Noch vor gar nicht allzu langer Zeit haben Kinder in Südost-Asien noch gelernt, Essbares in ein Bananenblatt einzuwickeln, um es so für einige Zeit frisch zu halten – eine ökologisch sehr sinnvolle Lösung. Auch in Restaurants diente das Bananenblatt dort als dekorative wie zugleich umweltfreundliche Unterlage für Speisen. Doch mit der Globalisierung hat „das Plastik“ den Weg bis in die hinterste Region der Länder gefunden – ein Umdenken fand jedoch nicht statt. Als neuartiges Verpackungsmaterial wurde es einfach gegen Altbewährtes ausgetauscht, ohne jedoch über die Folgen nachzudenken. Die Plastikfolie wird, nach dem sie benutzt worden ist, wie ein Bananenblatt weggeworfen und der Natur überlassen – mit weitreichenden Folgen.
Das Problem mit dem Kunststoff
Im Jahre 2017 ist in Deutschland der Verpackungsmüll aus Kunststoffen mit insgesamt 18,7 Millionen Tonnen um drei Prozent gegenüber dem Vorjahr gestiegen. Pro Kopf der Bevölkerung sind das etwa 220,5 Kilogramm, während der Europadurchschnitt bei 167,3 kg liegt. Das meiste geht auf das Konto der Industrie. Aber es gibt auch einen steigenden Trend für die Verwendung von Einwegverpackungen, das to-go-Essen und -Trinken ist nur ein Beispiel. Jedoch nur etwa die Hälfte des Kunststoff-Müllaufkommens in Deutschland wird wiederverwertet; die Deutsche Umwelthilfe (DUH) geht sogar von nur 38 % aus.
Einer der Vorteile von Kunststoffen ist zugleich ihr größter Nachteil: Ihre Langlebigkeit. Sie sind sehr stabil und von der Natur kaum abbaubar. So dauert es bis zu 450 Jahre, bis sich die achtlos ins Meer geworfene PET-Flasche vollständig zersetzt hat. Rund 150 Millionen Tonnen Müll aus Kunststoffen befinden sich nach DUH-Schätzungen derzeit in den Weltmeeren, eine unvorstellbare und zugleich erschreckende Größenordnung, und jährlich kommen noch bis zu zehn Millionen Tonnen dazu.
Der Kunststoff als Wertstoff und das Recycling
Mit dem Begriff „Recycling“ werden Verfahren zusammengefasst, mit denen Abfallstoffe aufbereitet und wieder nutzbar gemacht werden. Ziel des Recyclings ist also nicht nur das Abfallaufkommen generell zu verringern, sondern daraus Wertstoffe zurück zu gewinnen und sie nach Möglichkeit wieder in die industriellen Stoffkreisläufe einzuführen, um Ressourcen zu schonen. Das deutsche Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG), die Grundlage für eine geordnete Abfallwirtschaft hierzulande, schließt darin Kunststoffe ausdrücklich mit ein.
Für die Verwertung von Abfällen aus Kunststoffen werden drei praktische Möglichkeiten unterschieden: das „wertstoffliche“ Recycling, das „rohstoffliche“ Recycling sowie die thermische Verwertung, wobei letzteres kein Recycling im Sinne des Kreislaufwirtschaftsgesetzes darstellt.
Wertstoffliches Recycling
Das wertstoffliche Recycling ist auf die Rückgewinnung und Wiederverwendung des Kunststoffs ausgerichtet. Die chemische Zusammensetzung und molekulare Struktur des Kunststoffs bleiben durch das Recycling unverändert. Das Verfahren ist ausschließlich für Thermoplaste geeignet, zu denen neben Polyethylenterephthalat (PET) und Polycarbonat (PC) auch Polyethylen (PE), Polypropylen (PP) und Polystyrol (PS) zählen. Die Kunststoffe werden für das Recycling lediglich von anhaftenden Beimengungen befreit und aus der Schmelze neu ausgeformt. Voraussetzung für das wertstoffliche Recycling ist jedoch die unbedingte Sortenreinheit des jeweiligen Abfallkunststoffs.
Erfolgreich praktiziert wird das wertstoffliche Recycling bereits beim sogenannten „Bottle-to-bottle“-Verfahren für Getränkeflaschen aus PET (Polyethylenterephthalat): Altflaschen werden zu Granulat geschreddert, aus dem sodann die von den Etiketten herrührenden Papierrückstände durch Windsichtung entfernt werden. Danach wird das leichtere Granulat der Verschlusskappen in einem Schwimm-Sink-Verfahren abgetrennt, ein bewährtes und zugleich einfaches Industrieverfahren, bei dem feste Stoffe nach ihrer Dichte voneinander getrennt werden. Das so aufbereitete und in mehreren Durchgängen gereinigte PET-Granulat kann dem Produktionsprozess für die PET-Getränkeflaschen unmittelbar zugeführt werden. Auf gleiche Weise werden auch CD- und DVD-Datenspeicher recycelt, die aus schlag-und bruchfestem Polycarbonat gepresst werden.
Idealerweise unterscheidet sich ein recycelter Kunststoff nicht von einem frisch produzierten. Schaut man aber genauer hin, entsprechen die Materialeigenschaften in vielen Fällen dann leider doch nicht mehr denen des Primärprodukts. So können Verpackungsmaterialien aus Polyethylen oder Polypropylen zwar durch Umschmelzen recycelt werden, die Kunststoffe altern aber mit der Zahl der durchlaufenen Wiederaufbereitungszyklen und erreichen schließlich nicht mehr die erforderliche Qualität. Ursächlich kommen dafür durch die thermische Belastung hervorgerufene Bindungsbrüche innerhalb der Polymerstrukturen in Frage. Die recycelten Thermoplaste können dann nur noch für die Produktion mechanisch weniger beanspruchter Produkte, wie Komposttonnen oder Abfallsäcke, eingesetzt werden.
Rohstoffliches Recycling
Neben dem wertstofflichen Recycling steht das rohstoffliche Recycling zur Verfügung. Es wird für gemischte oder stark verunreinigte Kunststoffabfälle eingesetzt und ist auch für das Recycling von Multilayer-Folien sowie von kunststoffkaschierten Pappen und Metallen geeignet.
Ziel des rohstofflichen Recyclings ist nicht die Rückgewinnung der Kunststoffe, sondern deren Abbau zu niedermolekularen flüssigen oder gasförmigen Zersetzungsprodukten, die als Ausgangsstoffe für chemische Synthesen oder anderweitige Zwecke eingesetzt werden können.
Der Polymerabbau kann durch Pyrolyse bei Temperaturen zwischen 400 °C und 800 °C unter Ausschluss von Sauerstoff erfolgen. Das Pyrolysegas enthält, abhängig von den Ausgangsprodukten, den unterschiedlichen Kunststoffabfällen, hauptsächlich Kohlenstoffmonoxid und niedermolekulare Kohlenwasserstoffe, daneben auch Kohlenstoffdioxid und Wasserstoff.
Eine andere Möglichkeit ist die hydrierende Spaltung, das Hydrocracken mit Wasserstoff. Dabei handelt es sich um eine aus der Petrolchemie entlehnte Verfahrensweise, mit der Polymere unter hohen Drucken bis zu 200 bar und Temperaturen bis zu 500 °C katalytisch hydriert werden und die vor allem flüssige oder gasförmige Kohlenwasserstoffe liefert.
Sowohl das rohstoffliche Recycling durch Pyrolyse als auch durch Hydrocracken haben für die Wiederverwertung von Kunststoffabfällen bislang nur geringe Bedeutung erlangt. Der Grund ist der erforderliche hohe Energieaufwand, der beide Verfahren unrentabel macht.
Eine rentablere Verwertung scheint sich hingegen aus ihrer Verwendung bei der Eisenerz-Verhüttung anzubahnen, wo der Einsatz von Koks, das Reduktionsmittel für den metallurgischen Prozess, durch eingespritzte Gemische aus Mineralölen und feingeschredderten Kunststoffabfällen merklich verringert werden kann. Lediglich PVC-Abfälle sind wegen der Bildung von Chlorwasserstoff (HCl) hierfür ungeeignet.
Thermische Verwertung
Die dritte Möglichkeit der Nutzung von Rest- und Abfallmaterialien aus Kunststoff ist die thermische Verwertung, die Verbrennung. Die frei werdende Energie kann zur Stromerzeugung oder auch für die Fernwärmeversorgung genutzt werden. Dennoch gilt die Verbrennung als keine nachhaltige Entsorgungsmöglichkeit, denn fast alle gängigen Kunststoffe basieren auf endlichen, fossilen Ausgangsstoffen, in erster Linie auf Erdöl. Sie ist aber bis heute immer noch das am häufigsten eingesetzte Verfahren. Es ist technisch einfach zu realisieren und erfolgt üblicherweise zusammen mit der Verbrennung von Müll aus kommunalen Aufkommen, der selbst noch erhebliche Mengen an Kunststoffen aus Haushaltverpackungen enthalten kann. Allerdings werden hohe Anforderungen an die Abgasreinigung von Müllverbrennungsanlagen gestellt, um gesundheitsschädliche Emissionen zu vermeiden, nicht nur von Feinstaub, sondern vor allem organischen Schadstoffe, die aus unvollständiger Verbrennung herrühren, wie Dioxine, polycyclische Aromaten und noch manche andere mehr.
Biologisch abbaubare Kunststoffe – elegante Lösungen
Die günstigen Werkstoffeigenschaften machen Verpackungsmaterialien aus Kunststoff fast unverzichtbar. Die lange Lebensdauer ist aber das Problem und die Entsorgung dazu. Biologisch abbaubare Kunststoffe können hier Abhilfe schaffen.
Polybutylen-adipat-terephthalat
Ein interessanter Kunststoff ist Polybutylen-adipat-terephthalat (PBAT), ein Co-Polymer der Polyester von 1,4-Benzoldicarbonsäre (Terephthalsäure) und 1,4-Butandicarbonsäure (Adipinsäure) mit 1,4-Butandiol. Das Polymer, dessen Gebrauchseigenschaften mit denen von PET vergleichbar sind, kann direkt zu Verpackungsmaterialien, wie Folien, verarbeitet werden. Es ist biologisch abbaubar, kann kompostiert werden und folglich mit dazu beitragen, das Plastikmüllaufkommen zu verringern. Es ist jedoch ein „rein-chemisches“ Polymer; ein Kunststoff, der auf fossilen Grundstoffen, Erdöl und Kohle, basiert und daher keine echte Alternative zu herkömmlichen Kunststoffen darstellt.
Ihm gegenüber stehen die biobasierten Kunststoffe, solche aus nachwachsenden Rohstoffen, von denen die Gewinnung von Kunststoffen aus thermoplastischer Stärke und Polymilchsäure bereits industriell erfolgt.
Thermoplastische Stärke
Die Gewinnung von Kunststoffen aus Stärke beruht auf landwirtschaftlich erzeugten Rohstoffen, wie Mais, Kartoffeln oder Reis. Die Stärke wird zunächst mit biologisch abbaubaren Weichmachern, wie Glycerin oder Sorbit, aufbereitet und zu formbaren Massen plastifiziert. Da Stärke in Wasser jedoch quellen würde, wird sie mit hydrophoben, ebenfalls biologisch abbaubaren Komponenten, wie Polyvinylalkohol, zu einem wasserfesten Bio-Polymerblend verarbeitet.
Thermoplastische Stärke findet als Plastiktüten und andere Verpackungsmaterialien, als Einweggeschirr für die Gastronomie und auch in Gärtnereien und landwirtschaftlichen Betrieben für Anzuchttöpfe Verwendung, die im Erdreich verbleiben können und dort verrotten.
Polymilchsäure
Milchsäure (2-Hydroxypropionsäure) ist ein natürliches Gärungsprodukt, das für Industriezwecke biotechnisch aus Maisstärke und Zuckern gewonnen wird. Bei ihrer Kondensation zu Polymilchsäure (Polylactid; PLA), einem Polyester, liefert sie einen vielseitig verwendbaren, thermoplastischen Biokunststoff. Seine Verarbeitung, etwa durch Spritzguss, ist jedoch technisch nicht ganz unproblematisch, da der Polyester bei längerem Erwärmen über seinen Schmelzpunkt von 60 °C der Depolymerisation, der Rückreaktion zu monomerer Milchsäure, unterliegen kann. Der niedrige Schmelzpunkt des Polylactids schränkt auch seine Einsatzmöglichkeiten ein, dem mit Zusätzen von Füllstoffen begegnet wird.
Polymilchsäure wird hauptsächlich zu Verpackungsmaterialien verarbeitet, die wirtschaftlich herzustellen sind. Da das Polylactid zudem kompostierbar ist, kann es mit dazu beitragen, das recyclingpflichtige Aufkommen an Verpackungsmüll zu reduzieren.
Wie geht es weiter?
Noch immer ist der Anteil an biobasierten und biologisch abbaubaren Kunststoffen für Verpackungen gering. Der Großteil der in Haushalten anfallenden Einweg-Kunststoff-Verpackungen, gemacht aus Erdöl oder Kohle, landet immer noch im gewöhnlichen Hausmüll, wo sie letztendlich mit verbrannt werden. Eine sortenreine Trennung, die für ein geordnetes Recycling erforderlich wäre, scheint bei den vielen marktüblichen Kunststoffen, derer sich die Industrie für Verpackungen bedient, für den Verbraucher kaum möglich. Eine Reduzierung der Zahl unterschiedlicher Kunststoffe und ihrer Blends für Verpackungen sowie ihre eindeutige Kennzeichnung wären angezeigt, wollte man dem wertstofflichen und rohstofflichen Recycling künftig eine größere Chance geben.
Ein Schritt in die richtige Richtung wäre es schon, wenn die Hersteller von Produkten auf nicht notwendige Kunststoff-Verpackungen verzichten würden. Den Anfang hat die Politik gesetzt: Plastiktüten, die für viele Unternehmen auch wichtige Werbeträger waren, sind per Gesetz seit 2020 aus dem Handel verbannt. Aber vieles wird nur in Sichtverpackungen aus Plastik verkauft, in den modern gewordenen Blisterverpackungen, die zwar für Arzneimittel sinnvoll sind, oft aber nur dazu dienen, ein Produkt besonders anschaulich zu präsentieren. Auch die Kunststofffolie ist vielmals entbehrlich, in die heutzutage nicht nur Bücher und Zeitschriften eingeschweißt werden, sondern auch Äpfel, Brokkoli und Gurken, die der Supermarkt auch lose verkaufen könnte. Und auch PE-Luftpolsterfolien und Schaumstoffflocken aus Polystyrol sind für den Versandhandel nicht unbedingt vonnöten; einst wurde Holzwolle für die gleichen Zwecke verwendet.
Ein bemerkenswerter Tropfen auf den heißen Stein: Um Plastikabfall zu vermeiden, verwendet seit letztem Jahr ein Supermarkt in Thailand wieder Bananenblätter als Verpackung von Obst und Gemüse, wie es früher einmal üblich war. Dennoch sollte für alle, hier wie da, die Devise gelten: Der beste Müll ist gar kein Müll.
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