Die POP-Liste: Persistente Organische Schadstoffe

Persistente Organische Schadstoffe (POP) sind organische Verbindungen, die für Mensch und Tier schädlich sind und in der Umwelt nur sehr langsam abgebaut werden. Sie verschmutzen Luft, Boden und Wasser und können in die Nahrungskette gelangen. Beim Verzehr von Lebensmitteln, die mit diesen Verbindungen kontaminiert sind, können POPs in den Körper gelangen, sich im Fettgewebe anreichern und gesundheitliche Probleme auslösen. Mit dem „Stockholmer Übereinkommen über persistente organische Schadstoffe“ (Stockholmer Konvention) wurden im Jahre 2004 erstmalig auf internationaler Ebene Beschränkungen für die Herstellung, Verwendung und Freisetzung organischer Schadstoffe festgelegt. Seither finden im Rhythmus von jeweils zwei Jahren Folgekonferenzen statt, auf denen die Vertragsstaaten über die Aufnahme weiterer Chemikalien in die POP-Liste entscheiden.

Ein globales Problem für Mensch und Natur

Persistente organische Schadstoffe sind problematische Substanzen, die auf natürlichen Wegen nur sehr langsam abgebaut werden und auch über Jahrzehnte in der Umwelt verbleiben können. Sie verbreiten sich über die Atmosphäre und reichern sich in den Böden an, um letztendlich auch in unsere Wasserreservoirs zu gelangen. Darüber hinaus können sie von Schwebstoffen adsorbiert werden und sich in Sedimenten ansammeln. So können sie sich über die Luft, die wir einatmen, und die Nahrung, die wir konsumieren, in unserem Körper manifestieren. Man spricht dann von Bioakkumulation. Mit zunehmender Konzentration dieser Substanzen im Körper werden schädliche Wirkungen wahrscheinlicher.

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Die Grafik zeigt, ab welcher Verweildauer ein Schadstoff laut Stockholmer Übereinkommen als langlebig eingestuft wird

Viele Produkte, die wir täglich nutzen, enthalten nicht selten POPs. Oft sind die zur Produktverbesserung eingesetzten Stoffe noch gar nicht als Schadstoffe erkannt. Die Exposition des Menschen gegenüber diesen meist genotoxischen Verbindungen kann zur Erhöhung des Krebsrisikos und zu neurologisch bedingten Verhaltensstörungen führen, zu Fortpflanzungsstörungen, zur Vermehrung von Geburtsfehlern und Fehlgeburten und auch zu krankhaften Veränderungen des Immunsystems. Kürzlich berichteten koreanische Wissenschaftler, dass Kinder mit auffälliger Adipositas auf chemische Einflüsse stärker reagieren als nicht fettleibige Kinder aus vergleichbaren Gruppen. Insbesondere erhöht sich bei ihnen die Wahrscheinlichkeit für den früheren Beginn der Pubertät.

Internationale POP-Konvention

Persistente Schadstoffe gelangen über Grenzen hinweg, weit entfernt von ihren Quellen, sogar in Regionen, in denen sie weder genutzt noch jemals produziert wurden. Deshalb beeinflussen sie die Ökosysteme weltweit, die Umwelt, die Natur und die menschliche Gesundheit.

Die ursprüngliche Stoffliste der Stockholmer Konvention umfasste zwölf persistente Chemikalien und war in drei Kategorien unterteilt:

  • Pestizide: Aldrin, Chlordan, Dieldrin, DDT, Endrin, Heptachlor, Hexachlorbenzol, Mirex, Toxaphen
  • Industrie-Chemikalien: PolychlorierteBiphenyle (PCBs)
  • Industrie-Nebenprodukte: PolychlorierteDibenzodioxine und Dibenzofurane

In der weiteren Folge wurde die Herstellung und Verwendung weiterer Substanzen, wie DDT, erheblich eingeschränkt und die Herstellung sowie Verwendung mehrerer anderer Chemikalien, wie das Insektizid Aldrin und polychlorierte Biphenyle, zu denen 209 Kongenere gehören, bereits vollständig verboten.

Ein US-Soldat wird zur Zeit des Zweiten Weltkriegs mit dem Insektizid DDT behandelt
Ein US-Soldat wird zur Zeit des Zweiten Weltkriegs mit dem Insektizid DDT behandelt

Polychlorierte Biphenyle, die PCBs, sind sehr stabile Chemikalien, die bis in die 1980er Jahre in einer Vielzahl von Industrie- und Konsumgütern verwendet wurden, als Weichmacher für Kunststoffe und Lacke, aber auch als Hydraulikfüssigkeiten, Isolatoröle in Hochspannungs-Transformatoren und als durchschlagsichere Dielektrika in Elektrolytkondensatoren. Letztere waren in jeden Rundfunk- und Fernsehgerät der damaligen Zeit verbaut. PCBs sind jedoch krebserregend, beeinflussen das Immunsystem und reichern sich im menschlichen Fettgewebe und in der Muttermilch an. Studien haben gezeigt, dass neurologische Entwicklungsstörungen bei Kindern bereits unter niedrigen PCB-Expositionen wahrscheinlich werden.

Verteilung der insgesamt 14500 Tonnen DDT die 1963 in der US-Landwirtschaft zum Einsatz kamen
Verteilung der insgesamt 14.500 Tonnen DDT, die 1963 in der US-Landwirtschaft zum Einsatz kamen

Relevante EU-Verordnungen

Im April 2004 wurden in der EU-Verordnung (EG) Nr. 850/2004 (EU-POP-Verordnung) detaillierte Anforderungen für die Herstellung, Verwendung und Begrenzung persistenter organischer Schadstoffe festgelegt. Die in Helsinki ansässige Europäische Chemikalienagentur (ECHA), die für den Vollzug der EU-Verordnung zuständig ist, hat spezielle Ausführungsbestimmungen in vier Anhängen aufgeführt:

  • Anhang I betrifft das Verbot der Herstellung, des Inverkehrbringens und die Verwendung in besonderen Ausnahmefällen persistenter organischer Schadstoffe;
  • Anhang II betrifft Beschränkungen für die Herstellung, das Inverkehrbringen und die Verwendung persistenter organischer Schadstoffe
  • Anhang III betrifft die Regelung für die Freigabe von Mindermengen persistenter organischer Schadstoffe
  • Anhang IV betrifft Bestimmungen für den Umgang mit persistenten organischen Schadstoffen im Rahmen der Abfallwirtschaft.

Die Stockholmer Konvention listet POPs in drei Anhängen auf, die ständig aktualisiert und ergänzt werden:

  • Anhang A umfasst Chemikalien, deren Herstellung und Verwendung untersagt ist
  • Anhang B, umfasst Chemikalien, deren Herstellung Verwendung nur eingeschränkt erlaubt ist
  • Anhang C umfasst Chemikalien, die als nicht gewollte Nebenprodukte bei chemischen Produktionsprozessen oder in Verbrennungsanlagen anfallen und durch Prozessänderungen zu minimieren oder gänzlich zu vermeiden sind

In Deutschland sind das Bundesamt für Chemikalien (BfC) und die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) die zuständigen Behörden für die Kontrolle der Einhaltung der POP-Verordnung. Auch das Umweltbundesamt (UBA) nimmt im Rahmen dieser Regelungen auf nationaler und internationaler Ebene einige Aufgaben wahr.

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Im Rahmen der POP-Konvention wurden 2009 weitere Chemikalien in die POP-Liste aufgenommen, vorwiegend Pflanzenschutzmittel und Insektizide: Pentachlorbenzol, Gamma-Hexachlorcyclohexan (γ-HCH), α- und β-Hexachlorcyclohexan und Chlordecon, ausserdem Perfluoroctansulfonsäure (PFOS) und ihre Salze, die als Tenside eingesetzt wurden, sowie Tetra-, Penta-, Hexa– und Hepta-Brombiphenyl, die wie die PCBs als Weichmacher für Kunststoffe und als Flammschutzmittel zur Anwendung gelangten.

PCB-haltiger Kondensator (DDR, Baujahr ca 1979)
PCB-haltiger Kondensator (DDR, Baujahr ca. 1979)

Im Jahr 2011 kamen Endosulfan, ein neurotoxisches Insektizid, und im Jahr 2013 Hexabromcyclododecan (HBCD) hinzu. Letzteres wurde hauptsächlich als additives Flammschutzmittel für Polystyrol-Hart-Schäume im Bauwesen und in der Möbelindustrie verwendet und hatte damit weite Verbreitung in den unmittelbaren Lebensbereichen der Menschen gefunden. HBCD baut sich unter Umweltbedingungen aber nur schwer ab und kann als bioakkumulativer Stoff über viele Wege auch in unsere Lebensmittel gelangen. Da in Tierversuchen die Schädigung der Embryonal- und Säuglingsentwicklung nachgewiesen werden konnte, war die vorsorgliche Aufnahme von HBCD in die POP-Liste und damit das generelle Untersagen seiner Herstellung und Verwendung eine gebotene Entscheidung.

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Im Jahr 2015 wurden drei weitere Chemikalien in die POP-Liste aufgenommen: Pentachlorphenol (PCP), seine Salze und Ester sowie polychlorierte Naphthaline (PCN), die fungizid wirken und in Holzschutzmitteln Verwendung fanden, und Hexachlorbutadien (HCBD), ein Biozid, das vorwiegend in Industriewasserreservoirs und Kühlwassersystemen zur Vermeidung der Algenbildung genutzt wurde. Im Jahr 2017 wurde die Liste um Decabromdiphenyl, ein Flammschutzmittel, erweitert und im Jahr 2019 schließlich um Perfluoroctansäure (PFOA), ein perfluoriertes, bioakkumulatives Tensid, dem leberschädigende und krebserregende Eigenschaften zugeschrieben wurden.

Gegenwärtig stehen weitere Chemikalien zur Debatte und werden für die Aufnahme in die POP-Liste geprüft. Dazu gehören

  • Dechloran Plus (DDC-CO), ein Flammschutzmittel
  • Perfluorhexansulfonsäure (PFHxS) und ihre Salze, die noch als technische Tenside eingesetzt werden und
  • Methoxychlor (DMT), ein chemisch dem DDT nahestehendes Pflanzenschutzmittel

Im Juli 2019 wurde die Verordnung (EG) Nr. 850/2004 durch eine Neufassung, die EU-Verordnung 2019/1021, ersetzt.

… und wie geht es weiter?

Bisher sind 183 von 193 UNO-Mitgliedsstaaten dem „Stockholmer Übereinkommen über persistente organische Schadstoffe“, der Stockholmer Konvention aus dem Jahre 2004, beigetreten. Damit haben sich nahezu alle Staaten dazu verpflichtet, nicht nur die Herstellung, Verwendung und Wirkung von Chemikalien streng zu überwachen, sondern auch mit dazu beizutragen, die Freisetzung von persistenten Gift- und Schadstoffen in die Umwelt zu vermeiden.

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Die Mehrzahl der bis heute synthetisierten und bekannten Chemikalien sind organische Verbindungen. Ihre Zahl hat die 100-Millionen-Grenze längst überschritten und täglich kommen neue hinzu. Aber nur von wenigen dieser Stoffe sind ihre Wirkungen auf Mensch und Umwelt ausreichend bekannt. Denn selbst Stoffe, wie die polychlorierten Biphenyle, die aufgrund vieler günstiger Eigenschaften seit 1929 großtechnisch produziert wurden und weltweite Anwendungen gefunden hatten, wurden erst nach Jahrzehnten ihres Einsatzes, in den 1980er Jahren, als chronisch giftige Chemikalien erkannt. Der langwährende, sorglose Umgang mit der vermeintlich harmlosen Chemikalie hat indessen zu einer weltweiten PCB-Kontamination geführt, deren Folgen für nachfolgende Generationen immer noch nicht sicher abschätzbar sind. Mögen die Unterzeichner der Stockholmer Konvention alles dazu beitragen, Gefährdungen der Menschheit durch ungenügend geprüfte, synthetische Chemieprodukte künftig sicher zu auszuschließen.


Bildquellen:
Beitragsbild | © pongmoji – stock.adobe.com
Grafik: Ab wann gelten Chemikalien als langlebig? | © Geografik – de.wikipedia.org
Diagramm: Verteilung der insgesamt 14.500 Tonnen DDT | © Blech – de.wikipedia.org