VE- und Reinstwasser: Herstellung und Verwendung

Vollentsalztes Wasser, sogenanntes VE-Wasser, Deionat, deionisiertes, demineralisiertes, destilliertes Wasser oder Reinstwasser – sie alle sehen aus wie normales Leitungs- oder Quellwasser, enthalten aber nur noch wenige bis gar keine Fremdstoffe mehr. In Leitungs- oder Quellwasser befindet sich hingegen immer ein deutlicher Anteil an gelösten Salzen. Es enthält Kationen wie Magnesium (Mg2+), Kalzium (Ca2+), Natrium (Na+) oder Kalium (K+) und Anionen wie Chlorid (Cl), Hydrogencarbonat (HCO3) oder Sulfat (SO42). Diese Ionen tragen zur elektrischen Leitfähigkeit des Wassers bei und sind deshalb ein Maß für dessen Reinheit.

Die Leitfähigkeit bestimmt den Reinheitsgrad. Je niedriger die Leitfähigkeit, desto höher die Reinheit. Sie wird üblicherweise in Mikro-Siemens pro Zentimeter (µS/cm) angegeben. Gemäß Trinkwasserverordnung liegt der Grenzwert in Deutschland bei 2.500 µS/cm bei +20 °C. Im Vergleich dazu beträgt die Leitfähigkeit von Meerwasser je nach Region zwischen 45.000 µS/cm und 60.000 µS/cm.

Für den Industrie-Einsatz von Wasser wird zwischen gereinigtem Wasser mit einer Leitfähigkeit von 1 bis 50 µS/cm, VE-Wasser, das „vollentsalzte“ Wasser, mit einer Leitfähigkeit zwischen 0,1 und 1 µS/cm und Reinstwasser mit einer Leitfähigkeit < 0,1 µS/cm unterschieden.

Die Destillation – die älteste Art der Wasseraufbereitung

Destilliertes Wasser wird, wie der Name schon sagt, durch Destillation hergestellt, bei der das Wasser bis zum Siedepunkt erhitzt und der Wasserdampf aufgefangen und kondensiert wird. Das Destillat, destilliertes Wasser, ist praktisch frei von Salzen und weitgehend auch von organischen Stoffen. Die Leitfähigkeit von destilliertem Wasser liegt unterhalb von 20 µS/cm und kann durch mehrmalige Destillation in Quarzapparaturen weiter verringert werden. Allerdings ist die Wasserdestillation ein sehr energieintensives Verfahren.

Verfahren zur VE-Wassergewinnung

Die Gewinnung von VE-Wasser kann durch Ionenaustausch oder durch Umkehrosmose erfolgen.

Vollentsalztes Wasser durch Ionenaustausch

Beim Ionenaustausch wird das zu reinigende Wasser über Kationen- und Anionenaustauscherharze oder über Mischbettaustauscher, die sowohl Kationen- und Anionenaustauscherharze enthalten, geleitet. Mischbettaustauscher werden auch Mischbettfilter genannt und vor allem in der Industrie eingesetzt.

Aufbereitungsanlage für demineralisiertes Boiler-Wasser durch Ionenaustausch
Aufbereitungsanlage für demineralisiertes Boiler-Wasser durch Ionenaustausch

Dabei werden die Kationen gegen Wasserstoffionen (H+) und die Anionen gegen Hydroxid-Ionen (OH) ausgetauscht. Sind die Austauscherharze gesättigt, nehmen sie also keine Kationen oder Anionen mehr auf, müssen sie regeneriert oder ersetzt werden. Bei der Regeneration werden für Kationenaustauscher verdünnte Salzsäure (HCl) oder verdünnte Schwefelsäure (H2SO4) verwendet, für Anionentauscher verdünnte Natronlauge (NaOH) oder Kalilauge (KOH). Die Leitfähigkeit des damit erhältlichen VE-Wassers liegt unter 5 µS/cm.

Bei der Demineralisation durch Ionentausch werden organische Bestandteile sowie Viren und Bakterien nicht entfernt. Um diese zu entfernen, ist eine zusätzliche Filtration notwendig.

VE-Wasser wird auch als Deionat, demineralisiertes oder deionisiertes Wasser bezeichnet. Wird es zusätzlich noch entkeimt, wird es als destillatgleiches Wasser angeboten.

VE-Wasser durch Umkehrosmose

Die Umkehrosmose ist ein Filtrations-Verfahren, bei dem das aufzureinigende Wasser durch eine semipermeable Membran gedrückt wird. Semipermeabel bedeutet hier, dass die Membran nur für Wassermoleküle, aber nicht für gelöste Salze, Partikel, organische Verunreinigungen, Viren und Bakterien durchlässig ist.

Unter Osmose versteht man die einseitige Diffusion eines Stoffes durch eine semipermeable Membran ohne äußeren Druck. Stellt man sich zwei wässerige Lösungen mit verschiedenen Salzkonzentrationen vor, die durch eine semipermeable Membran getrennt sind, wird solange Wasser von der niedrig konzentrierten Lösung zur höher konzentrierten Lösung diffundieren, bis die Konzentration in beiden Lösungen gleich ist. Die Kraft, mit der das Lösungsmittel der niedrig konzentrierten Lösung von der höher konzentrierten Lösung angezogen wird, wird als osmotischer Druck bezeichnet.

Übt man nun auf die höher konzentrierte Salzlösung einen Druck aus, der größer ist, als der osmotische Druck, wird der Osmose-Prozess umgekehrt. Da die Membran nur für Wassermoleküle durchlässig ist, wandern auch nur Wassermoleküle aus der höher konzentrierten Salzlösung in die niedrig konzentrierte Salzlösung. Die Salzkonzentration in der höher konzentrierten Lösung steigt folglich weiter an, während die niedrig konzentrierte Salzlösung weiter verdünnt wird. Diesen Prozess nennt man Umkehrosmose.

Bei der Wasserentsalzung durch Umkehrosmose, wie bei der Demineralisierung von Trinkwasser, läuft der Prozess nicht gegen eine Salzlösung mit niederer Konzentration ab, sondern gegen reines Wasser. Da auch hierbei die Salzkonzentration auf der Seite des nicht deminieralisierten Wassers ständig ansteigt, muss sie in regelmäßigen Zeitabständen gespült werden. Dadurch wird einerseits das übermäßige Ansteigen der Salzkonzentration vermieden, zugleich gelangen mit der Spülung die mit zurückgehaltenen organischen Verunreinigungen und Partikel in das Abwasser. Die Leitfähigkeit von demineralisiertem Wasser aus der Umkehrosmose liegt zwischen 5 und 20 µS/cm.

Während beim Ionentausch Chemikalien für die Regeneration der Austauscherharze erforderlich sind und chemikalienhaltige Abwässer anfallen, werden bei der Umkehrosmose erhebliche Wassermengen zur Spülung benötigt, die als Abwasser fortgeleitet werden.

Der Vorteil des Ionenaustauschs gegenüber der Umkehrosmose ist seine Effektivität: aus einem Liter Trinkwasser erhält man einen Liter VE-Wasser, bei der Umkehrosmose dagegen erhält man aus einem Liter Trinkwasser weniger als 750 ml VE-Wasser.

Reinstwasser – das Wasser mit dem höchsten Reinheitsgrad

Die Reinstwasser-Gewinnung ist aufwendig und erfordert die Kombination mehrerer Reinigungsschritte. Im ersten Reinigungsschritt werden größere Partikel und Schwebstoffe durch Filtration entfernt, gefolgt von der Demineralisierung durch Umkehrosmose oder Ionentausch.

Mit Hilfe von Ultrafiltration werden noch Mikro-Partikel, organische Stoffe und Kolloide abgetrennt. Die UV-Bestrahlung bei 254 nm eliminiert schließlich Keime und Bakterien und dient der Sterilisation. Dadurch erreicht das Reinstwasser eine Leitfähigkeit zwischen 0,1 und 1 µS/cm und ist zudem steril und keimfrei.

Reinstwasser ist durch das Entfernen aller Metallionen sehr aggressiv gegenüber vielen metallischen Legierungen. So werden Leitungen aus Kupfer oder Messing von Reinstwasser angegriffen und Ionen aus den Metallen gelöst.

Für Reinstwasser kommen deswegen oft physiologisch unbedenkliche und chemisch inerte Gummischläuche und Kunststoffschläuche zum Einsatz, auch als Trinkwasserschläuche. Passendes Zubehör, wie Schlauchverbinder sowie Hähne und Ventile, werden ebenfalls aus geeigneten Polymeren angeboten. Alternativ können für Reinstwasserleitungen auch diverse Edelstähle verwendet werden.

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Welches Wasser wofür?

Grundsätzlich bestimmt der jeweilige Anwendungszweck die erforderliche Reinheit des Wassers.

Für die meisten Anwendungen ist vollentsalztes Wasser völlig ausreichend. Im chemischen und biochemischen Labor, aber auch in vielen technischen Bereichen ist VE-Wasser daher das Spül- und Lösemittel schlechthin. So wird in Autowaschanlagen im letzten Reinigungsschritt üblicherweise VE-Wasser eingesetzt, um Kalkflecken auf dem Autolack zu vermeiden.

Viele Haushalte, hauptsächlich solche in Gebirgsregionen, wo das Wasser besonders stark mit Mineralstoffen belastet ist, besitzen eine eigene „Wasser-Enthärtungs- oder Entkalkungsanlage“. Das Leitungswasser wird dazu über ein Ionenaustauscher-Harzbett geleitet, das Calcium- und Magnesium-Ionen und andere mehrwertige Kationen gegen Natrium-Ionen austauscht. So wird aus „hartem“ Leitungswasser „weiches“ Wasser für den Hausgebrauch bereitet, wodurch Kalkabscheidungen in Haushaltgeräten, wie Wasserboilern, Durchlauferhitzern und Wasserkochern, minimiert werden. Waschmaschinen und Geschirrspüler sind oft mit eigenen Kationenaustauschern ausgerüstet, um das allmähliche Verkalken der Geräte, insbesondere der Heizelemente, zu vermeiden.

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Für einige Anwendungen ist jedoch Reinstwasser unverzichtbar. Vor allem in der Halbleiterindustrie, wo Strukturen zwischen einigen Nanometern und einigen Mikrometern erzeugt werden, ist der Einsatz von Reinstwasser bei der Fertigung von Computerchips und integrierten Schaltkreisen unerlässlich.

Für die Medikamentenproduktion, zur Herstellung von Injektionslösungen und zum Verdünnen von Lösungen in den sensiblen Forschungsbereichen der Biochemie, Mikrobiologie und Gentechnik werden besonders hohe Anforderungen an die Wasserqualität gestellt. Nach dem europäischen Arzneibuch darf hier die elektrische Leitfähigkeit des Wassers bei +20 °C den Wert von 1,1 µS/cm nicht überschreiten. Zudem darf der Nitratgehalt nicht höher als 0,2 mg/l sein, der gesamte Gehalt an organisch gebundenen Kohlenstoff (total organic carbon, TOC) nicht höher als 0,5 mg/l und der Wert für bakterielle Endotoxine, das Maß für die Anwesenheit von Bakterien, muss unter 25 ng/l liegen.

Bildquellen:
Beitragsbild | © Sakan – stock.adobe.com
Aufbereitungsanlage für demineralisiertes Boiler-Wasser | © Z22, CC BY-SA 4.0 <https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0>, via Wikimedia Commons – stock.adobe.com
Video: Prinzip der Umkehrosmose | © Aureon524, Hartmann GmbH, CC BY-SA 4.0 <https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0>, via Wikimedia Commons

Über Dr. Stefanie Schiestel

Stefanie Schiestel hat an den Universitäten Saarbrücken und Heidelberg Chemie studiert und an der Universität Heidelberg promoviert. Anschließend hat sie sieben Jahre am Naval Research Institute in Washington D.C. gearbeitet und ist seitdem in den Bereichen Beschichtung und Analytik tätig. Seit 2021 hat sie für das Online-Magazin der Reichelt Chemietechnik mehr als 50 Beiträge verfasst.