Die Kunst der analytischen Chemie: Techniken, Instrumente und Anwendungen

Sei es zur Erzgewinnung, auf der Suche nach dem begehrten Lebenselixier oder bei den Versuchen zur Umwandlung von Metallen in Gold, immer mussten Stoffe erst einmal getrennt, zerlegt, und analysiert werden. So entstand bereits im 19. Jahrhundert die analytische Chemie als eigenes Fachgebiet mit ihren eigenen experimentellen Techniken. Heute ist die analytische Chemie ein integraler Bestandteil wissenschaftlicher Forschung. Sie bietet ein machtvolles Werkzeug zur Erkundung der Zusammensetzung der Materie und kombiniert kunstvolle Präzision mit wissenschaftlicher Fachkenntnis.

Was ist die analytische Chemie?

Die analytische Chemie ist ein Teilgebiet der klassischen Chemie. Sie befasst sich mit der Entwicklung und Anwendung von Methoden, Geräten und Strategien zur qualitativen und quantitativen Analyse von stofflichen Systemen. Sie dient dazu, Substanzen in einer Probe zu identifizieren und deren Menge zu bestimmen.

Die qualitative Analyse fragt dabei nach dem „Was“ im Sinne von „Was für ein Stoff ist das?“. Grundaufgabe ist die Identifikation von Stoffen. Die quantitative Analyse hingegen fragt nach dem „Wieviel“, also welche Menge eines Stoffes in einer Probe vorhanden ist.

Die Strukturanalyse fragt nach dem molekularen Aufbau einer Substanz, also nach der chemischen Strukturformel oder der Kristallstruktur.

Grundlegende Techniken der analytischen Chemie

Sehr vereinfacht lassen sich die Analysemethoden in die nasschemischen und die instrumentellen Methoden unterteilen.

Nasschemische Analysemethoden

Zu den nasschemischen Analysemethoden gehört die Gravimetrie, also die Bestimmung der Masse einer Substanz. Sie kann für die Analyse von Metallen, Salzen und anderen organischen oder anorganischen Verbindungen verwendet werden.

Sicherheits-Vollbürette mit Schellbachstreifen Titriergerät

Eine andere Methode ist die Titration, die zur Bestimmung der Konzentration einer Substanz in einer Probe eingesetzt wird und sich Titriergeräten und Büretten bedient. Eine Lösung mit bekannter Konzentration wird langsam so lange zur Probe hinzugefügt, bis eine Reaktion vollständig abgeschlossen ist. Dieses Verfahren wird oft für Säure-Base- und Redox-Titration eingesetzt.

Instrumentelle Methoden der analytischen Chemie

Die instrumentellen Methoden umfassen im Wesentlichen Spektroskopie und Chromatographie sowie nukleare und thermische Analyseverfahren.

Die Spektroskopie benutzt die von der Wellenlänge abhängige Emission oder Absorption der elektromagnetischen Strahlung der Probe. Sie wird in einem nachfolgenden Abschnitt beispielhaft genauer beschrieben.

Die Chromatographie dient zur Trennung, Identifikation und Quantifizierung chemischer Verbindungen. Sie funktioniert aufgrund der unterschiedlichen Wechselwirkungen einer Flüssigkeit oder einem Gas, der mobilen Phase, mit einem festen Material, der stationären Phase. Die zu untersuchende Probe ist in der mobilen Phase gelöst und wird über die stationäre Phase geleitet. Dabei trennen sich die Komponenten aufgrund der unterschiedlichen Wechselwirkungen zwischen den beiden Phasen, wobei sich jene Bestandteile der mobilen Phase, die weniger stark mit der stationären Phase interagieren, schneller bewegen.

Nukleare Methoden nutzen atomare Wechselwirkungen, um Informationen über die Zusammensetzung von Proben zu erhalten. Sie sind äußerst leistungsfähig und können selbst geringste Spuren nachweisen. Bei der Neutronenaktivierungsanalyse beispielsweise wird eine Probe mit energiereichen Neutronen bestrahlt. Die Neutronen stoßen auf die Atomkerne der Probe, die daraufhin zu radioaktiven Nukliden zerfallen – also zu instabilen Atomen, manchmal auch Radioisotope genannt. Im Zuge dieses Zerfalls entsteht Gammastrahlung, deren Intensität mit einem Gammaspektrometer gemessen wird, woraus sich die Konzentration der Nuklide in der Probe ableiten lässt.

Thermische Analyseverfahren messen die Reaktionen einer Probe auf Temperaturveränderungen und liefern dadurch wichtige Informationen beispielsweise über chemische Reaktionen. Eine häufig eingesetzte Methode ist die Thermogravimetrie, dabei wird eine Probe in kontrollierter Atmosphäre erhitzt und die Massenänderung dabei als Funktion von Zeit oder Temperatur gemessen. So werden zum Beispiel flüchtige Bestandteile wie Wasser oder organische Verbindungen nachgewiesen oder die Schmelz- oder Zersetzungstemperator bestimmt.

Diese grundlegenden Techniken werden je nach den spezifischen Anforderungen oft auch als Ausgangspunkt für weiterführende Analyseverfahren eingesetzt.

Beispiele der instrumentellen Analytik

Massenspektrometrie

Die analytische Chemie nutzt dieses leistungsstarke Instrument, um Verbindungen von Molekülen und deren Zusammensetzung zu bestimmen.

Die Massenspektrometrie funktioniert nach dem Prinzip der Trennung elektrisch geladener Teilchen unterschiedlicher Masse mit Hilfe von elektrischen und magnetischen Feldern. Das Ergebnis lässt sich als Häufigkeitsverteilung der auftretenden Teilchenmassen im Massenspektrum feststellen.

In einem ersten Schritt wird die Probe mittels verschiedener Techniken in einer Hochvakuumkammer ionisiert, also in geladene Teilchen umgewandelt. Die Ionen werden dann durch ein elektrisches Feld beschleunigt, wodurch sie an kinetischer Energie gewinnen. Der Ionenstrahl gelangt in ein Magnetfeld, das senkrecht zur Strahlrichtung angelegt ist. Das Magnetfeld lenkt die Flugbahn der Ionen ab, wobei der Grad der Ablenkung von ihrem Verhältnis von Masse zu Ladung abhängt – leichtere Ionen werden stärker abgelenkt als schwerere.

Detektoren messen anschließend die Zeit, die jedes Ion benötigt, um eine bestimmte Strecke zurückzulegen. Das ermöglicht die Bestimmung der Geschwindigkeiten und Masse-Ladungs-Verhältnisse der Ionen in Form eines Massenspektrums. Die Peaks im Spektrum entsprechen Ionen mit spezifischen Masse-Ladungs-Verhältnissen, und die Position und Intensität der Peaks geben Aufschluss über die Zusammensetzung und Häufigkeit der in der Probe vorhandenen Ionen.

Atomabsorptionsspektrometrie

Die Atomabsorptionsspektrometrie (AAS) ist eine bewährte Methode zur quantitativen und qualitativen Analyse von Metallen und Halbmetallen in einer Probe. Sie basiert auf dem Prinzip, dass Atome eine sogenannte charakteristische Energie absorbieren können.

Flammen-Atomabsorptionsspektrometer
Flammen-Atomabsorptionsspektrometer

Diese Energie liefert eine Lichtquelle, meistens eine Hohlkathodenlampe, deren Kathode das zu untersuchende Element enthält und somit eine Wellenlänge emittiert, die charakteristisch für das zu analysierende Element ist. Die Probe wird nun verflüssigt und in eine Flamme eingespritzt, wodurch sie in gasförmige Atome zerlegt wird. Sie wird nun von der Lichtquelle durchleuchtet, dabei wird der Lichtstrahl durch Absorption geschwächt. Anschließend wird durch Vergleich gemessen, wie viel des eingestrahlten Lichts durch das zu messende Element absorbiert wurde, denn die Schwächung des eingestrahlten Lichts steigt proportional zur Konzentration des Analyten. Die AAS ermöglicht eine sehr genaue Bestimmung von Metallkonzentrationen in Proben und wird daher in vielen Bereichen der analytischen Chemie eingesetzt. Sie eignet sich beispielsweise sehr gut für die Bestimmung von Spurenelementen in Umweltproben, Lebensmitteln, Arzneimitteln, oder metallurgischen Proben.

Flüssigkeitschromatographie

Die Flüssigkeitschromatographie ist eine leistungsstarke analytische Methode zur Trennung, Identifizierung und Quantifizierung von Komponenten in einer Flüssigkeitsprobe. Das grundlegende Prinzip beruht auf der Verteilung der zu trennenden Substanzen zwischen zwei Phasen: Einer sogenannten mobilen und einer stationären Phase. Die mobile Phase enthält die Probe und kann eine komplexe Mischung verschiedener Moleküle sein, die getrennt und identifiziert werden sollen. Die stationäre Phase enthält eine spezifische Substanz, die unterschiedliche Wechselwirkungen mit den Verbindungen in der Probe eingehen kann.

Die mobile Phase wird nun durch ein Glasrohr – die sogenannte Säule – geleitet, die mit der stationären Phase beschichtet oder gefüllt ist. Die verschiedenen Substanzen in der mobilen Phase interagieren unterschiedlich mit der stationären Phase: Einige Substanzen adsorbieren, je nach den chemischen Eigenschaften, stärker zur stationären Phase und bewegen sich daher langsamer durch die Säule, während andere eine schwächere Affinität haben und schneller durchlaufen. Dadurch erfolgt eine Trennung der Verbindungen.

Die einzelnen Komponenten werden mit einem Detektor nachgewiesen, der Signale auf der Grundlage von Faktoren wie Lichtabsorption, Leitfähigkeit, Fluoreszenz oder Massenspektrometrie aufzeichnet. Der Detektor erzeugt ein Chromatogramm, das die getrennten Komponenten darstellt. Jede Verbindung im Gemisch erzeugt ein charakteristisches Peak-Muster im Chromatogramm.

Edelstahl-Kapillare 1.4301 Gerader-Kapillar-Verbinder mit Außengewinde und Ferrule aus PEEK

Da bei der Chromatographie oft in sehr hohen Druckbereichen gearbeitet wird, sind Zubehörartikel wie druckbeständige PEEK-Kapillaren, Metall-Kapillaren und Kapillar-Verbinder unersetzlich. Die Flüssigkeitschromatographie bietet eine breite Palette von Anwendungen wie der Analyse von Umweltproben, Lebensmitteln, pharmazeutischen Substanzen und mehr.

Chemische Sensoren und Biosensoren

Chemische Sensoren und Biosensoren sind wichtige Werkzeuge der analytischen Chemie, um verschiedene Substanzen in Proben nachweisen und quantifizieren zu können.

Derartige Sensoren funktionieren nach verschiedenen Prinzipien wie der Veränderung der elektrischen Leitfähigkeit, optischen Eigenschaften oder elektrochemischen Reaktionen. Sie bestehen aus einem aktiven Element, das spezifisch auf den Analyten, also den zu analysierenden Stoff, reagiert. Beim Zusammentreffen des Analyten mit dem Sensor tritt eine elektrische, optische, thermische oder akustische Änderung im Sensor auf, die proportional zur Konzentration des Analyten in der Probe ist. Das daraus entstehende Signal wird gemessen, und aus dem Messergebnis wird dann die Konzentration des Analyten abgeleitet.

Biosensoren sind eine spezielle Art von chemischen Sensoren, die biologische Komponenten wie Enzyme, Antikörper, oder lebende Zellen zur Erkennung verwendet. Wichtige Anwendungsgebiete sind Umweltanalytik, Lebensmittelkontrolle, Umweltanalysen und Pharmazeutische Forschung und Entwicklung, aber auch Prozesskontrolle in der chemischen, Lebensmittel- und Getränkeindustrie.

Ausgewählte Anwendungen der analytischen Chemie

Umweltanalytik

Die analytische Chemie spielt eine entscheidende Rolle bei der Überwachung und Bewertung der Umweltqualität. Sie stellt die Instrumente und Methoden bereit, die zum Nachweis, zur Identifizierung und zur Quantifizierung von Schadstoffen, Verunreinigungen und natürlicher Bestandteile in Umweltproben erforderlich sind. Diese Informationen sind unerlässlich, um die Auswirkungen menschlicher Aktivitäten auf die Umwelt zu verstehen und fundierte Entscheidungen für deren Schutz und nachhaltige Bewirtschaftung zu treffen. Beispiele dafür sind die Überwachung und Bewertung der Luft- und Wasserqualität, die Analyse biologischer Proben, oder die satellitengestützte Spektroskopie zur Überwachung von Veränderungen von Landnutzung und Vegetation.

Pharmazeutische Chemie

Die pharmazeutische Analytik spielt eine entscheidende und kritische Rolle bei der Erfüllung von regulatorischen Anforderungen und der Gewährleistung der Patientensicherheit.

Equipment für die Hochleistungs-Flüssigkeitschromatographie (HPLC)
Equipment für die Hochleistungs-Flüssigkeitschromatographie (HPLC)

Sie benutzt dazu eine breite Palette von Techniken und Methoden, die beginnend mit der Entwicklung und Charakterisierung, bei klinischen Studien, der Herstellung, über die durchgängige Qualitätskontrolle des gesamten Entwicklungs- und Produktionszyklus, bis hin zur Einhaltung von Vorschriften eingesetzt werden.

Forensische Chemie

Die analytische Chemie ist ein grundlegender Bestandteil der forensischen Wissenschaft und konzentriert sich auf die Anwendung chemischer Prinzipien und Techniken zwecks Untersuchung kriminalistischer Beweismittel. Sie ermöglicht es, verschiedene Arten von physischen Beweisen zu analysieren und somit objektive und wissenschaftliche Beweise zur Verwendung bei strafrechtlichen Ermittlungen und Gerichtsverfahren zu sammeln.

Das Einsatzgebiet reicht von DNA- und Drogenanalysen über die Prüfung von Dokumenten, die Analyse von Schusswaffen und Werkzeugspuren. Der analytische Chemiker führt dabei Vergleichsanalysen zwischen Proben unterschiedlicher Quellen durch, um die Verbindung zu einem bestimmten Ereignis oder einer bestimmten Quelle herzustellen.

Zusammenfassung und Ausblick

Die analytische Chemie, ein dynamisches Gebiet an der Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Technologie, befindet sich inmitten einer spannenden und transformativen Reise. Mit ihren sich ständig weiterentwickelnden Techniken, Anwendungen und Beiträgen zu verschiedenen Branchen wird sie unsere Zukunft nachdrücklich mitgestalten.

Die kontinuierliche Entwicklung modernster Analyseinstrumente verspricht eine höhere Empfindlichkeit, Präzision und Geschwindigkeit. Massenspektrometrie, Chromatographie und Spektroskopietechniken werden immer ausgefeilter und ermöglichen es, selbst Spuren von Verbindungen nachzuweisen und komplexe Proben mit noch nie dagewesener Genauigkeit zu untersuchen. Neben den essentiellen Instrumenten werden auch Peripherie-Produkte wie Schläuche für die Analysentechnik und Labor- und Probenbehälter fortgehend weiterentwickelt.

Präparatedose aus PS - mit Schnappdeckel Silikon-Analysenschlauch

Datenwissenschaft und künstliche Intelligenz revolutionieren die Analyse und Interpretation der gemessenen Daten. Algorithmen für maschinelles Lernen helfen bei der Erkennung komplexer Strukturen und verbessern die Fähigkeit, Trends, Anomalien und Korrelationen in umfangreichen Datensätzen zu erkennen. Die analytische Chemie spielt eine zentrale Rolle in der personalisierten Medizin, um Behandlungen auf den einzelnen Patienten zuzuschneiden. Sie rückt bei der Überwachung der Luft-, Wasser- und Bodenqualität in den Mittelpunkt. Sie ermöglicht die Identifizierung von Schadstoffen und Verunreinigungen und unterstützt die Entwicklung nachhaltiger Praktiken zur Erhaltung der Umwelt.

Die Nanotechnologie geht nahtlos in die analytische Chemie ein und führt zur Entwicklung von miniaturisierten Sensoren und innovativen Nachweisplattformen. Sie ermöglicht die Durchführung einer Vielzahl von Laborprozessen und -analysen auf einem einzigen winzigen Chip.

Sie stärkt weiterhin ihre Rolle in der forensischen Wissenschaft. Fortschritte bei der Erstellung von DNA-Profilen und der Analyse von Spuren tragen zu genaueren und schlüssigeren Ergebnissen bei. Ebenso ist sie für die Erforschung des Weltraums unverzichtbar geworden, da sie die Analyse extraterrestrischer Proben und die Untersuchung der kosmischen Chemie ermöglicht.

Von der Entschlüsselung von Geheimnissen im Kosmos bis hin zur Verbesserung der medizinischen Versorgung – die analytische Chemie ist in der Lage, Wissenschaft, Technologie und die Gesellschaft als Ganzes nachhaltig und positiv zu beeinflussen.

Bild-Quellen: 
Beitragsbild | © bigy9950 – stock.adobe.com
Flammen-Atomabsorptionsspektrometer | © Der ursprünglich hochladende Benutzer war Talos in der Wikipedia auf Deutsch, CC BY-SA 3.0 <http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/>, via Wikimedia Commons
Equipment für die Hochleistungs-Flüssigkeitschromatographie (HPLC) | © DavidBautista – stock.adobe.com