AOX-Werte bestimmen – Wasserverschmutzung messen

Summenparameter spielen bei der Analyse von Wasserproben aus Trink-, Oberflächen-, Grund- und Abwasser sowie Klärschlamm eine wichtige Rolle. Bei der Bestimmung von Summenparametern wird eine Vielzahl von Einzelsubstanzen zusammen erfasst, ohne diese anzugeben. Der Vorteil gegenüber der Einzelstoffanalytik liegt in dem geringeren analytischen Aufwand und den damit verbundenen Kosten. Behörden überwachen mit Summenparametern Klär- und Abwasseranlagen. Die chemische und petrochemische Industrie führt damit Qualitätskontrollen durch.

Was sind AOX-Werte?

Der AOX-Wert ist ein Summenparameter, der adsorbierbare organisch gebundene Halogenverbindungen, englisch „adsorbable organic halogen compounds“, zusammenfasst. Dabei steht das X für ein beliebiges Halogen, mit Ausnahme von Fluorverbindungen.

Organische Flurverbindungen werden bei der Bestimmung nicht erfasst. Die AOX-Bestimmung wurde in den 1970er Jahren entwickelt und ist seit 1985 ein Standardparameter in der Liste der Deutschen Einheitsverfahren zur Wasser-, Abwasser- und Schlammuntersuchung.

Halogenorganische Verbindungen besitzen eine Dichte größer als 1 g/ml, damit sinken sie bei Unfällen oder Undichtigkeiten ab und können bis in die tiefsten Stellen des Grundwassers gelangen. Zu den organischen Halogenverbindungen gehören viele toxische und persistente Verbindungen mit sehr unterschiedlichen Wirkungen.

Das Abwasserabgabengesetz und die Klärschlammverordnung schreiben die Bestimmung der AOX-Werte vor. Die Angabe erfolgt in mg/kg Trockenmasse der Prüfsubstanz beziehungsweise Trockenmasse Klärschlamm oder in mg/kg. Der Grenzwert von Klärschlamm, der auf landwirtschaftlich genutzte Flächen aufgebracht wird, darf nach der Klärschlammverordnung nicht mehr als 500 mg je kg Klärschlamm-Trockenmasse betragen. Der AOX-Grenzwert im Abwasser beträgt 0,1 mg/l. In typischen häuslichen Abwässern liegt der AOX-Wert zwischen 0,05 und 0,1 mg/l.

AOX-Werte bestimmen

Die AOX-Messung und Probenvorbereitung ist in der Norm DIN EN ISO 9562 festgelegt. Die Proben können nach der Schüttel- oder Säulenmethode vorbereitet werden. Bei beiden Methoden werden die organischen Halogenverbindungen an Aktivkohle-Granulaten adsorbiert. Bei der Schüttelprobe werden Probe und Aktivkohle für eine definierte Zeit geschüttelt und anschließend filtriert. Bei der Säulenmethode wird die wässrige Probe durch eine mit Aktivkohle gefüllte Säule gedrückt.

REM-Aufnahme von Aktivkohle: Ein poröser Kohlenstoff, der aufgrund seiner sehr großen inneren Oberfläche als Adsorptionsmittel zum Einsatz kommt
REM-Aufnahme von Aktivkohle: Ein poröser Kohlenstoff, der aufgrund seiner sehr großen inneren Oberfläche als Adsorptionsmittel zum Einsatz kommt

Bei der Probenvorbereitung müssen zusätzlich folgende Parameter beachtet werden: der pH-Wert, der Gehalt an anorganischem Chlorid, der gelöste organische Kohlenstoff (DOC) sowie die Anwesenheit von Oxidationsmitteln. Damit die Adsorption an Aktivkohle erfolgt, sollte der pH-Wert gleich oder kleiner 2 sein. Der Gehalt an anorganischem Chlorid sollte weniger als 1 g/l betragen, da höhere Chlorid-Konzentrationen zu Überbefunden führen. Ein DOC-Gehalt höher als 10 mg/l stört die Adsorption und resultiert in Unterbefunden. Oxidationsmittel müssen vorher mit Natriumsulfit reduziert werden.

Nach der Probenvorbereitung wird die beladene Aktivkohle in Sauerstoffatmosphäre bei mindestens +950 °C verbrannt. Aus den adsorbierten halogenorganischen Verbindungen entstehen Halogenwasserstoffe neben anderen Verbrennungsprodukten wie Wasser, Stick- und Schwefeloxide.

Das entstandene Wasser wird mit konzentrierter Schwefelsäure aus dem Gasstrom entfernt, die restlichen Gase durch eine Essigsäurelösung geleitet. Mit microcoulometrischer Titration mit Silberionen wird der Halogengehalt bestimmt.

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Was sind AOX-Verbindungen?

Organische Halogenverbindungen kommen auch in der Natur vor. Bisher wurden 2320 natürlich vorkommende organische Chlor-, 2050 Brom-, 115 Iod- und 34 Fluorverbindungen identifiziert. Sie werden von Bakterien, Pilzen, Pflanzen und Tieren produziert. Synthetische AOX-Verbindungen sind vor allem als Schadstoffe bekannt geworden, wie zum Beispiel DDT, Dioxine, polychlorierte Biphenyle (PCBs) oder Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKWs). Sie können direkt in Gewässer, Abwässer oder Luft gelangen, wie zum Beispiel als Pflanzenschutzmittel aus der Landwirtschaft, als Reinigungsmittel aus Industrie und Haushalt oder beim Verschrotten alter Kühlschränke.

Welche Verbindungen zählen zu den AOX?

Chlorhaltige organische Verbindungen

Die meisten AOX-Verbindungen enthalten Chlor wie Dichlormethan (CH2Cl2), Chloroform (CHCl3), Tetrachlorkohlenstoff (CCl4), Tetrachlorethylen (C2H2Cl4), Chlorphenole und Chlorbenzol. Sie dienen als Lösungs-, Extraktions- und Textilreinigungsmittel sowie als Ausgangsstoffe für Polymere, aus denen beispielsweise Kunststoffschläuche, Gummischläuche und Halbzeuge gefertigt werden.

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Chemische Reinigungen verwenden Tetrachlorethylen als Reinigungsmittel. Die Abwasserverordnung schreibt für diese Abwässer einen Grenzwert von 0,5 mg/l vor. Die Einleitung der Abwässer in die Kanalisation muss in allen Bundesländern und Kommunen beantragt werden. Um AOX-Werte zu senken, werden Aktivkohlefilter in Kombination mit Filtergehäusen oder Sicherheitsabscheider eingesetzt. Tetrachlorethylen besitzt eine höhere Dichte als Wasser und setzt sich unten ab.

Früher wurde zum Bleichen von Papier elementares Chlor verwendet, was die Abwässer mit organischen Chlorverbindungen stark belastete. Je höher die AOX-Werte im Abwasser, desto mehr Sauerstoff wird benötigt, um die Chlorverbindungen abzubauen. Um die AOX-Werte zu senken, werden heute zum Bleichen von Papier andere Chlorverbindungen wie Chlordioxid oder Hypochlorid, aber auch die Sauerstoffverbindungen Ozon und Wasserstoffperoxid verwendet. Der AOX-Wert bildet für Zellstoffe die Grundlage für die Einteilung in chlorgebleicht, elementchlorfrei (ECF) und total chlorfrei (TCF) gebleicht. Bezogen auf die Herstellung von einer Tonne Zellstoff betragen die AOX-Werte bei chlorgebleichten Papieren mehr als 400 g, bei ECF-Papieren zwischen 100 und 400 g und bei TCF-Papieren weniger als 100 g.

Am 17. Mai 2004 trat die Stockholmer Konvention in Kraft, eine Übereinkunft über völkerrechtlich bindende Beschränkungs- und Verbotsmaßnahmen für bestimmte langlebige organische Schadstoffe. Zu diesen Giftstoffen, auch als Dreckiges Duzend oder Englisch dirty dozen bekannt, zählen die Insektizide DDT, Chlordan, Aldrin, Dieldrin, Endrin, Heptachlor, Mirex, Toxaphen und Hexachlorbenzol sowie Polychlorierte Biphenyle (PCB), Dioxine und Furane.

Bromhaltige organische Verbindungen

Bis vor einigen Jahren waren organische Bromverbindungen als Flammschutzmittel bedeutend. Sie wurden in Elektro- und Elektronikgeräten, Leiterplatten, Kunststoffen, Textilien, Haushaltsgeräten und Dämmmaterialien verwendet. Seit 2008 wurde die Anwendung von bromhaltigen Flammschutzmitteln durch die EU-Verordnung REACH für die Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung von Chemikalien stark eingeschränkt, da diese Verbindungen sehr persistent sind und zur Akkumulation neigen.

Bis in die 1980er Jahre wurde in der Pflanzenzucht Methylbromid als Begasungsmittel genutzt, was hohe Rückstandswerte in Pflanzen, eine Anreicherung im Boden und einen Übergang ins Grundwasser zur Folge hatte. Da die Einhaltung der geforderten Grenzwerte von 50 ppm für Salat beziehungsweise 30 ppm für alle anderen Gemüsesorten nicht gewährleistet werden konnte, hat die Biologische Bundesanstalt 1976 die Wiederzulassung von Methylbromid als Begasungsmittel nicht vorgenommen.

Adsorptionsfilter mit Aktivkohlegranulat Filtergehäuse aus SAN

In der Medizin dienen die bromhaltigen Verbindungen Bromhexin und Ambroxol als schleimlösende Hustenmittel. Das Narkosemittel Halothan enthält neben Brom auch Fluor und Chlor. Eosin, das bakterizid und fungizid wirkt, wird als Ersatzmittel für Mercurochrom zur Wunddesinfektion und Wundheilung verwendet.

Iodhaltige organische Verbindungen

Organische Iodverbindungen werden hauptsächlich in der Medizin angewandt. In der Zahnmedizin wird Iodoform (CH3I) als Desinfektionsmittel zur Wundeinlage mit einem Gazestreifen verwendet. Die Schilddrüse produziert das Hormon Thyroxin, das zwei Iodatome enthält. Bei Schilddrüsenunterfunktion wird das iodhaltige Thyroxin verabreicht. Aromatische Iodverbindungen dienen in der Diagnostik als Röntgenkontrastmittel. Abwässer von Krankenhäusern mit diagnostischen Abteilungen zeigen oft deutlich erhöhte AOX-Werte bis zu 0,94 mg/l.

Kritik an der Bedeutung von AOX-Werten

Allerdings sind AOX-Werte umstritten, da sie nicht zwischen den einzelnen Halogenverbindungen differenzieren und keine Aussage zur Ökotoxizität machen. Deshalb besteht Forschungsbedarf, welche AOX-Verbindungen welche Schädigungen verursachen. Dennoch leisten AOX-Werte einen wichtigen Beitrag, um Gewässer, Abwässer und Klärschlamm zu beurteilen und AOX-Quellen wie defekte Abwasserkanäle oder industriell gelagerte Abfälle zu identifizieren. Damit tragen sie dazu bei, toxische AOX-Verbindungen zu verhindern und zu vermeiden.

Bild-Quellen: 
Beitragsbild | © iamtheking33 – stock.adobe.com
REM-Aufnahme von Aktivkohle | © Mydriatic, CC BY-SA 3.0 <https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0>, via Wikimedia Commons