Labormoerser

Labormörser – nicht nur ein Laborartikel

Sucht man nach der Bedeutung des Begriffes „Mörser“, findet man zwei verschiedene Bedeutungen. Laut Lexikon der Zeit ist ein Mörser in der Waffentechnik eine „Bezeichnung für eine früher übliche Geschützart, heute wird sie auch häufig für Granatwerfer verwendet“[1]. In der Chemie und Pharmazie versteht man darunter eine schüsselförmige Reibschale mit keulenförmigem Stab, auch Stößel oder Pistill genannt, zum Zerstoßen und Mahlen von Substanzen zu Pasten oder Pulvern.

Der Begriff Mörser stammt von dem lateinischen Wort „mortarium“ ab, mit dem die Römer eine Reibeschale aus Keramik bezeichneten.

In Grabstätten in Ägypten und Mittel- und Südamerika wurden Mörser gefunden, die mehrere tausend Jahre alt sind.

Diese wurden hauptsächlich dazu verwendet, um Pigmente aus Pflanzen und Mineralien für Malereien und Schminke zu gewinnen. Anfangs bestanden Mörser aus Steinblöcken, bei denen sich beim wiederholten Zerkleinern von Mineralien, Nüssen, Samen und Getreidekörnern eine Mulde bildete – die ursprüngliche Form eines Mörsers. Unter dem Begriff Mörser werden oft Fantaschalen, Reibschalen und Labormörser zusammengefasst, im Englischen existiert für diese Laborgeräte nur der Begriff „mortar“. Heutzutage werden Pistillen und Mörser aus verschiedenen Werkstoffen hergestellt, etwa aus Porzellan, Edelstahl oder Melaminharz.

Was sind Fantaschalen?

Fantaschalen, auch Patenen genannt, sind fester Bestandteil einer Apothekenausstattung. Benannt sind sie nach ihrem Erfinder, dem tschechischen Apotheker Max Fanta (1858 – 1925), der für diese „neuartige Salben-Reibschale“ 1903 ein Patent erhielt.

Fantaschalen besitzen dünne Gefäßwände mit glatter Fläche. Sie werden zur Herstellung von Salben, Cremes und Gelen eingesetzt. Bis 2014 wurden in Apotheken hauptsächlich weiße Fantaschalen aus Melaminharz verwendet. Melaminharz ist bruchsicher, allerdings entstehen bei der Verwendung feine Kratzer und Mikrorisse, in die sich Stoffe einlagern können. Beim nächsten Einsatz können diese wieder abgegeben werden und zu einer Kreuzkontamination führen. Zudem sind Melamin-Reibschalen nicht säurefest, nur bis etwa +70 °C hitzebeständig und damit auch nicht autoklavierbar. Deshalb hat die „Arbeitsgemeinschaft der Pharmazieräte Deutschlands“ (APD) 2014 gefordert, dass in Apotheken auch Fantaschalen und Pistills aus Edelstahl oder Glas bereitgehalten werden müssen.

Pistill labormoerser Reibschale (Moerser) labormoerser

Glas und Edelstahl sind schwerer als Melaminharz und dadurch standfester. Glas ist jedoch auch zerbrechlicher, hat aber den Vorteil, dass es transparent ist und so eine optische Kontrolle der Zubereitung erlaubt. Edelstahlschalen eignen sich nicht für die Verwendung sehr harter Substanzen wie zum Beispiel Bentonit, ein Gemisch verschiedener Tonmineralien und Bestandteil vieler Kosmetika, da es bei der Verarbeitung zu Metallabrieb kommen kann. Zudem ist Edelstahl gegenüber stark oxidierenden Säuren nicht beständig und deshalb für Zubereitungen von Lösungen zur Behandlung von Warzen- oder Aknenarben, die Trichloressigsäure enthalten, nicht geeignet.

Merkmale von Reibschalen

Reibschalen zeichnen sich durch eine raue Innenfläche aus, die Fläche des Stößels, die zum Zerreiben benutzt wird, ist ebenfalls rau.

Die Wölbung der Innenfläche der Reibschale ist immer größer als die Wölbung des Stößels, damit alle Pulverpartikel beim Zerreiben erfasst werden können.

Reibschalen werden als fester Bestandteil des Laborbedarfs zum Zerreiben fester Substanzen eingesetzt – damit können Teilchengrößen bis 50 Mikrometern erreicht werden. Für ölige und fettige Zubereitungen sind sie nur bedingt geeignet, da diese an der rauen Oberfläche anhaften können, die Poren verstopfen und die nächste Zubereitung verunreinigen können. Reibschalen werden aus Porzellan, Borosilikatglas oder Edelstahl angeboten. Die meisten Reibschalen besitzen einen Ausguss. Zur leichteren Entnahme kann auch zusätzliches Laborbesteck, wie Schaufeln, Löffel und Spatel, verwendet werden.

Poly-Loeffel

Formen von Labormörsern

Die Wände eines Labormörsers sind dick und besitzen eine glatte Innenfläche. Die Oberfläche des zugehörigen Stößels ist ebenfalls glatt. Labormörser sind aus den Materialien Achat, Porzellan, Borosilikatglas, Edelstahl, Bronze und Melaminharz erhältlich.

Achatmörser sind achteckig mit einer runden, flachen und glatten Reibfläche. Sie sind extrem hart und besitzen keinen Ausguss. Labormörser aus Borosilikatglas oder Porzellan haben meist einen Ausguss. Labormörser aus Edelstahl sind mit einem Standfuß oder rutschhemmenden Füßen ausgestattet. Eine spezielle Variation von Edelstahlmörsern sind die sogenannten Cryo-Mörser, die zum Zerkleinern einer Substanz bei tiefen Temperaturen benutzt werden. Dabei wird der Edelstahlmörser in eine nach außen thermoisolierte Edelstahlschüssel eingehängt, die mit Trockeneis (-78 °C) oder flüssigem Stickstoff (-196 °C) befüllt werden kann.

Herstellung von Cremes und Salben im pharmazeutischen Labor labormoerser
Herstellung von Cremes und Salben im pharmazeutischen Labor

Statt Labormörser werden oft auch Mörsermühlen eingesetzt. Sie ersetzen Handarbeit und arbeiten präziser und reproduzierbarer. Durch Druck und Reibung wird das zu mörsernde Material an den Wänden und am Boden des Mörsers zerkleinert. Der Labormörser rotiert und das Pistill wird nach unten gedrückt. Drehzahl des Labormörsers, Anpressdruck des Pistills und Mahldauer können eingestellt und der Mörser-Werkstoff an das Mahlgut angepasst werden. Mörsermühlen wurden von Friedrich Kurt Retsch erfunden, der dafür 1923 ein Patent erhielt.

Wo Labormörser eingesetzt werden

Laborbehälter und Labormörser gehören zu den unverzichtbaren Artikeln in jedem Laborinventar. Ein wichtiger Anwendungsbereich von Labormörsern ist die Probenvorbereitung für chemische oder physikalische Analysen, die Qualitätskontrolle und die Materialprüfung. Unabhängig vom Probenmaterial – wie Böden, Lebensmittel, pharmazeutische Produkte oder Baumaterialien – ist es für eine zuverlässige Analyse essentiell, dass die Einzelprobe repräsentativ für das Ausgangsmaterial ist und die Probenvorbereitung reproduzierbar durchgeführt wird.

Im Rahmen der Probenvorbereitung muss die zu untersuchende Substanz auf die benötigte Analysenfeinheit zerkleinert und homogenisiert werden. Bei temperaturempfindlichen, feuchten, klebrigen, faserigen oder elastischen Materialien, wie Proben aus der Kunststoff- und Lebensmittelindustrie, kommen Cryo-Mörser zum Einsatz. Durch das Kühlen versprödet das Material, bricht leichter und kann somit zerkleinert werden.

Ein weiterer wichtiger Einsatzbereich ist die Arzneimittelherstellung. Durch Mörsern wird das Material auf verschiedene Korngrößen zerkleinert. Dabei wird unterschieden zwischen „grob“ mit einem maximalen Partikel-Durchmesser von 750 Mikrometern, „mittelfein“ mit 300 Mikrometern und „fein“ mit 150 Mikrometern. Da für das Mörsern keine besonderen pharmazeutischen Kenntnisse nötig sind, wurde diese Arbeit früher von einem Stößer ausgeführt.

Pistill und Moerser mit Standbein aus Messing
Pistill und Mörser mit Standbein aus Messing

Beim Mörsern verteilt sich das Pulver auch in der Luft, weshalb in Preußen mit der Apothekenbetriebsordnung von 1902 eine separate Stoßkammer in Apotheken gesetzlich vorgeschrieben wurde.

Damals und auch heute noch wurden Labormörser aus Bronze, Messing, Eisen, Hartholz, Porzellan, aber auch Elfenbein, Edelmetallen oder Halbedelsteinen verwendet. „Das Material musste zur Arzneidroge passen. Rosenblüten zum Beispiel wurden in Mörsern aus Alabaster zerstampft, Perlen und Korallen in Mörsern aus weißem Marmor verrieben“[2]. Je nach Anwendung waren Modelle von einem Durchmesser von zwei Millimetern bis 8 Liter Fassungsvermögen im Einsatz. Neben dem Zerkleinern dient das Mörsern in der Arzneimittelherstellung auch dem Rühren und Mischen von Pulvern sowie der Herstellung von Salben, Cremes und Gelen.

Auch in vielen häuslichen Küchen ist ein Mörser nicht mehr wegzudenken. Gewürze sind ungemahlen länger haltbar und entwickeln ein stärkeres Aroma, wenn sie frisch zerstoßen werden.

Gewürzmischungen wie das indische Garam Masala oder Pasten wie thailändisches Curries und Pesto können damit schnell zubereitet werden. In einem Mörser können grundsätzlich alle Materialien zerkleinert werden, die weicher sind als der Mörser-Werkstoff. Für den Einsatz in der Küche werden Modelle aus Marmor, Holz, Porzellan, Keramik, Gusseisen oder Granit angeboten.

Herstellung von Pesto mit Hilfe eines Kuechen-Moersers aus Porzellan
Herstellung von Pesto mit Hilfe eines Küchen-Mörsers aus Porzellan

Dabei ist zu beachten, dass Marmor nicht säurebeständig ist, also empfindlich auf Essig oder Zitronen reagiert. Holz ist sehr dekorativ, aber feuchtigkeitsempfindlich, nicht sehr hart und wird mit der Zeit porös, wodurch es die Aromen der zu verarbeiteten Zutaten annimmt. Keramik und Porzellan sind stoßempfindlich, allerdings lassen sich damit Kräuter besonders fein mahlen. Besonders stabil sind Mörser aus Gusseisen oder Granit. Aufgrund ihres Gewichtes haben sie einen festen Stand auf der Arbeitsfläche und können nicht so leicht verrutschen. Gusseisen wird jedoch von Salzen und Säuren angegriffen.

Die Reinigung des Küchen-Mörsers hängt von dem gemörserten Produkt ab. Bei trockenem Mahlgut genügt das Ausbürsten, bei feuchtem ein Auswischen mit Tuch oder Schwamm, jedoch ohne Reinigungsmittel. Diese können sich in den Poren absetzen und den Geschmack beim nächsten Mörsern beeinträchtigen. Sollten sich nicht alle Flecken und Gerüche entfernen lassen, hilft ein altes Hausmittel: Mörsern von Reis zieht die Restbestände von Aromen aus den Poren.

Dekorativer Holzmörser fuer den Heimgebrauch
Dekorativer Holzmörser für den Heimgebrauch

Sowohl in der Küche als auch in der Apotheke und Analytik werden Mörser als bedeutende Arbeitsgeräte geschätzt.

Quellen:
[1] Die Zeit, das Lexikon in 20 Bänden, Zeitverlag Gerd Bucerius GmbH & Co. KG, Hamburg 2005
[2] https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/daz-az/2011/daz-19-2011/moerser-und-waagen
Bildquellen:
Beitragsbild | © Lemonade – stock.adobe.com
Herstellung von Cremes und Salben | © enriscapes – stock.adobe.com
Herstellung von Pesto | © dusk – stock.adobe.com
Dekorativer Holzmörser | © marcin jucha – stock.adobe.com