Wer in einem chemischen Labor arbeitet, sollte sich stets der Gefahrenquellen seines Arbeitsumfeldes bewusst sein. Denn gerade hier können selbst kleine Fehler zu schweren Unfällen führen. Sogar der unbeachtete, „harmlose“ Säurespritzer auf dem Arm, der nicht sofort bemerkt und gründlich abgewaschen wurde, kann über Nacht Hautreizungen auslösen, die schließlich ärztlich behandelt werden müssen. Für Betreiber wie Mitarbeiter bündeln die Laborrichtlinien „Sicheres Arbeiten in Laboratorien“ alle wichtigen Informationen zu Arbeitssicherheit und Arbeitsschutz im Labor.
Arbeitssicherheit im Labor
In chemischen Laboratorien wird oft mit toxischen, brennbaren oder anderweitig gefährlichen Substanzen gearbeitet, von denen Gefahren für die Gesundheit des Einzelnen und für die Umwelt ausgehen können. Arbeitsschutz und Sicherheit spielen bei der baulichen und technischen Ausführung von chemischen Laboratorien zum Schutz des einzelnen Mitarbeiters eine große Rolle.
Eine Reihe an gesetzlichen Regeln und Vorgaben gewährleisten die Arbeitssicherheit im Labor, wozu beispielsweise die Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV mit aktuellen Änderungen 2017), die Technischen Regeln für die Betriebssicherheit (TRBS), die Gefahrstoffstoffverordnung (GefStoffV) und die Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) gehören.
Unerlässlich für die Arbeitssicherheit ist auch die Gefährdungsbeurteilung, die Gefährdungspotenziale, Schutzmaßnahmen und Verhaltensregeln zusammenfasst und vor der Aufnahme jeglicher Tätigkeit im Labor erstellt werden muss. Sie ist ein wichtiger Baustein im Gesamtregelwerk des Arbeitsschutzes für das Labor und ihre schriftliche Festlegung daher gesetzlich vorgeschrieben.
Die wichtigsten Punkte, um eine ausreichende Arbeitssicherheit im Labor zu gewährleisten
Richtiges Arbeiten in einer Abzugsanlage
Das Arbeiten mit Chemikalien, vor allem mit flüchtigen Stoffen, und die Durchführung von chemischen Versuchen und Synthesen sollten stets unter einer Abzugshaube oder besser im Abzug erfolgen. Nur dadurch ist gewährleistet, dass entstehende Dämpfe und Gase abgeführt werden und sich nicht im Raum verbreiten. Während Abzugshauben weniger effektiv sind, aber den allseitigen Zugang zum Arbeitsplatz zulassen, sind Abzüge Labormöbel mit fest eingebauter Luftabsaugung, die den Arbeitsplatz allseitig einhausen. Er ist üblicherweise von nur einer Seite zugänglich, die mit einer verschiebbaren Frontscheibe geschlossen wird.
Da in geschlossenen Laborabzügen stets ein geringer Unterdruck herrscht, bieten sie ein hohes Maß an Sicherheit gegen Kontaminationen der Raumluft beim Umgang mit flüchtigen Chemikalien. Wegen der begrenzten Zugänglichkeit des Arbeitsplatzes in Laborabzügen müssen Versuchs- und Geräteaufbauten hier mit besonderer Sorgfalt erfolgen. Das betrifft nicht nur deren Standsicherheit, sondern auch die Sicherung von Schlauchanschlüssen zur Kühlwasserversorgung sowie Gas- und Druckluftschläuchen mittels Schlauchschellen. Die Geräteaufbauten in einer Abzugsanlage müssen immer auf ihre Stabilität, Schläuche auf ihre Dichtigkeit und festen Anschluss geprüft werden.
Spezialanfertigungen
Arbeiten mit toxischen, luftempfindlichen oder radioaktiven Stoffen erfolgen in Handschuh- oder Glove-Boxen (engl.: glove boxes), meist aus Edelstahl gefertigt, in denen auch unter Schutzgasatmosphäre gearbeitet werden kann. Sie dichten den Arbeitsplatz gegenüber der Umgebungsluft hermetisch ab.
Gasdicht eingelassene Sichtfenster und ebenso gasdichte Durchführungen für Stulpenhandschuhe aus Chloroprenkautschuk, EPDM oder Butylkautschuk ermöglichen das Arbeiten in der Box. Das Ein- und Ausführen von Materialien und Gerätschaften erfolgt über ein Schleusensystem, die Zuführung von Medien über gasdicht in die Boxenwand eingeschraubte oder eingeschweißte Schlauch- oder Rohrverbinder. Für Elektroanschlüsse sind entsprechende Hermetik-Durchführungen verfügbar.
Versuche sicher durchführen
Der praktisch arbeitende Chemiker im Labor ist ein „Handwerker“, der mit Geräten und Stoffen umgeht, die nicht nur besondere Fachkenntnisse erfordern, sondern auch ein hohes Maß an Sorgfalt, um den sicheren Geräteaufbau und störungsfreien Ablauf von chemischen Prozessen zu gewährleisten. Schläuche müssen sicher sitzen, intakt und gegenüber den kontaktnehmenden eingesetzten Chemikalien resistent sein. Beim Auf- und Abbau von Glasapparaturen ist besondere Vorsicht geboten, um Glasbruch mit der Folge von Schnittverletzungen zu vermeiden, vor allem aber, um Hautkontakte mit Chemikalien und das Einatmen von Lösungsmitteldämpfen auszuschließen.
Besondere Versuchsbedingungen
Ein unumstößlicher Grundsatz des Arbeitsschutzes im Labor ist, chemische Prozesse niemals unbeaufsichtigt ablaufen zu lassen. Darüber hinaus müssen weitere Gefahrenquellen berücksichtigt werden. Unter dem Gesichtspunkt der Arbeitssicherheit gehört dazu das Arbeiten unter Vakuum, wozu der Einsatz von Rotationsverdampfern oder die Vakuumdestillation gehören. Hierfür sind geeignete, ausreichend dickwandige Glasgeräte einzusetzen sowie Schläuche und Schlauch-Verbindungshilfen, die dem Vakuum standhalten.
Werden bei chemischen Arbeiten hingegen Gase eingesetzt, sei es als Schutzgas oder als Reaktionskomponente, ist das Überschreiten des zulässigen Gasdrucks in der Apparatur durch entsprechende Sicherungen unbedingt auszuschließen. Das Arbeiten bei tiefen Temperaturen erfordert besondere Aufmerksamkeit. Beim Umgang mit flüssigem Stickstoff (-196 °C) oder auch mit Trockeneis (-78 °C) können bereits kurzzeitige Kontakte mit den Medien zu schmerzhaften und schwerheilenden Verbrennungen führen. Außerdem ist die fortwährende Freisetzung von gasförmigem Stickstoff bzw. Kohlendioxid zu beachten, was in geschlossenen Apparaturen unausweichlich zum gefährlichen Ansteigen des Innendrucks und schließlich durch Überdruck zur Explosion führen kann.
GHS – ein weltweit harmonisiertes System für die Bewertung von Chemikalien
Um die Sicherheit im Labor zu gewährleisten, ist die Kenntnis der von Chemikalien ausgehenden Gefahren eine der grundlegenden Voraussetzungen. Das international geltende „Global Harmonization System of Classification and Labelling of Chemicals“ (GHS) hilft, die von einem Stoff ausgehenden, physikalischen, gesundheitlichen und Umweltgefahren einzuschätzen. Die „GHS-Hazard-Statemens“, die sogenannten „H-Sätze“, geben kurz und knapp die Gefahrenpotenziale von Chemikalien an, aus denen sich die für die Sicherheit im Labor notwendigen Verhaltensregeln und Schutzmaßnahmen ableiten. Anhand von obligatorischen Piktogrammen auf den Behältnissen werden dem Kundigen die wesentlichen Gefährdungen durch die jeweilige Chemikalie vermittelt, wie „Lebensgefahr beim Verschlucken“, „Gesundheitsschädlich bei Hautkontakt“, „verursacht schwere Verätzungen der Haut und schwere Augenschäden“ oder auch „Flüssigkeit und Dampf leicht entzündbar“.
Die Substitutionsprüfung, die wissenschaftliche Erörterung der Austauschmöglichkeit eines gefährlichen Stoffes gegen einen weniger gefährlichen im Sinne der „Technischen Regeln für Gefahrstoffe“, die „TRGS 600 – Substitution“, ist ein weiterer, wichtiger Teil der Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeitssicherheit im chemischen Labor.
Sicher von A nach B…
Transport und Lagerung von Chemikalien sind für die Sicherheit im Labor mitbestimmend. Für den Transport von Gefahrstoffen, vor allem von Chemikalien in Glasflaschen, empfehlen sich Transportbehälter, denn das Verschütten von Chemikalien kann dramatische Folgen haben, vor allem, wenn sich leichtentzündliche Dämpfe bilden können. Für das schnelle und sichere Aufnehmen von verschütteten flüssigen Substanzen sind spezielle Verschütt-Kits im Handel erhältlich, so für Flusssäure und andere, gefährliche Chemikalien, für radioaktive Lösungen und sogar für Quecksilber.
Auf Arbeitsflächen sorgen rutschfeste Unterlagen für festen Halt von Chemikalienbehältnissen, für größere Gebinde bieten sich zum Einstellen der Gefäße Laborwannen aus perfluorierten Kunststoffen (PFA) und Polypropylen (PP) an. Auch der Einsatz von Kunststoffflaschen statt Glasflaschen kann hilfreich sein, um im Fall des Falles den Bruch eines ganzen Gebindes mit allen seinen Folgen zu verhindern. Schließlich müssen Chemikalien vor Licht- und Wärmeeinwirkung geschützt und in dunkel eingefärbten Flaschen aufbewahrt werden, um einer möglichen Zersetzung vorzubeugen. Allein durch solche, teilweise recht einfache Maßnahmen können Arbeitsschutz und Arbeitssicherheit im Labor erheblich verbessert werden.
Sichere Lagerung erhöht die Arbeitssicherheit
Für die Lagerung von größeren Chemikalienmengen sind spezielle, feuersichere Sicherheitsschränke entwickelt worden, die über eine fest installierte Entlüftung verfügen. Sie verhindert, dass sich entzündliche und explosive Luft / Gas – Gemische bilden können. Das betrifft nicht nur die Lagerung von brennbaren Lösungsmitteln in Originalgebinden, sondern auch die Verwahrung von Lösungsmittelresten und Lösungsmittelabfällen. Auch Labor-Kühlschränke sind heute explosionsgeschützt konstruiert.
Die Arbeitssicherheit berücksichtigt Zünd- und Brandquellen
Elektrostatische Entladungen oder ein kleiner Funke, wie er beispielsweise schon beim Ausschalten der Labor-Beleuchtung unvermeidbar ist, können zu einer Gefahr werden. Zwar schreibt die DIN 1946 vor, dass die Luft in einem gewöhnlichen Laborraum etwa achtmal pro Stunde vollständig ausgetauscht werden muss, aber Lösungsmitteldämpfe können sich viel schneller ausbreiten, als es eine Abluftanlage im Normalfall leistet.
Die geeignete Schutzausrüstung
Zur persönlichen Sicherheit gehört das Tragen von geeigneter Schutzkleidung. Dabei sind ein nichtbrennbar ausgerüsteter Laborkittel aus festem Baumwollgewebe, eine Laborbrille mit seitlichem Spritzschutz und festes Schuhwerk die pflichtgemäße Standardausrüstung.
Dazu können Schutzhandschuhe aus Latex oder allergenfreiem Nitrilkautschuk und Schürzen aus PVC kommen, wenn beispielsweise mit Säuren, Laugen oder anderen korrosiven Stoffen gearbeitet wird oder solche Stoffe umzufüllen sind.
Die Sicherheit im Labor ist trotz seiner Alltäglichkeit ein immer aktuelles Thema. Die Vorgaben für die Arbeitssicherheit im Labor, wie sie in den Laborrichtlinien angegeben sind, helfen dem Einzelnen, Unfälle zu vermeiden und Gefahren im täglichen Arbeiten zu minimieren.