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RoHS-Richtlinien als Grundlage für die Produktions- und Prozesstechnik

In der heutigen Zeit fällt generell sehr viel Müll an. Auch ein Großteil der Elektro- und Elektronikgeräte wird nach wenigen Jahren entsorgt und durch neuere, leistungsfähigere Modelle ersetzt. Paradebeispiele aus unserem Alltag sind Computer und Smartphones. Verschiedene Stoffe, die in Elektrogeräten verwendet werden, sind leider alles andere als umweltfreundlich und gelangen über den anfallenden Elektroschrott in die Umwelt und können so auch in unsere Nahrungskette gelangen. Um die Ansammlung von gefährlichen Stoffen in der Natur zu minimieren, wurden die RoHS-Richtlinien verfasst.

Was sind RoHS-Richtlinien und was ist ihr Ziel?

Als Restriction of Hazardous Substances, kurz RoHS (dt.: Beschränkung [der Verwendung] von gefährlichen Substanzen) werden die Richtlinie 2011/65/EU, die seit 3. Januar 2013 in Kraft getreten ist und sein Vorläufer 2002/95/EG bezeichnet. Oft werden auch die Begriffe RoHS 1 und RoHS 2 verwendet. Zusätzlich wurde mit 2015/863/EU, auch RoHS 3 genannt, ein Zusatz zu RoHS 2 veröffentlicht. In Deutschland wurden die RoHS-Richtlinien in der Elektro- und Elektronikgeräte-Stoff-Verordnung (ElektroStoffV) in die nationale Gesetzgebung übernommen.

Alte elektronische Schaltung
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Das Ziel dieser EU-Richtlinien ist es in erster Linie zu vermeiden, dass Gefahrstoffe durch elektrische und elektronische Geräte in die Umwelt freigesetzt werden. Gleichzeitig bildet der Verzicht der gefährlichen Substanzen eine Grundlage für die Produktions- und Prozesstechnik in einem herstellenden Unternehmen in der Elektrobranche. Bei der Produktion wird einerseits ein Zugewinn an Sicherheit für die Fabrikarbeiter erwirkt und andererseits werden bei der Verwendung auch wir, die Verbraucher, geschützt. Auch der Einsatz von ungiftigen und umweltverträglichen Substitutionsprodukten soll durch die RoHS-Richtlinien gefördert werden.

Kurzer Exkurs – Was ist der Unterschied zwischen Elektrik und Elektronik?

Der Unterschied zwischen Elektrik und Elektronik ist vermutlich nicht jedem klar. Elektrik bezieht sich auf Elektrizität und damit auf alles was mit elektrischem Strom zu tun hat, von elektrischen Anlagen zur Stromerzeugung, dem Stromtransport über Leitungen bis hin zum Betrieb von Geräten mit Hilfe von Strom.

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Elektronik hingegen bezieht sich auf die Eigenschaft, elektrische Signale zu verarbeiten, z. B. um ein elektrisches Gerät zu steuern. Deshalb können Geräte sowohl elektrische als auch elektronische Eigenschaften besitzen.

Welche Gefahrstoffe werden eingeschränkt?

In der Richtlinie 2011/65/EU werden konkrete Grenzwerte für die beschränkten Substanzen eingeführt. Tatsächlich sind nur relativ wenige, sehr gefährliche Stoffe speziell für Elektro- und Elektronikgeräte reglementiert und deshalb möchten wir hier auch kurz auf die jeweilige Problematik der Stoffe eingehen und Beispiele für ihre Verwendung in Elektrogeräten aufführen.

Grenzwerte in Gewichts-% im jeweils verwendeten Material bestehen für die folgenden Gefahrstoffe:

  • Cadmium (Cd) – 0,01 %:  Cadmium und vor allem seine wasserlöslichen Verbindungen sind sehr giftig und werden aus dem menschlichen Körper nur äußerst langsam ausgeschieden, wodurch es sich im Laufe des Lebens akkumuliert. Eine chronische Vergiftung führt unter anderem zu Atemwegs-, Nieren- und Knochenschädigungen.
    Cadmium wurde bis vor kurzem in großem Maßstab in Akkumulatoren, den sogenannten NiCd-Akkus verwendet. Mit Ausnahme einiger weniger Einsatzbereiche dürfen diese seit 2009 nicht mehr in Verkehr gebracht werden. Typischerweise wurde das Schwermetall zum Beispiel auch in Cadmium-Bismut-Legierungen für Schmelzsicherungen oder als Cadmium-Stearat als Stabilisator für Kunststoffe wie PVC verwendet. Und schließlich war bis Ende 1998 das „Vercadmen“ von Eisenteilen, das Aufbringen von galvanischen Cadmium-Überzügen, ein industrieübliches und wirksames Korrosionsschutzverfahren.
  • Blei (Pb) – 0,1 %: Blei ist dasjenige Umweltgift, das weltweit zu den verheerendsten Schäden führt. Giftig sind dabei in erster Linie Bleistäube und Organobleiverbindungen. Auch Blei wird sehr langsam vom menschlichen Körper ausgeschieden, wodurch es zur Anreicherung kommt. Die Schädigungen durch Blei sind vielfältig; so werden beispielsweise das Nervensystem und die Nieren geschädigt und wichtige Enzyme der Blutbildung gehemmt. Neben der Giftigkeit für den Menschen schädigt Blei auch viele weitere Organismen.
    In Elektrogeräten wird Blei in erster Linie in Legierungen und Lötverbindungen verwendet.
  • Quecksilber (Hg) – 0,1 %: Organische Quecksilber-Verbindungen können durch einfaches Passieren der Blut-Hirn-Schranke zu Schädigungen des zentralen Nervensystems beim Menschen führen. Vor allem ungeborene Kinder und Säuglinge sind gefährdet.
    Vielen Menschen ist vermutlich die Verwendung von Quecksilber in Energiesparlampen bekannt, da diese deshalb nicht im Restmüll entsorgt werden dürfen. Weniger allgemein bekannt dürfte die Anwendung in Neigungsschaltern sein, die auch in Haushaltsgeräten verbaut wurden.
  • Sechswertiges Chrom (Cr(VI)) – 0,1 %: Cr(VI)-Verbindungen sind hochtoxisch für Mensch und Natur. Bei Menschen sind sie karzinogen und fortpflanzungsgefährdend und können unter anderem auch Auslöser von Allergien darstellen.
    Chrom (VI) wurde in vielen Bereichen verwendet. Beispiele sind der Einsatz als Beschichtung bei verzinkten Schrauben und als Korrosionsschutzmittel.
  • Polybromierte Biphenyle(PBB) und Polybromierte Diphenylether (PBDE) – 0,1 %: Diese Verbindungen werden in erster Linie als Flammschutzmittel eingesetzt, z. B. in Kunststoffisolatoren, wobei PBB auch als Weichmacher Anwendung finden. PBB und PBDE sind biologisch nur schwer abbaubar und stehen im Verdacht karzinogen zu sein. PBB besitzen außerdem potentiell toxische und leberschädigende Eigenschaften.

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Mit der Richtlinie RoHS 3 (2015/863) wurde die Liste der beschränkten Substanzen um vier Phthalate erweitert, die jeweils einen Grenzwert von 0,1 % besitzen.

Es handelt sich um die Kunststoffadditive, die als Weichmacher eingesetzt werden. Die Phthalate sind alle durch die REACH-Verordnung als Substances of Very High Concern (SVHCs) eingestuft. Das Risiko, das von diesen Gefahrstoffen für den Menschen ausgeht, beruht in erster Linie auf ihrer Reproduktionstoxizität. Des Weiteren ist DEHP potentiell krebserzeugend und besitzt ebenso wie DBP und BBP eine sehr hohe Giftigkeit für Wasserorganismen.

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Welche Geräte sind betroffen?

Grundsätzlich sind alle elektrischen und elektronischen Geräte betroffen, die in die EU eingeführt werden und hier vertrieben werden. Die Geräte wurden in 11 Kategorien unterteilt:

  1. Haushaltsgroßgeräte
  2. Haushaltskleingeräte
  3. IT- und Telekommunikationsgeräte
  4. Geräte der Unterhaltungselektronik
  5. Beleuchtungskörper
  6. Elektrische und elektronische Werkzeuge
  7. Spielzeug sowie Sport- und Freizeitgeräte
  8. Medizinische Geräte
  9. Überwachungs- und Kontrollinstrumente einschließlich Überwachungs- und Kontrollinstrumenten in der Industrie
  10. Automatische Ausgabegeräte
  11. Sonstige Elektro- und Elektronikgeräte, die keiner der bereits genannten Kategorien zuzuordnen sind.

Außer für Geräte der Kategorie 11, für die die Übergangsfrist noch bis zum 22. Juli 2019 gilt, sind die Übergangsfristen von RoHS 2 mittlerweile ausgelaufen und somit die Vorgaben verpflichtend. Generell gelten die RoHS-Richtlinien für alle verwendeten Materialien eines Elektronik- und Elektrogerätes.

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Deshalb werden viele Ausgangsmaterialien, wie z. B. Kunststoffe, durch den Hersteller als RoHS-konform klassifiziert, um diese gezielt an Produzenten von Elektroprodukten zu vermarkten. Ausnahmen gibt es lediglich für Geräte, die in sensiblen Bereichen dringend benötigt werden. Beispiele sind unter anderem Militärausrüstungen, Photovoltaik-Anlagen und spezielle F&E-Ausrüstungen, welche jedoch nur an andere Unternehmen verkauft werden.

RoHS als Voraussetzung für CE-Konformität und Verknüpfung mit der WEEE-Richtlinie

Durch die Anbringung eines CE-Zeichens auf einem Produkt, erklärt der Hersteller bzw. das vertreibende Unternehmen die Konformität des Produkts mit allen geltenden EU-Gesetzen. Zu jedem so gekennzeichnetem Produkt führt der Hersteller ein Dokument, die sogenannte Konformitätserklärung.

Seit Einführung der RoHS-Richtlinie 2 muss ein elektrisches und elektronisches Gerät RoHS-konform sein, damit eine CE-Kennzeichnung angebracht werden darf. Daneben kann die Übereinstimmung mit weiteren Richtlinien erforderlich sein, wie z. B. die Richtlinie über die elektromagnetische Verträglichkeit 2014/30/EU, die Ökodesign-Richtlinie 2009/125/EG oder die REACH-Verordnung.

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Die europäische Richtlinie Waste Electrical and Electronic Equipment (WEEE, 2012/19/EU) ist eng mit RoHS assoziiert. Sie beinhaltet Vorgaben für die Mülltrennung und das Recycling von elektronischen und elektrischen Geräten.

Umfassendes Abfallmanagement als Grundlage zur Vermeidung von Gefahrstoffen in der Umwelt

Ein gutes Abfallmanagement ist essentiell um zu verhindern, dass sich Umweltgifte in unseren Böden, in Fauna und Flora und letztendlich auch in unseren Körpern ansammeln. Im Bereich Elektrogeräte sind die RoHS-Richtlinien ein sehr wichtiger Baustein eines umfassenden Abfallmanagements. In Europa wurden dadurch wichtige Richtlinien geschaffen, die leider in vielen Teilen der Welt noch fehlen.

Besonders in Entwicklungsländern ist die Verseuchung des Bodens durch Bergbau oder Industrie nicht selten. Dennoch gibt es in einigen Ländern außerhalb Europas mittlerweile Gesetze, die die RoHS-Richtlinien der EU ganz oder abgeändert übernommen haben. Bis jetzt sind das die Länder China, Südkorea, Japan, Schweiz, Norwegen und Türkei, sowie der US-Bundesstaat Kalifornien.

Quelle: http://www.rohsguide.com/rohs-categories.htm

Über Dr. Karl-Heinz Heise

Dr. Karl-Heinz Heise studierte an der Martin-Luther Universität Halle-Wittenberg Chemie und der vormaligen Technischen Hochschule Dresden Radiochemie und Chemische Kerntechnik. Danach war er bis zur politischen Wende 1989 als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Zentralinstitut für Kernforschung Rossendorf (ZfK) der Akademie der Wissenschaften in verschiedenen Bereichen der Isotopenproduktion und Markierungschemie tätig. 1990 wurde er im neu gegründeten Leibnitz-Forschungszentrum Dresden - Rossendorf, dem heutigen Helmholtz-Zentrum, mit der Leitung der Abteilung für Organische Tracerchemie des Instituts für Radiochemie betraut, die sich mit umweltchemischen Prozessen in den Hinterlassenschaften des Uranbergbaus der DDR befasste. Dr. Heise ist begeisterter Hobby-Numismatiker und beschäftigt sich dabei vornehmlich mit der höfischen Medaillenkunst des 19. Jahrhunderts in Sachsen.