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Die REACH-Verordnung als Maßstab für Produktionsstandards

Um den Schutz von Verbrauchern und Umwelt vor Gefahrstoffen in der EU zu gewährleisten, gibt es eine Reihe von Richtlinien und Verordnungen, wobei keine davon so umfassend für nahezu alle Produktgruppen, chemische Stoffe, Chemikalien, Stoffgemische gilt, wie die REACH-Verordnung.

Was ist REACH?

Die REACH-Verordnung (EG-Verordnung Nr. 1907/2006) ist seit über 10 Jahren, seit dem Jahr 2007, in Kraft. Der Name REACH steht für „Registration, Evaluation, Authorisation and Restriction of Chemicals“ ( deutsch: Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe).

Im Gegensatz zu Richtlinien müssen Verordnungen nicht in die nationale Gesetzgebung umgesetzt werden, sondern sind unmittelbar für alle europäischen Mitgliedsstaaten gültig. Eine der neueren Verordnungen ist beispielsweise die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO, 2016/679), die die Verarbeitung personenbezogener Daten und Informationen regelt.

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Durch die REACH-Verordnung wurde die Beurteilung von Stoffinformationen in der EU komplett überarbeitet und harmonisiert. Zur Verwaltung wurde die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) mit Sitz in Helsinki eingerichtet. Die Kontrolle und der Vollzug sind hingegen Aufgabe der europäischen Mitgliedsländer. In Deutschland fällt dies in den Zuständigkeitsbereich der einzelnen Bundesländer, z. B. der Gewerbeaufsichtsämter.

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Als eines der strengsten Chemikaliengesetze der Welt wurde die europäische REACH-Verordnung  zum Schutz der Gesundheit von Verbrauchern und Umwelt eingeführt. Gleichzeitig soll sie die Verwendung von alternativen, weniger gefährlichen Stoffen fördern. Mit ihrer Hilfe soll zudem die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Chemikalienhersteller innerhalb Europas sichergestellt werden, da für importierte Stoffe dieselben strengen Anforderungen gelten, wie für in der EU hergestellte Stoffe. Ob die REACH-Anforderungen hingegen auf dem Weltmarkt durch erhöhten Aufwand und Kosten einen Nachteil für die europäische Chemieindustrie darstellen, ist noch unklar. Dazu liegen noch keine gesicherten Informationen vor.

Definition „Chemischer Stoff“ im Gefahrstoffrecht

Zunächst soll hier klargestellt werden, was gemäß der EU-Gefahrstoffkennzeichnung ein chemischer Stoff ist. Üblicherweise wird in der Chemie der Begriff “chemischer Stoff“ sowohl für Reinstoffe als auch für Stoffgemische verwendet.

In der EU-Gefahrstoffkennzeichnung hingegen wird in Stoffe und Gemische unterschieden, wobei jedoch hier ein Stoff nicht in jedem Fall mit Reinstoff gleichzusetzen ist.

Laut Definition handelt es sich bei einem Stoff um ein „chemisches Element und seine Verbindungen in natürlicher Form oder gewonnen durch ein Herstellungsverfahren, einschließlich der zur Wahrung seiner Stabilität notwendigen Zusatzstoffe und der durch das angewandte Verfahren bedingten Verunreinigungen, aber mit Ausnahme von Lösungsmitteln, die von dem Stoff ohne Beeinträchtigung seiner Stabilität und ohne Änderung seiner Zusammensetzung abgetrennt werden können.“[1]

No Data, no Market – Keine Daten, kein Markt

Durch die REACH-Verordnung wurde die Verantwortung, die zuvor bei den Kontrollbehörden lag, auf die Unternehmen der Chemieindustrie, also Hersteller und Importeure und auch teilweise auf nachgeschaltete Anwender der Chemikalien, übertragen. Als nachgeschaltete Anwender werden zum Beispiel Unternehmen bezeichnet, die eine Chemikalie im Produktionsprozess verwenden oder ohne chemische Umsetzung weiterverarbeiten.

Blaue Faesser in der Chemieindustrie
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Diese Neuordnung hatte eine Beweislastumkehr zur Folge und ersetzte über 40 bislang bestehende Regelungen. Bevor ein neuer, chemischer Stoff auf den Markt gebracht werden darf, muss eine Registrierung vorliegen. Die Behörden sind für die Evaluierung verantwortlich, das heißt, sie verwalten die Registrierungen, aber prüfen davon stichprobenartig lediglich 5 % der Daten. Eine Studie des Umweltbundesamtes zeigte allerdings, dass ca. 60 % der Registrierungen nicht REACH – konform sind und fordert deshalb eine Erhöhung der Quote.[2]

Die Registrierung ist für chemische Stoffe und Gemische ab einer Jahresmenge von 1 t pro Hersteller vorgeschrieben und wird vom Importeur bzw. Hersteller bei der  „Europäischen Chemikalienagentur“ (ECHA) beantragt.

Die Unternehmen selbst sind für die Erfassung von relevanten Stoffinformationen im Rahmen eines technischen Dossiers zuständig. In diesem Dossier ist es erforderlich, zumindest folgende Informationen aufzuführen.[3]

  • Identität des Herstellers oder Importeurs, allgemeine Angaben über den Registrierungspflichtigen
  • Identifizierung des Stoffes
  • Angaben zu Herstellung und Verwendung
  • Einstufung und Kennzeichnung
  • Leitlinien für die sichere Verwendung
  • Studienzusammenfassungen

Bei höheren Mengen pro Jahr (Staffelung: 1 t, 10 t, 100 t, 1000 t) ist die Aufnahme zusätzlicher Informationen in den Stoffbericht vorgeschrieben. Neben dem technischen Dossier wird bei einer Jahresmenge von mehr als 10 t ein zusätzlicher Stoffsicherheitsbericht erforderlich. Nach einem erfolgreichen Registrierungsverfahren wird jeder Chemikalie eine eigene Registrierungsnummer zugewiesen.

Als „besonders besorgniserregende Stoffe“ (substances of very high concern; SVHC) werden Stoffe von der ECHA bezeichnet, von denen ein erhöhtes Risiko für die Gesundheit der Verbraucher und der Umwelt ausgehen. Eigenschaften wie Karzinogenität, Mutagenität, Persistenz oder Reproduktionstoxizität, wurden zuvor von der ECHA bewertet.

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Für SVHC-klassifizierte Stoffe kann eine spezielle Zulassung nötig sein, über die die EU-Kommission, also der Ausschuss der Mitgliedsstaaten, die Entscheidungsgewalt besitzt. Die Kandidatenliste dieser Stoffe und weitere Daten (Anhang XIV der REACH-Verordnung), sind unter diesem Link öffentlich zugänglich.

Jede Anwendung eines als SVHC eingestuften Stoffes setzt ein Zulassungsverfahren voraus. Generell kann die ECHA die Herstellung oder das Inverkehrbringen von Stoffen beschränken, sogar unabhängig davon, ob diese als SVHC eingestuft worden sind oder nicht.

Vorregistration und Registration

Im Rahmen der durch die REACH abgelöste Richtlinie 67/548/EWG wurde das „European Inventory of Existing Commercial Substances“ (EINECS) veröffentlicht, ein Verzeichnis aller zwischen 01.01.1971 und 18.09.1981 sich im Umlauf befindlichen Chemikalien. Die zeitgleiche Registrierung von insgesamt über 100.000 Stoffen hätte die Kapazitäten der ECHA und der Unternehmen überschritten, weshalb diese Stoffe, auch als „Phase-In-Stoffe“ bezeichnet, unter der Voraussetzung einer Vorregistration gesonderte Übergangsfristen erhielten. Je nach importierter Menge pro Jahr und pro Hersteller wurden in der Vorregistrierungsphase den Unternehmen bestimmte Fristen für die tatsächliche Registrierung zugebilligt, wobei die letzte für Mengen zwischen 1 t und 10 t erst zum 01.06.2018 abgelaufen ist.

Die ECHA hat es sich als Ziel gesetzt, Tierversuche auf ein Minimum zu reduzieren und gibt sie auf ihrer offiziellen Seite “nur als letzte Möglichkeit zur Erfüllung von Informationsanforderungen für Registrierungen“ an.[4] Die nachträgliche Registrierung der Chemikalien des EINECS führte jedoch bis heute zu einer Vielzahl an Tierversuchen, was von Tierschutzorganisationen, wie der PETA , kritisiert wird.[5]

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Die Vermeidung von Tierversuchen und allgemein von Mehrfachprüfungen der zu registrierenden Substanzen und Chemikalien sollte in erster Linie durch die Pflicht zum Informationsaustausches in sogenannten “Substance Information Exchange Forums“ (SIEF) erfolgen. Wenn Tierversuche an Wirbeltieren erfolgen, ist die Verwendung der SIEF-Daten vorgeschrieben.

Bedeutung für die Labor- und Betriebstechnik

Verarbeiter von chemischen Stoffen, die diese lediglich mit anderen Stoffen mischen, aber nicht chemisch umsetzen, die sogenannten „Formulierer“, sind im Sinne der REACH-Verordnung nachgeschaltete Anwender. Bei Polymeren gelten allerdings Sonderregelungen. Sie müssen selbst nicht registriert werden, sondern nur die enthaltenen Monomere, Additive und andere Beimengungen.

Obwohl nachgeschaltete Anwender nicht selbst eine Registrierung im Rahmen von REACH beantragen, hat die Verordnung starke Auswirkungen auf viele Unternehmen im Bereich Chemie und Labortechnik, aber auch außerhalb auf Händler von Gütern aller Art.

So dürfen nur registrierte, also REACH konforme Substanzen, eingesetzt werden und gleichzeitig muss für die Anwendung der Chemikalie  eine “identifizierte Verwendung“ angemeldet sein.

Deshalb ist ein Dialog zwischen Importeur bzw. Hersteller und nachgeschaltetem Anwender erforderlich, in dem die Anwender den Einsatzbereich aufzeigen. Nur durch Ergänzung der Registrierungsunterlagen bei der ECHA darf die Substanz entsprechend verwendet werden. Gleichzeitig sind Anwender darauf angewiesen, dass der chemische Stoff mittels Registrierung (und Vorregistrierung) durch den Hersteller oder Importeur genehmigt wurde.

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REACH erfordert einen Informationsaustausch entlang der gesamten Lieferkette einer Substanz bis hin zum Endverbraucher. Über besonders besorgniserregende Eigenschaften (SVHC) müssen Hersteller und Importeure informieren. So haben nachgeschaltete Anwender sowie Endverbraucher das Recht, innerhalb von 45 Tagen eine Auskunft über enthaltene SVHC zu erhalten, wenn deren Anteil mehr als 0,1 % beträgt.

Quellen (Stand: 10.12.2018):
[1] https://www.reach-clp-biozid-helpdesk.de/de/Glossar/S-T/Stoff.html?nn=700218&view=pdf
[2] https://www.haufe.de/arbeitsschutz/recht-politik/reach-60-erfuellen-gesetzliche-forderungen-nicht_92_310886.html
[3] https://www.dguv.de/ifa/fachinfos/reach-und-arbeitsschutz/registrierung-technisches-dossier/index.jsp
[4] https://echa.europa.eu/de/support/registration/how-to-avoid-unnecessary-testing-on-animals
[5] https://www.peta.de/reach