Regal mit Autoreifen - Autoreifen werden aus Butylkautschuk gefertigt

Butylkautschuk – Eigenschaften und Verwendung

Was haben Autoreifen und Kaugummi gemeinsam? In beiden ist derselbe Kautschuk enthalten, nämlich Butylkautschuk. Die Entwicklung von Butylkautschuk begann 1825 mit der Entdeckung eines brennbaren Gases bei der Erdöldestillation durch den englischen Naturwissenschaftler Michael Faraday (1791 – 1867). Bei diesem Gas handelt es sich um ein Gemisch aus isomeren Butenen: n-Buten, cis-2-Buten, trans-2-Buten und Isobuten (2-Methyl-Propen). Der erste synthetische Kautschuk, der auf der Polymerisation von Isobuten beruht, wurde von der Badischen Anilin- und Sodafabrik (BASF) entwickelt und 1931 auf den Markt gebracht.

Dieses gummiartige Polymer, Polyisobuten, erhielt nach seinem Produktionsstandort Oppau die Bezeichnung Oppanol und hat die Abkürzung PIB. Oppanol gehört auch heute noch zum Kerngeschäft der BASF und wird als Dichtung, Klebstoff und Beschichtungswerkstoff eingesetzt.

Etwa zur gleichen Zeit entwickelten die US-amerikanischen Chemiker William J. Sparks (1905 – 1976) und Robert M. Thomas (1908 – 1984) Butylkautschuk, indem sie Isobuten mit geringen Mengen Isopren polymerisierten.

Dieser Synthesekautschuk zeigte bessere technische Eigenschaften als Polyisobuten und kam 1937 als „Butyl Rubber“ (Butylgummi) auf den Markt. Heute wird Butylkautschuk hauptsächlich von den Firmen ExxonMobil und Lanxess, das 2004 von der Bayer AG als selbstständiges Unternehmen ausgegliedert wurde, produziert.

Butyl-IIR-Chemieschlauch - Butylkautschuk CR-Labor-und Gasschlauch - Butylkautschuk

In den 1950er und 1960er Jahren wurden halogenierte Butylkautschuke entwickelt, indem Butylkautschuk gelöst und mit Chlor oder Brom versetzt wurde. Diese sogenannten „Halobutyls“, abgekürzt CIIR oder BIIR, können schneller und mit geringerer Menge Vulkanisationsmittel vulkanisiert werden. Außerdem erlauben sie eine verbesserte Co-Vulkanisation mit anderen elastischen Polymeren und eine Erhöhung der Vernetzungsgeschwindigkeit.

Struktur des Butylkautschuk

Butylkautschuk ist ein Polymer aus der Gruppe der synthetischen Kautschuke. Die korrekte Bezeichnung für Butylkautschuk lautet Isobuten-Isopren-Kautschuk, abgekürzt IIR. Der gummiartige Werkstoff ist ein Copolymerisat aus 2-Methyl-1-propen (Isobuten) und 2-Methyl-buta-1,3-en (Isopren). Die folgende Abbildung zeigt schematisch die Struktur der beiden Monomere und des resultierenden Polymers.

Dabei stehen die Indizes „k“ und „m“ für die molaren Anteile der beiden Ausgangskomponenten in der Grundeinheit des Makromoleküls, die sich „n“-fach fortsetzen kann. In der Praxis ist der Anteil von Isobuten weitaus höher als der Anteil von Isopren, da die Alterungs- und Witterungsbeständigkeit mit zunehmendem Isopren-Anteil sinkt.

Der optimale Isopren-Anteil liegt bei hochwertigen Butylkautschuk-Qualitäten bei maximal 5 Mol-%.

Durch den Isoprenanteil wird die Anzahl der Doppelbindungen in der Polymerhauptkette bestimmt. Damit wird Butylkautschuk der Gruppe R der synthetischen Kautschuke zugeordnet, die sich durch Doppelbindungen in der Polymerhauptkette auszeichnen. Die Doppelbindungen können zur Halogenierung zu Halobutyl (Chlorobutyl oder Bromobutyl) oder zur Vulkanisation genutzt werden.

Herstellung von Butylgummi

Die Herstellung von Butylkautschuk erfolgt durch exotherme Kettenpolymerisation von Isobuten und geringen Mengen Isopren in Lösung. Dabei wird meistens das Lösungsmittel Dichlormethan (CH3Cl) eingesetzt. Das entstehende Polymer ist in dem Lösungsmittel unlöslich und fällt aus.

Schutzhandschuhe aus Butylkautschuk
Schutzhandschuhe aus Butylkautschuk

Die Länge der Polymerkette hängt sehr stark von der Polymerisationstemperatur ab. Da die Kettenlänge die technische Qualität des Endprodukts wesentlich mitbestimmt und mit abnehmender Temperatur zunimmt, werden Butylkautschuke bei sehr niedrigen Temperaturen von -40 °C bis -100 °C polymerisiert. Als Katalysatoren werden Aluminium(III)-chlorid (AlCl3) oder Bortrifluorid (BF3) verwendet. Als Rohprodukt ist Butylkautschuk ungefärbt in Form von weiß-gelblichen Ballen erhältlich, kann jedoch auch eingefärbt, meist mit schwarzer oder weißer Farbgebung, angeboten werden.

Eigenschaften und Verarbeitung

Butylkautschuk ist ein gummielastisches Polymer und besitzt die niedrigste Gasdurchlässigkeit aller Kautschuke.

Butylkautschuk kann durch Extrudieren, Kalandrieren, Spritzgießen, Streichen und Vulkanisieren weiterverarbeitet werden.

Er kann in einem Temperaturbereich von -30 °C bis +100 °C eingesetzt werden, kurzzeitig sogar bis +140 °C. Isobuten-Isopren-Kautschuk (IIR) zeichnet sich mit einem spezifischen Durchgangswiderstand >1012 Ω·cm durch gute elektrische Isolation aus. Die Shore-Härte A liegt je nach Ausgangsmaterial zwischen 35° und 85°, ein für elastische Polymere typischer Bereich. Die Bruchdehnung von IIR beträgt bis zu 700 % und liegt damit eher im oberen Bereich für elastische Polymere.

Isobuten-Isopren-Kautschuk ist beständig gegen Säuren und Laugen, aber unbeständig gegen Öle und Fette. Er verfügt über gute Dämpfungseigenschaften gegen Schwingungs- und Stoßenergie. Butylkautschuk mit niedrigem Isoprenanteil ist witterungs- und ozonbeständig. Mit steigendem Isoprenanteil sinken die Witterungs- und Ozonbeständigkeit, die Hitzebeständigkeit steigt jedoch.

Anwendungsbeispiele für Butylkautschuke

Butylkautschuk wird in vielen verschiedenen Bereichen eingesetzt. Hauptabnehmer ist die Reifenindustrie. Dabei kommt der Kautschuk in Reifenschläuchen als innere Gummischicht, auch „Inliner“ oder „Inner Liner“ genannt, und in schlauchlosen Reifen zum Einsatz. Auch für Heizbälge bei der Reifenherstellung findet der gummiartige Werkstoff Verwendung.

Für die Laufflächen von Reifen wird Bromobutylkautschuk eingesetzt, das die Bodenhaftung erhöhen und das Nassbremsverhalten verbessern soll.

Aufgrund seiner Dämpfungseigenschaften wird Butylkautschuk auch in Lagerungen und in elastischen Gelenken zur Schwingungsentkoppelung zwischen Fahrwerk und Karosserie in der Automobilindustrie verwendet.

In der Bauindustrie kommt Butylkautschuk in Form von Klebebändern, Profilen und Klebstoffen vor. Butylklebstoffe werden zum Dichten und Dämmen verwendet. Mit Butylkautschuk beschichtete Fugen- und Klebebänder werden zur Abdichtung von Betonfugen gegen Bodenfeuchte und drückendes Wasser eingesetzt. Brückenseile werden durch Umwickeln mit Butylkautschukbändern vor Korrosion geschützt. Wärmedämmglas wird mit Butylkautschuk-Profilen abgedichtet. Ebenfalls zum Abdichten kommen Gummimatten und Gummiplatten aus IIR zum Einsatz.

Butyl-IIR-Platte - Shore 60° Silikon-Platte - Shore 60°

Wegen seiner guten elektrischen Isolation wird Butylkautschuk als Kabelummantelung, zur Reparatur beschädigter Kabel- oder Leitungsmäntel, in Kabelrohrmanschetten zur Abdichtung von Leitungs- und Rohrdurchführungen eingesetzt.

In der Pharmaindustrie werden Verschlussstopfen für Behälter, Dichtungen und O-Ringe aus Butylkautschuk gefertigt. In der Lebensmittelindustrie ist IIR das Ausgangsmaterial für die Kaugummiproduktion.

In Sport und Freizeit findet man Butylkautschuk in Bällen und Schuhsohlen.

Schläuche aus Butylkautschuk werden wegen ihrer geringen Gas- und Wasserdampfdurchlässigkeit in der chemischen Industrie und im Labor als Gasschläuche verwendet. Handschuhe aus Isobuten-Isopren-Kautschuk werden wegen ihrer Säuren- und Laugenbeständigkeit als Laborhandschuhe eingesetzt. In Schutzanzügen und Gasmasken wird IIR in Dichtungen genutzt. Behälter werden zum Schutz gegen Säuren und Laugen mit Butylkautschuk ausgekleidet.

Alubutyl, eine mit Butylkautschuk beschichtete Alufolie, wird im Automobilbau und in Lautsprechern sowie in Surround-Systemen zur Dämpfung und zum Schallschutz verwendet.

Aluminiumbeschichte Butyl-Platten für die Geräusch- und Akustik-Dämmung
Aluminiumbeschichte Butyl-Platten für die Geräusch- und Akustik-Dämmung

Im Jahr 2013 hat Lanxess ein Butylkautschukwerk in Singapur eröffnet, mit einer jährlichen Kapazität von 100.000 Tonnen Butyl- und Halobutylkautschuk. Etwa drei Viertel des Umsatzes werden mit der Reifenindustrie erzielt. Etwa zehn Prozent entfallen auf die pharmazeutische Industrie. In einigen asiatischen Ländern, wie zum Beispiel China, ist Halobutylkautschuk als Material für Verschlüsse und Abdichtungen in pharmazeutischen Produkten gesetzlich vorgeschrieben. Neben Singapur wird von Lanxess auch in Sarnia (Kanada) und in Zwijndrecht (Belgien) Butylkautschuk produziert mit Kapazitäten von jeweils 150.000 Jahrestonnen.

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