Filterung der Schadstoffe aus Industrieabgasen: Verfahren und Filterarten

Schon mal eine Schale mit Kaffeepulver in die Küche gestellt, um unangenehme Gerüche zu neutralisieren? Oder beim Heimwerkeln eine Schutzmaske getragen, um keinen Staub einzuatmen? In beiden Fällen handelt es sich um einfache Filter. Auch industrielle Abgase werden gefiltert, um Schadstoffe zu entfernen. Welche Filterarten in Industrieanlagen zum Einsatz kommen und wie Industriefilter sich voneinander unterscheiden, erklärt dieser Beitrag.

Warum müssen industrielle Abgase gefiltert werden?

In alten Filmen qualmen die Industrieschlote und verdunkeln die Sonne. Dass heute der Himmel auch über Industriegebieten blau bleibt, ist strengen Umweltauflagen und Abgasfiltern zu verdanken.

Einst bliesen Fabrikschornsteine rund um die Uhr unter anderem im Ruhrgebiet unkontrolliert Feinstaub, Schwefeldioxid, Schwermetallen und Asche aus. Dies sorgte nicht nur für Smog und schwarze Wäsche. Asthma, Leukämie, Lungenkrebs und Rachitis traten vermehrt auf. Auch Bäume litten unter der Umweltverschmutzung: Der saure Regen, der aus der Reaktion von Schwefel- und Stickoxiden mit dem Regenwasser entstand, ließ ganze Waldflächen absterben.

Seitdem hat sich in Sachen Umwelt einiges getan. Bereits 1974 trat das erste Bundes-Immissionsschutzgesetz in Kraft, das die Pflicht vorsah, Industrieabgase zu filtern. Seitdem sorgen effiziente Filter dafür, dass Schwefeloxide, Schwermetalle, Ruß und Feinstaub nicht in die Luft gelangen.

Gleichzeitig ist das Bewusstsein gewachsen, auch den Ausstoß von Kohlendioxid, Methan, Lachgas und fluorierten Treibhausgasen zu verringern, um den menschengemachten Klimawandel aufzuhalten. Eine Methode, um unvermeidbare Emissionen von Treibhausgasen etwa aus der Industrie auszugleichen, ist die technische Abscheidung.

Die Filterung von Abgasen hat jedoch nicht nur einen ökologischen oder gesundheitlichen Aspekt. Indem effiziente Filter Feinstaub und Schadstoffe aus dem Abgas technischer Prozesse entfernen, schützen Hersteller empfindliche Industrieanlagen, Maschinen und Produkte.

Prinzipien der Abgasreinigung in der Industrie

Industrieabgase variieren in ihrer Zusammensetzung. Bei der Herstellung von Eisen und Stahl entstehen als Abfallprodukte vor allem Kohlendioxid, Kohlenmonoxid, Schwefeloxide und Stickoxide, aber auch Benzol, Feinstaub und das Schwermetall Blei. In der Halbleiterindustrie enthalten die Abgase dagegen hohe Mengen an Dichlorsilan, Trichlorsilan und Chlorwasserstoff, allesamt ätzende und giftige Verbindungen.

Die verschiedenen Komponenten erfordern unterschiedliche Filter und Verfahren – von der physischen und chemischen Absorption bis zur biologischen Abgasreinigung. Oft werden die verschiedenen Technologien kombiniert, beispielsweise in mehrstufigen Abgasreinigungsanlagen mit hintereinander geschalteten Filtern, um Schadstoffe zu entfernen.

Absorption

Wie Absorption funktioniert, kann sich jeder bildlich vorstellen: Ein Schwamm wird in ein volles Becken getaucht und saugt sich mit Wasser voll. Wegen seiner porösen Struktur dringen die Wassermoleküle in seine Struktur ein, zu einer chemischen Reaktion zwischen dem Wasser und dem Schwammmaterial kommt es jedoch nicht. Die Rede ist in diesem Fall von einer physischen Absorption.

Aktivkohle ist aufgrund der porösen Struktur und großen Oberfläche bestens als Adsorptionsmaterial geeignet.
Aktivkohle ist aufgrund der porösen Struktur und großen Oberfläche bestens als Adsorptionsmaterial geeignet.

Anders verhält es sich, wenn sich Salz in Wasser auflöst. Hier fungiert Wasser, dessen Wasserdipole ein positiv geladenes und ein negativ geladenes Ende besitzen, als Absorptionsmittel. Die Dipole ziehen die negativ beziehungsweise positiv geladenen Ionen der Salzkristalle an und zerstören das Kristallgitter. Die Kristalle zerfallen in Natrium- und Chlorid-Ionen. Dieser Prozess wird als chemische Absorption bezeichnet.

Die Abgasreinigung in der Industrie kombiniert oft die physische und die chemische Absorption. In Nassgaswäschern absorbiert beispielsweise eine Lösung aus Salpeter- oder Schwefelsäure und Wasser das Ammoniak im Abgas, es kommt zu einer chemischen Reaktion. Die dabei entstehenden Ammoniumsalze werden meist zur Düngerherstellung verwendet.

Entscheidend für die Effizienz eines Absorptionsmittels ist seine temperaturabhängige Löslichkeit im Lösungsmittel. Da es sich meist um endotherme Reaktionen handelt, die eine Aktivierungsenergie erfordern, steigt die Löslichkeit oft mit der Temperatur.

Adsorption

Anders als bei einer Absorption dringen bei einer Adsorption die Moleküle oder Atome des aufgenommenen Stoffs nicht in die Struktur des Filters ein, sondern haften an seiner Oberfläche. Dafür sorgen schwache elektrostatische Anziehungskräfte, die sogenannten Van-Der-Waals-Kräfte, die in temporären Dipolen entstehen. Der Begriff „Dipol“ bezeichnet Moleküle, die Bereiche mit positiver und negativer Ladung besitzen.

Werden die Moleküle der Schadstoffe lediglich elektrostatisch angezogen, handelt es sich um eine Physisorption. Findet zusätzlich eine chemische Reaktion statt, hat man es mit einer Chemisorption zu tun. Letzteres ist zum Beispiel in Ozonfiltern aus Aktivkohle der Fall. Die Ozonatome reagieren mit dem Kohlenstoff, es entstehen dabei Sauerstoff und Kohlendioxid.

Adsorber-Filterbehälter zur Gasreinigung Aktivkohle-Granulat-Sorbens auf Kokosnuss Basis

In der Praxis treten die zwei Arten von Adsorption in Adsorptionsfiltern oft gleichzeitig auf. Ein Beispiel sind mit Kaliumcarbonat imprägnierte Aktivkohlefilter. Auf ihrer porösen und rauen Oberfläche findet zunächst eine Physisorption statt. Zusätzlich dient die Kaliumcarbonatschicht zur Rauchgasentschwefelung, indem der Schwefelwasserstoff in den Industrieabgasen zu Wasser, Kohlendioxid und Kaliumsulfid abgebaut wird.

Thermische Oxidation und katalytische Abgasreinigung

Bei der thermischen Abgasreinigung in der Industrie geht es darum, die Schadstoffe im Abgas bei hohen Temperaturen zwischen +800 und +1.200 °C zu oxidieren, also zu verbrennen. In Verbrennungsöfen werden beispielsweise flüchtige organische Verbindungen wie Kohlenwasserstoffe zu Wasserdampf und Kohlendioxid abgebaut.

Obwohl sehr effizient, weist die thermische Oxidation einen hohen Energiebedarf auf. Während der katalytischen Abgasreinigung werden Schadstoffe ebenfalls oxidiert. Mithilfe von sogenannten Katalysatoren, meist Edelmetallen wie Platin und Palladium, wird die Reaktion jedoch beschleunigt und läuft bei niedrigeren Temperaturen unter +800 °C ab.

Katalytische Verfahren kommen nicht nur in Fahrzeugauspuffen zum Einsatz, um Kohlenstoffmonoxid zu Kohlenstoffdioxid zu oxidieren und Stickoxide zu Stickstoff zu reduzieren. Auf die gleiche Weise filtern hochporöse keramische Filter Stickoxide und Kohlenmonoxid aus heißen Industrieabgasen heraus.

Abgasreinigungsanlagen, die nach dem Prinzip der katalytischen Abgasreinigung Industrieabgase filtern, entfernen aber auch toxische Verunreinigungen wie chlorierte Kohlenwasserstoffe. Als Trägermaterial für die Katalysatoren dient nicht selten Filter aus Aktivkohle, Aluminiumoxid oder Kieselsäure. Ihre große innere Oberfläche ermöglicht, die katalytische Beschichtung optimal zu verteilen und einen hohen Durchsatz zu erreichen. Katalytische Reinigung und Adsorption wirken also zusammen, um eine effiziente Filterung zu ermöglichen.

Biologische Verfahren

Die biologische Abgasreinigung nutzt zur Filterung aerobe Bakterien sowie Pilze, um Schadstoffe zu oxidieren. Dafür werden die Mikroorganismen auf einem organischen Substrat wie Hackschnitzel, Rindenhumus oder Grünkomposte angesiedelt beziehungsweise einer Wasserlösung hinzugefügt.

Biologische Verfahren für Industrieabgase erweisen sich vor allem bei organischen, gut wasserlöslichen Stoffen wie Aldehyden, Alkanen und Aromaten als effizient. Mit Schimmelpilzen wie Aspergillus lässt sich aber auch eine effiziente Rauchgasentschwefelung betreiben, Bakterien der Gattung Nitrosomonas oxidieren dagegen Ammoniak zu Nitrit.

Industriefilter – Materialien für Adsorptionsfilter

Die Adsorption ist eins der meistverwendeten Prinzipien, um Industrieabgase zu filtern. Als Adsorptionsmittel zur Filterung von Abgasen eignen sich wasserunlösliche Materialien mit einer großen Oberfläche, damit so viele Partikel wie möglich haften.

Aktivkohle

Aktivkohle Granulate und Sorbentien bestehen aus porösem Kohlenstoff.

Durch die vielen Mikroporen, deren Durchmesser zum Teil weniger als 2 nm beträgt, sehen die Körnchen im Inneren wie ein Labyrinth aus, was eine sehr große Gesamtoberfläche ermöglicht. 1 g Aktivkohlegranulat hat im Schnitt eine beindruckende Oberfläche von 1.000 m² – ungefähr so viel wie ein Handball-Spielfeld!

Als Ausgangsmaterial für das Aktivkohlegranulat dienen kohlenstoffartige Materialien wie Stein- und Braunkohle, Holz, Torf oder Kokosnussschalen. Nach der Pyrolyse, also dem Erhitzen unter Sauerstoffausschluss bei +600 bis +900 °C, entsteht Rohaktivkohle. Während des Aktivierungsprozesses wird die innere Oberfläche vergrößert. Dabei oxidiert ein heißer Gasstrom den Kohlenstoff, der zum Teil vergast. Das Ergebnis ist ein Aktivkohlegranulat mit einer hochporösen Struktur, das Verunreinigungen aus Industrieabgasen zuverlässig entfernt.

Filtergehäuse aus SAN Siebgewebe aus PA 6.6 (Polyamid 6.6, Nylon) - Abschnitt

In der Industrie zählt Aktivkohle zu den erprobten Lösungen zur Filterung von Abgasen mittels Adsorption. Beispielsweise wird damit Biogas entschwefelt. Aktivkohlefilter kommen auch zur Trinkwasseraufbereitung zum Einsatz. Hier filtern sie Sand, Pestizide, Medikamentenrückstände, Mikroplastik und Bakterien aus dem Wasser.

Bei der Filtration werden Granulate und Sorbentien in Filtergehäuse eingesetzt. Als Filtermedien können beispielsweise Siebgewebe, Filterkerzen oder Sintergitter eingesetzt werden.

Aktiviertes Aluminiumoxid

Aluminiumoxid (Al2O3) ist ein vielfältig eingesetzter keramischer Werkstoff. Wird er thermisch behandelt, entsteht eine poröse und sehr widerstandsfähige Struktur, die Schadstoffe effizient adsorbiert und sich zur Filterung eignet.

Nach einer Imprägnierung mit Permanganat, die die Filtereigenschaft verbessert, filtern die kugelförmigen Pellets aus aktiviertem Aluminiumoxid Schadstoffe wie Schwefelwasserstoff, Formaldehyd und Ethylen aus den Abgasen von Industrieanlagen heraus.

Zeolith

Zeolith zählt zu den Alumosilikaten und kommt vermehrt im Vulkangestein vor, lässt sich aber auch synthetisch herstellen. Seine Kristalle bestehen aus Aluminium-, Silizium- und Sauerstoffatomen in einem geordneten Gitter.

Ihre mikroporöse Struktur verleiht Zeolith hervorragende Adsorber-Eigenschaften. Als Abgasfilter kommen Zeolithfilter in Form von Kugeln mit einem Durchmesser von 2 bis 5 mm zum Einsatz. Diese fungieren als Zeolith-Molekularsiebe und filtern Schwefelwasserstoff, Kohlendioxid, Kohlenwasserstoffe sowie Wasserdampf aus Industrieabgasen. Darüber hinaus dient Zeolith beispielsweise zur Abwasserbehandlung in Schwimmbädern sowie aufgrund seiner Fähigkeit, Ionen auszutauschen, als Wasserenthärter.

Kieselgel

Silikagele oder (auch Kieselsäuregele oder Kieselgele) bestehen aus Kügelchen aus amorphem Siliciumdioxid, bei dem, anders als bei kristallinem Siliziumdioxid, die Atome keine regelmäßigen Kristallstrukturen bilden. Hergestellt wird das amorphe Siliziumdioxid, indem einer wässrigen Natriumsilikatlösung Schwefelsäure hinzugefügt wird.

Molekularsieb-Sorbentien 4 Å Blau-Gel-Granulat-Sorbens

Das so entstandene geleeartige und farblose Material kann, bezogen auf sein Gewicht, bis zu 35 % Wasser adsorbieren. Um seine Effizienz als Abgasfilter zu steigern, werden die Kügelchen bei hohen Temperaturen getrocknet, wodurch sich zusätzliche Poren bilden. Durch die Zugabe von Farbmittel, das je nach Feuchtegehalt seine Farbe ändert, lässt sich die Feuchtigkeitsaufnahme besser abschätzen. Blau-Gel-Granulat-Sorbens wird beispielsweise mit Kobaltchlorid gefärbt. Im trockenen Zustand blau, verfärbt sich das Gel ab einem Feuchtegehalt von sechs Prozent rosa.

Wegen ihrer hervorragenden Adsorptionseigenschaften dienen Kieselgele dazu, feuchtempfindliche Lebensmittel und Bauteile zu schützen. Die Silikagel-Tütchen, die man in den Verpackungen von Elektrogeräten, Schuhen oder Medikamenten findet, dürfte jeder schon einmal gesehen haben. In der Industrie werden sie zur Rauchgasentschwefelung, zur Abgastrocknung oder zur Filterung von gesättigten Kohlenwasserstoffen, Olefinen und Aromaten eingesetzt.

Ausblick

Die Filtration wird künftig dank weiterentwickelten Fasern noch feiner und genauer, aber auch digitaler und nachhaltiger. Selbst die Künstliche Intelligenz zieht in die Trenntechnik ein und wird adaptive Filtersysteme ermöglichen, die sich automatisch an veränderte Bedingungen anpassen können. Zudem treibt das Thema der Nachhaltigkeit, etwa mittels regenerierbaren Lösungen, die Branche voran.

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Aktivkohle | © sangsiripech – stock.adobe.com