterschiedlich große Kugelschliffe gibt es auch Übergangsstücke von Kugel- auf Kegelschliff und umgekehrt.
Kugelschliffe sind teurer als andere Schliffe, haben jedoch den Vorteil, dass sie nicht „verbacken“ können, sich also nicht derartig verkanten, dass sie nur noch schwer gelöst werden können. Diese Normschliffe sind an Kolben, die mit Rotationsverdampfern verbunden sind, an Vakuumfallen und an Kondensatabscheidern von Membranpumpen zu finden.
Planschliffe
Planschliffe zeichnen sich durch völlig ebene Schliffflächen aus. Sie lassen sich nicht ineinander stecken und sind radial frei beweglich. Die Maße von und Anforderungen an Rohrenden und Deckel mit Planschliff sind in der Norm DIN 12214 festgelegt. Im Laborbedarf sind runde, genormte Planschliffe mit Durchmessern von 35, 60, 100, 120, 150 und 200 mm erhältlich. Diese Normschliffe finden Anwendung bei Exsikkatoren, Planschliffdeckel von Glasreaktoren und Vakuumglocken.
Arten von Schliffklemmen
Eine Schliffklemme verhindert das Auseinandergleiten von Kern und Hülse bei Zug- oder Druckbelastung. Im Laborbedarf sind Schliffklemmen aus Metall oder Kunststoff erhältlich. Kunststoffklammern bestehen meist aus Polyoxymethylen (POM), das sich durch eine gute chemische Beständigkeit und Autoklavierbarkeit auszeichnet und bei Temperaturen bis +150 °C verwendet werden kann.
Diese Sicherheitsklammern sind nach Größe farblich kodiert, verbiegen sich nicht und eignen sich sowohl für Kegel- als auch Kugelschliffe. Sie sind auch unter dem Namen Keck-Clip bekannt, nach dem deutschen Chemiker Hermann Keck (1919 – 2010), der dafür 1984 ein Patent erhielt.
Auch Schliffklemmen aus PTFE mit gekapselter Stahlfeder werden angeboten, ebenso wie Ausführungen aus metallischen Legierungen wie V2A Federstahl, die nach dem Funktionsprinzip von Wäscheklammern angebracht und zusätzlich durch eine Feststellschraube mit Rändel gesichert werden können.
Verschiedene Schliffstopfen
Zum Verschließen von Glasgeräten werden Schliffstopfen, hauptsächlich mit Kegelschliff, verwendet. Sie bestehen aus Kunststoff wie Polypropylen (PP), Polyethylen niedriger Dichte (PE-LD) und PTFE oder Glas und sind meist mit einem Sechs- oder Achtkantdeckel ausgestattet.
Glasschliffstopfen können massiv oder hohl geformt sein, wobei hohle Stopfen leichter sind, aufgrund der aufwendigeren Fertigung aber auch teurer. Hohle Schliffstopfen sind mit flachem oder spitzem Boden erhältlich. Glasschliffstopfen werden aus Klar- und Braunglas angeboten.
Herstellung von Normschliffen
Um die Anforderungen der Normen an Maße und Toleranzen zu erfüllen, sind sowohl ein aufwendiger Produktionsprozess als auch eine sorgfältige Qualitätskontrolle notwendig. Zuerst wird Rohrglas bis zum zähflüssigen Zustand erhitzt und mit einer Glasverformungsmaschine ein Schliff-Rohling hergestellt. In mehreren Schritten werden Hülse und Kern bis zur erforderlichen Rauigkeit geschliffen. Überprüft werden die Konizität, Rundheit, Wandstärke und Rauigkeit.
Normschliffe spielen vor allem in der präparativen, organischen Chemie eine wichtige Rolle. Sie ermöglichen den Aufbau komplexer Glasapparaturen für die Synthese, Reinigung und das Aufkonzentrieren chemischer Verbindungen.
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