Was ist Korrosion und wie entsteht sie?

Korrosion ist ein globales Problem. Besonders betroffen sind Stahlkonstruktionen, wie Brücken oder Tragwerke, aber auch Industrieanlagen, Bahngleise, Rohrleitungen, Fahrzeuge und Maschinen. Die „World Corrosion Organization“ (WCO) schätze im Jahr 2009 die weltweit durch Korrosion hervorgerufenen wirtschaftlichen Schäden auf 1,8 Billionen US-Dollar.

Korrosion und ihre Entstehung

Korrosion ist im weitesten Sinne ein physikalisch-chemischer Prozess, bei dem ein Werkstoff mit Komponenten des ihn umgebenden Milieus reagiert und dabei grundlegende Eigenschaften verändert. Damit ist die Korrosion vor allem ein umweltbedingtes Phänomen.

Der Korrosion unterliegen aber nicht nur Metalle, sondern auch nichtmetallische Werkstoffe, wie Keramiken und Gläser. Besonders sind frühe und historisch wertvolle Buntglasfenster von Kirchen davon betroffen. Die Korrosion beruht hier auf Ionenaustauschprozessen. Sie bewirken über lange Zeiträume strukturelle Veränderungen des Materials, die schließlich in der völligen Zerstörung enden können.

Rostende Eisenbahnschienen
Rostende Eisenbahnschienen

Gewöhnlich wird der Begriff Korrosion“ auf jedoch auf Metalle bezogen. Er ist in der DIN EN ISO 8044 als Reaktion eines metallischen Werkstoffs mit seiner Umgebung, die eine messbare Veränderung des Werkstoffs bewirkt (Korrosionserscheinung) und zur Beeinträchtigung der Funktion eines Bauteiles oder eines ganzen Systems (Korrosionsschaden) führen kann“ definiert.

Der Korrosion liegen unterschiedliche Reaktionsmechanismen zugrunde. Meist ist die Korrosion ein elektrochemischer Prozess, aber auch chemische Reaktionen und metallphysikalische Phänomene können Korrosion bewirken.

Elektrochemische Korrosion

Die elektrochemische Korrosion ist mit der Ausbildung eines galvanischen Elements verbunden. In einem galvanischen Element stehen sich zwei verschiedene Metalle, zwei Elektroden, Anode und Kathode, in einem wässerigen Elektrolyten gegenüber, zwischen denen sich ein elektrisches Potential ausbildet. Werden beide Elektroden über einen elektrischen Leiter miteinander verbunden, fließt ein elektrischer Strom. Dabei geht die unedlere Elektrode, die Anode, in Lösung.

Dieses Prinzip wird in Batterien realisiert und ist auch Ursache für die elektrochemische Korrosion von Metallen.

Bei der elektrochemischen Korrosion werden die Elektroden entweder von unterschiedlichen Bauteilen einer Metallkonstruktion oder von Inhomogenitäten innerhalb einer Metalllegierung gestellt. Der Elektrolyt ist meist eindringendes Wasser, beispielsweise Regenwasser, mit dem sich dann ein kurzgeschlossenes“ galvanisches Element ausbilden kann. Die Folge davon ist die fortschreitende elektrochemische Auflösung des anodischen Metallteils, was letztendlich zur Lockerung von Metallverbindungen oder zur Korrosion innerhalb des Metallteils, dem Lochfraß, führt.

Ein Beispiel für Korrosion ist die Bildung von Rost auf Eisen, einem Gemisch von Eisenoxiden. Eisen rostet in Anwesenheit von Wasser und gelöstem Sauerstoff. An einer Stelle der Eisenoberfläche, die als Anode fungiert, findet die Oxidation von Eisen zu Fe2+-Ionen statt:

𝐹𝑒 → 𝐹𝑒2+ + 2 𝑒            (Anodenreaktion)

An einer anderen Stelle der Eisenoberfläche, die als Kathode fungiert, wird Sauerstoff unter der Bildung von OH-Ionen reduziert:

𝑂2 + 2 𝐻2𝑂 + 4 𝑒4 OḤ(Kathodenreaktion)

Beide Elektroden sind über die Oberfläche des Eisens kurzgeschlossen. Die sich bildenden Elektronen fließen dabei durch das Metall vom anodischen zum kathodischen Bereich. Die gebildeten Fe2+– und OH– Ionen bewegen sich durch das in die Struktur eingedrungene Wasser und reagieren zu Eisen(II)-hydroxid Fe(OH)2. Feuchtes Eisen(II)-hydroxid wird in Anwesenheit von Sauerstoff weiter zu wasserhaltigem Eisen(III)-oxid Fe2O3 x H2O oxidiert, dem als Rost bezeichneten Korrosionsprodukt.

Chemische Korrosion

Die chemische Korrosion bezeichnet die auf chemischen Prozessen beruhende Reaktion von Metallen mit oxidierenden Agenzien. Hierbei ist die direkte Reaktion von Metallen mit Sauerstoff dominierend – sie oxidieren“ das Metall und bilden ein Metalloxid. Doch nicht in jedem Fall führt die Korrosion mit Sauerstoff zu Schadbildern, wie sie beispielsweise durch Verzundern bei der Eisenbearbeitung zu beobachten sind.

Vergleich einer neuen und einer korrodierten Stahlschraube korrosion
Vergleich einer neuen und einer korrodierten Stahlschraube

Durch die Reaktion mit Luftsauerstoff können sich auch Oxidschichten auf der Oberfläche ausbilden, die das darunter liegende Metall vor weiteren chemischen Angriffen schützen. Man spricht in solchen Fällen von Passivierung. Ein bekanntes Beispiel dafür ist Aluminium, das allein dadurch korrosionsfest ist, weil es durch eine Deckschicht aus Aluminiumoxid (Al2O3) vom Korund-Typ auf der Oberfläche geschützt ist. Die chemisch weitgehend inerte Schicht ist nur wenige Nanometer stark; sie kann durch elektrochemisches Oxidieren, dem Eloxieren“, aber noch verstärkt werden. Sie ist dicht und festhaftend, sodass selbst konzentrierte Salpetersäure in Aluminiumtanks gelagert werden kann.

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Auch andere Metalle bilden oxidische Deckschichten aus, wie Kupfer, Blei oder Zinn. Die Eigenschaften der Deckschicht sind dafür ausschlaggebend, ob der mit der oberflächlichen Oxidation begonnene Korrosionsprozess fortschreitet oder zum Stillstand kommt. Ist die Deckschicht locker oder porös und damit durchlässig für Sauerstoff und Wasser, kann die Korrosion sehr tief in das Metall eindringen.

Selbstverständlich können auch anorganische wie organische Säuren die chemische Korrosion bewirken, indem sie die schützende Oxidschicht und das Metall auflösen. Im Verbund mit Wasser sind auch Halogene, wie Chlor, und Säure-Anhydride, wie Schwefeldioxid (SO2), Auslöser von Korrosion durch chemische Reaktionen.

Metallphysikalisch bedingte Korrosion

Die Ursachen für metallphysikalisch bedingte Korrosionen sind in Strukturänderungen der Metalle durch äußere Einflüsse zu suchen. Sie spielt dank der heutigen Erkenntnisse auf dem Gebiet der Metallurgie, durch Legieren mit geringen Mengen anderer Metalle, für die Korrosion jedoch kaum noch eine Rolle.

Ein markantes Beispiel für eine metallphysikalisch bedingte Korrosion ist die Zinnpest, die in früheren Zeiten aus reinem Zinn Gefertigtes befiel. Das waren hauptsächlich Orgelpfeifen in Kirchen, aber auch Gebrauchsgeschirr und Zierrat aus Zinn.

Die Ursache dafür ist, dass Zinn unter normalen“ Bedingungen in zwei verschiedenen Modifikationen, dem α-Zinn und dem β-Zinn auftritt. Eine dritte Modifikation, das γ-Zinn, existiert nur oberhalb von +162° C. Beide Modifikationen, α-Zinn und β-Zinn, weisen völlig unterschiedliche Kristallstrukturen auf, die sich nicht nur in ihrem Äußeren bemerkbar machen, sondern auch in ihren Dichten. Sie betragen für α-Zinn = 5,75 g/cm3 und für β-Zinn = 7,27 g/cm3, jeweils bei + 20° C. Jede der beiden Modifikation ist nur innerhalb eines bestimmten Temperaturbereichs physikalisch stabil: das graue α-Zinn nur unterhalb von +13,2° C, das silbrig aussehende β-Zinn oberhalb von +13,2° C.

Zinn in seiner beta- (links, weiss) und alpha- (rechts, grau) Modifikation korrosion
Zinn in seiner beta- (links, weiß) und alpha- (rechts, grau) Modifikation

Beim Unterschreiten der Temperatur von +13,2° C wandelt sich β-Zinn allmählich zu α-Zinn um. Die Umwandlung erfolgt umso schneller, je tiefer die Temperatur ist. Dabei nimmt das α-Zinn dabei ein größeres Volumen ein als das β-Zinn. Das hat zur Folge, dass das Metall in der Kälte nach und nach seine Struktur, Festigkeit und äußere Form verliert und schließlich zu einem grauen Pulver zerfällt. Der Begriff Zinnpest“ rührt noch aus den Zeiten her, als die metallphysikalische Korrosion des Zinns nicht erklärbar war und mit der unaufhaltsamen Pestseuche verglichen wurde, von der die Menschheit immer wieder heimgesucht wurde.

Edel und unedel – was ist das?

In aggressiver Umgebung korrodieren Metalle auf vorwiegend chemischen Weg. Eine Ausnahme bilden nur die Edelmetalle Gold und Silber sowie die Platinmetalle Ruthenium, Rhodium, Palladium, Osmium, Iridium und Platin.

Wegen ihrer naturbedingten chemischen Passivität bieten Edelmetallbeschichtungen einen sehr sicheren Korrosionsschutz für Metalle, der aber meist wirtschaftlich nicht zu realisieren ist.

Die Begriffe edel“ und unedel“ haben im Zusammenhang mit Metallen nicht nur eine Wertbedeutung, sondern auch einen physikalisch-chemischen Hintergrund, der für das Verständnis der unterschiedlichen Korrosionsneigungen der Metalle bedeutsam ist. Maßgeblich dafür ist das jeweilige „elektrische Potenzial“. Es ist, vereinfacht beschrieben, die Spannung, die sich in einer galvanischen Zelle zwischen einer Wasserstoffelektrode und einer Metallelektrode einstellt.

Die Wasserstoffelektrode ist eine von Wasserstoffgas umspülte Platinelektrode, die Wasserstoff in geringen Mengen adsorbiert. An ihr läuft die Reaktion H2 ⇄ 2H+ + 2 eab. Aus praktischen Gründen wird das Potenzial der Wasserstoffelektrode gleich null gesetzt, sodass die Potenziale der Metalle gegenüber der Wasserstoffelektrode sowohl negative wie positive Werte annehmen können. Ein Metall ist umso edler, je höher sein Potenzial gegenüber der Wasserstoffelektrode ist. Reiht man die Metalle nach ihren so bestimmten Standardpotenzialen vom höchsten bis zum niedrigsten, erhält man die sogenannte elektrochemische Spannungsreihe“, die sich für die wichtigsten Metalle verkürzt so darstellen lässt:

() Li → K → Na → Mg → Al → Zn → Fe → Sn → Pb → Wasserstoff → Cu → Ag → Hg → Pt → Au (+)

Sie begründet auch, weshalb bisweilen Kupfer (Cu) und Quecksilber (Hg) den Edelmetallen zugerechnet werden: beide haben ein positives Standardpotenzial.

Korrodierter Traeger einer genieteten Stahlbruecke korrosion
Korrodierter Träger einer genieteten Stahlbrücke

Werden unedlen Metallen edlere Metalle hinzu legiert, ändert sich das Standardpotenzial zu höheren Werten, die Korrosionsneigung ist dem zufolge geringer als die des unedlen Hauptbestandteils. So erreichen hochlegierte Edelstähle, Eisenlegierungen mit Nickel, Molybdän und anderen Metallen hohe Qualitäten, die in vieler Hinsicht mit denen von Edelmetallen vergleichbar sind.

Korrosion – auch ein Umweltproblem

Korrosion ist nicht nur ein Problem der chemischen Industrie, wo Anlagen und Rohrleitungen durch aggressive Medien angegriffen werden und korrodieren. Sie ist auch ein Umweltproblem, weil weltweite, kaum lokalisierbare Umweltverschmutzungen die Atmosphäre mit chemisch reaktiven Stoffen belasten, etwa mit Stickoxiden aus Abgasen von Großfeuerungsanlagen und dem Automobilverkehr, die sich in einer Reaktionskette zu Salpetersäure (HNO3) umsetzten, oder mit Schwefeldioxid (SO2), das hauptsächlich aus der Nutzung von schwefelhaltigen, fossilen Brennstoffen herrührt und zur Bildung von schwefeliger Säure (H2SO3) führt.

Beide Schadstoffe werden durch Niederschläge aus der Atmosphäre gewaschen und korrosiv wirksam, was zwangsläufig zu Langzeitschäden an Brücken und andere Stahlkonstruktionen führt.

Korrosionsschutz in der Praxis

Korrosion ist nicht umkehrbar und hat daher erhebliche Kosten bei der Sanierung von Korrosionsschäden zur Folge. Deshalb ist es wirtschaftlich geboten, bereits im Vorfeld wirksame Vorkehrungen zu treffen, um der Korrosion vorzubeugen.

Zu den vorbeugenden Maßnahmen gehört die Auswahl der richtigen Materialien für die jeweilige Aufgabe. So ist beispielsweise die Befestigung von Kupferdachrinnen nur mit Rinnenhaltern aus dem gleichen Metall, aus Kupfer, möglich, weil sich bei Verwendung anderer Metalle mit Regenwasser alsbald Lokalelemente ausbilden und die elektrochemische Korrosion in Gang setzen würden. Ähnliche Probleme können sich auch bei unterschiedlichen, miteinander vernieteten Metallen ergeben.

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Am sichersten ist es, Lokalelemente, die die elektrochemische Korrosion auslösen, durch Unterbrechung von leitenden Verbindungen zwischen den unterschiedlichen metallischen Komponenten zu verhindern, etwa durch elektrisch isolierende Lacke, Kunststoffe oder Keramiken. Für die Verbindung metallischer Bauteile bieten sich beispielsweise Distanzelemente, Isolierhülsen und Schrauben aus Kunststoffen und Keramiken an. Darüber hinaus kann der Zutritt von Luftsauerstoff und Feuchtigkeit durch Farbüberzüge oder auch durch Einfetten gemindert werden, wie es beispielsweise mit sogenanntem Polfett an den Kontakten der Bleiakkumulatoren von Kraftfahrzeugen üblich ist.

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Eine andere, sehr wirksame Möglichkeit ist die Nutzung einer Opferelektrode“ aus einem unedleren Metall als dem zu schützenden metallischen Werkstoff. Diese Variante des Korrosionsschutzes wird vor allem in industriellen Bereichen gewählt. Hierzu zählen beispielsweise unterirdische Öl- und Kraftstofftanks oder Gasleitungen aus Stahl. Dafür wird eine elektrisch leitende Verbindung zu einer Zink- oder Magnesiumplatte hergestellt, die in unmittelbarer Nähe in das feuchte Erdreich mit eingelassen ist und so praktisch eine Galvanische Zelle bildet. Bei diesem sogenannten kathodischen Korrosionsschutz“ löst sich das unedlere Metall, die Opferelektrode, über einen langen Zeitraum anodisch auf, während an dem zu schützenden Metallteil Wasserstoff freigesetzt wird. Solange die Opferelektrode noch nicht aufgebraucht und der sich dabei einstellende, geringe Stromfluss nicht unterbrochen ist, hält der Korrosionsschutz an.

Opferanode an einem Schiffskoerper korrosion
Opferanode an einem Schiffskörper

Die Entscheidung für eine bestimmte Schutzmaßnahme, von denen es viele mehr gibt als hier aufgezeigt wurden, hängt nicht nur von den technischen Realisierungsmöglichkeiten ab, sondern auch von der notwendigen Standzeit der zu schützenden Metallkonstruktion. Für eine Konservendose genügt die einmalig aufgebrachte Lack- oder Kunststoffbeschichtung im Inneren, um den nur kurzzeitig notwendigen Korrosionsschutz ausreichend zu garantieren. Für Eisenbahnbrücken sind hingegen immer wiederkehrende, aufwändige Korrosionsschutzmaßnahmen erforderlich, um ihre Standsicherheit über viele Jahrzehnte zu erhalten. Sie kosten zwar viel Geld, aber ein Brückenneubau, der erforderlich wird, nur weil der Korrosionsschutz vernachlässigt wurde, ist ganz sicher teurer.


Bildquellen:
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Zinn in seiner Modifikation | © Alchemist-hp – de.wikipedia.org
Korrodierter Träger einer genieteten Stahlbrücke | © Markus Schweiss – stock.adobe.com
Opferanode an einem Schiffskörper | © Zwergelstern – de.wikipedia.org