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Sicherer Umgang mit Druckgasen

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Noch bevor die Injektionsnadel des Autosamplers eine Wasser- oder Bodenprobe auf die Trennsäule eines Gaschromatographen injizieren kann, müssen Trägergase, wie Helium oder Stickstoff, zur Verfügung stehen, ansonsten wäre beispielsweise die VOC-Bestimmung, die Bestimmung flüchtiger organischer Verbindungen (engl.: volatile organic compounds), gar nicht möglich. Außerdem müssen für den hierbei eingesetzten Flammenionisations-Detektor (FID) Wasserstoff und synthetische Luft zur Verfügung stehen. Diese für den Betrieb instrumenteller Analysensysteme benötigten, hochreinen Spezialgase, sind meist in schweren und unhandlichen Druckgasflaschen abgefüllt, die keine unerheblichen Gefahren mit sich bringen.

Ortsbewegliche Druckgasbehälter enthalten sehr hoch verdichtete Reinst- und Laborgase bei einem Flascheninnendruck von 200 oder 300 bar. Andere Gasbehälter haben dagegen deutlich geringere Flaschendrücke.

Hierzu gehören druckverflüssigte Gase, wie das hauptsächlich aus Propan und Butan bestehende Flüssiggas (Liquefied Petroleum Gas, LPG), oder die in einem Trägermedium gelösten Gase. Das bekannteste Beispiel hierfür ist das in „Dissous“-Gasflaschen abgefüllte Autogen-Schweißgas Acetylen, das in Aceton gelöst an porösen mineralischen Materialien, wie Kieselgur, adsorbiert ist.

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Welche Risiken bergen Druckgasflaschen?

Bei einer sachgerechten Handhabung und Verwendung stellen Druckgasflaschen ein sicheres Arbeitsmittel dar. Nicht jedoch, wenn wichtige Vorsichtsmaßnahmen vernachlässigt werden, wenn Gaslecks nicht bemerkt werden oder gar ein Laborbrand ausbricht. Dann gehen von Druckgasflaschen sehr große Gefahren aus.

Nicht ausreichend gesicherte Gasflaschen können leicht umstürzen und zu Verletzungen führen. Besonders gefährlich ist es, wenn hierbei das ungeschützte Flaschenventil beschädigt wird und das Gas unkontrolliert entweichen kann. Auch starke Erwärmung kann durch Erhöhung des Innendrucks das Gefahrenpotential erhöhen und im Extremfall das Bersten von Druckgasbehältern bewirken.

Dedizierte Laborgasverteilung mit diversen Druckgasflaschen
Dedizierte Laborgasverteilung mit diversen Druckgasflaschen | © Jo Panuwat D – stock.adobe.com

Nicht nur der Flascheninnendruck, auch die Gase selbst bergen Risiken. Das häufig als Trägergas verwendete Helium verdrängt, wenn es in großen Mengen in die Atumluft gelangt, den lebenswichtigen Luftsauerstoff. Bei unzureichender Belüftung besteht dann Erstickungsgefahr. Gleiches gilt für Argon und Stickstoff, die beide ebenfalls häufig im Labor verwendet werden.

Wasserstoff verbrennt im Zündbereich von 4,0 bis 77,0 Vol.-% mit Luft explosionsartig. Dieses ist als Knallgas-Explosion wohl bekannt. Derartige Explosionen können verheerende Folgen haben.

Druckminderer und Armaturen für die brandfördernden Gase Sauerstoff und Lachgas müssen zur Vermeidung von spontanen Selbstentzündungen öl- und fettfrei gehalten werden und für Acetylen dürfen auf keinen Fall Armaturen und Rohrleitungen aus Kupfer oder Legierungen mit Kupferanteilen >70 % eingesetzt werden, um die Bildung von explosivem Kupfer(I)acetylid (Cu-C≡C-Cu) sicher auszuschließen.

Wie erkenne ich, welche Gefahren lauern?

Um auf die Gefahren durch Druckgasflaschen und deren Inhalt aufmerksam zu machen, sind diese auffällig markiert.

Das Füllgas ist generell durch Prägung im Flaschenkörper gekennzeichnet, während die farbige Flaschenschulter nach DIN EN 1089-3 die hiervon ausgehende Hauptgefährdung besonders hervorhebt. Entsprechend sind Druckgasbehälter für Wasserstoff und andere brennbare Gase rot und Behälter mit giftigem oder korrosiv-ätzendem Inhalt, wie Chlor, gelb markiert. Oxidierende Gase, wie Sauerstoff, haben eine hellblaue und inerte Schutzgasgemische sowie synthetische Luft eine grüne Flaschenschulter.

Für wichtige Gebrauchsgase werden zusätzliche stoffspezifische Farbkennungen angebracht:

Gas Schulterfarbe
Acetylen (C2H2) kastanienbraun
Sauerstoff weiß
Lachgas (N2O) blau
Argon dunkelgrün
Stickstoff schwarz
Kohlendioxid (CO2) grau
Helium braun

Der rautenförmige Gefahrgutaufkleber liefert wichtige Informationen zur „ADR-Klassifizierung“ für den Transport von Gefahrgütern auf der Straße, zu denen auch Gas-Flaschentransporte gehören.

Er enthält auch die gefahrstoffrechtliche „GHS-Kennzeichnung“ für chemische Stoffe (Globally Harmonized System of Classification, Labelling and Packaging of Chemicals) mit den H- und P-Sätzen (Hazard and Precautionary Statements), den standardisierten Gefahren- und Sicherheitshinweisen. Diese Kennzeichnungen an Gasflaschen dürfen nicht entfernt werden oder beschädigt sein.

Druckgasflaschen im Labor mit Druckanzeiger
Druckgasflaschen im Labor mit Druckanzeiger | © theshihan – stock.adobe.com

Sind Gasflaschen im Labor sicher?

Druckgasflaschen sollten aus Sicherheitsgründen immer außerhalb der Arbeitsräume aufgestellt werden. Am besten eignet sich für die Gasversorgung eine zentrale Laborgasverteilung nach Vorgaben der technischen Regeln für Druckgase, insbesondere der TRG 280. Hierüber werden benötigte Spezialgase, aber auch technische Druckluft, mit vergleichsweise geringem Überdruck von 6 bis 10 bar an Anschlussstellen mit Absperrventilen und Druckreglern zur Verfügung gestellt. Alternativ können Druckgase auch in wärmeisolierten Sicherheitsschränken nach DIN EN 14470-2 untergebracht werden. Diese verhindern im Brandfall ein schnelles Aufheizen der Druckgasflaschen und mindern die Gefahr des Berstens.

In einem Labor dürfen nur die für den Fortgang der Arbeit erforderlichen Gasmengen vorhanden sein, daher müssen Gasflaschen nach ihrer Verwendung stets wieder in ein sicheres Flaschenlager zurückgebracht werden. Insbesondere Gase mit toxischen oder krebserzeugenden Eigenschaften dürfen im Labor nur in kleinen Mengen vorgehalten werden und müssen unter dem Abzug eingesetzt werden.

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Wie lagern Gase richtig?

Gasflaschen werden vorteilhaft stehend und mit Gasflaschen-Halterungen gegen Umstürzen gesichert in besonders gekennzeichneten Flaschenlagern deponiert. Hierdurch ist die Unfallgefahr minimiert, insbesondere können die Druckgasbehälter so keine Verkehrs- oder Fluchtwege verstellen.

Flaschenlager müssen sehr gut belüftet sein. Sie befinden sich daher häufig außerhalb von Gebäuden. Dort ist es besonders wichtig, auf einen ausreichenden Schutz gegen Witterungseinflüsse und direkte Sonneneinstrahlung zu achten. Denn Druckgasflaschen dürfen sich nicht über 50 °C erwärmen, um unzulässige Druckerhöhungen zu vermeiden. Nicht zulässig ist auch die gemeinsame Lagerung von Druckgasflaschen mit brennbaren Materialien, wie Papier, Holz oder brennbaren Flüssigkeiten.

Gasflaschenlager mit Transportgestellen der Firma Linde
Gasflaschenlager mit Transportgestellen der Firma Linde | © Usien – de.wikipedia.org

Die sichere Handhabung von Druckgasbehältern

Der Transport der Gasflaschen über kurze Wege, etwa vom Lager zum Labor, darf nur mit geschlossenem Flaschenventil und aufgeschraubter Schutzkappe mittels kippsicherem Flaschentransportwagen durchgeführt werden.

Die Entnahme der Druckgase erfolgt über Druckminderarmaturen, die sich durch unterschiedliche Anschlüsse und Gewindearten auszeichnen, um Verwechslungen praktisch auszuschließen. Sie sind für wichtige Gase in der DIN 477, Teil 1 gelistet. So sind die Armaturen und Anschlüsse für alle brennbaren Gase, wie Wasserstoff, immer mit Linksgewinden ausgestattet, die für nichtbrennbare Gase hingegen mit Rechtsgewinden. Zu den nichtbrennbaren Gasen gehören neben den Edelgasen und Stickstoff auch Sauerstoff und Druckluft, da diese allein nur brandfördernd, jedoch nicht brennbar sind.

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Nach dem Anschluss einer Gasflasche werden zunächst die Armaturen, Rohrleitungen und Verbindungen auf Gaslecks geprüft. Sie können mit Seifenlösung oder einem Lecksuchspray schnell aufgefunden werden. Alternativ hierzu stehen elektronische Leckage-Detektoren zur Verfügung, die Stoffe, wie Wasserstoff und Methan, aber auch Kältemittel und Kohlendioxid nachweisen können. Für Dauerversuchs-Anordnungen ist eine Druckstandsprüfung über einen längeren Zeitraum, etwa über Nacht, angezeigt, bei der die Druckbeauflagung nicht merklich abnehmen darf.

Erst nach erfolgreicher Dichtheitsprüfung dürfen Gasflaschenventile zum Betrieb der Analysegeräte und Anlagen von Hand, ohne Zuhilfenahme von Werkzeugen, geöffnet werden.

Transport einer Gasflasche ohne Ventilschutzkappe in Mumbai
So nicht! Unsachgemäße Handhabung beim Transport einer Gasflasche ohne Ventilschutzkappe in Mumbai. Das Ventil ist nicht gegen Abriss gesichert. | © Arne Hückelheim & Jan Hückelheim / Knipptang – de.wikipedia.org

Was passiert mit leeren Gasflaschen?

Muss eine Gasflasche gewechselt werden, weil sie zum Beispiel leer ist, wird zunächst das Flaschenventil geschlossen. Anschließend wird der Druckminderer durch Drehen am Handrad entspannt. Erst danach darf dieser abgeschraubt werden.

Leere Gasflaschen werden in der Regel dem Flaschenlieferanten oder dem Abfüllbetrieb mit einem Restdruck von 5 bis 10 bar zurückgegeben. Hierdurch wird das Endringen von Luft, Feuchtigkeit und anderen Verunreinigungen verhindert.

Weiterhin müssen geleerte Flaschen geeignet gekennzeichnet werden, damit diese nicht mit vollen Gasbehältern verwechselt werden.

Ein paar Worte zum Schluss

Dieses ist nur ein kurzer Abriss über Gefahren, die von Druckgasen ausgehen können, sowie über deren sicherer Handhabung und den notwendigen Schutzmaßnahmen. Im Einzelfall sind die besonderen, für das jeweils eingesetzte Druckgas vorgeschriebenen Sicherheitsvorgaben und Handlungsempfehlungen zu ermitteln und umzusetzen, damit mögliche Gefahrenquellen ausgeschlossen und das vorhandene Risiko beim Umgang mit Druckgasen minimiert werden kann.