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Gel-Permeations-Chromatographie in der Polymeranalytik

Wer sich mit Polymeren und deren Eigenschaften beschäftigt, sollte etwas über die sogenannte Molekulargewichtsverteilung wissen. Was das ist, wie diese mit Hilfe der  Gelpermeationschromatographie bestimmt werden kann und was ein Materialwissenschaftler daraus lernen kann, erfahren Sie hier.

Kunststoff ist nicht gleich Kunststoff

Kunststoffe, die aus exakt den gleichen Monomeren aufgebaut sind, können sich trotzdem sehr in ihren Eigenschaften unterscheiden. Ein bekanntes Beispiel dafür ist Polyethylen, das in der HD-Variante eine hohe Dichte und Steifigkeit besitzt, während die LD-Variante eine geringere Dichte besitzt und flexibel ist. Beide Kunststofftypen sind aus Ethyleneinheiten aufgebaut, aber unterscheiden sich in der molaren Masse und dem Verzweigungsgrad. Dieser Verzweigungsgrad, die zwei- beziehungsweise dreidimensionale Struktur und die Kettenlänge der Polymere, bestimmen die physikalischen Eigenschaften der daraus hergestellten Kunststoffe.

Details eines SEC-Chromatographen
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Die Gelpermeationschromatographie (GPC), auch unter dem Namen Größenausschlusschromatographie (engl.: Size Exclusion Chromatography, SEC) bekannt, ist in der modernen Polymeranalytik eine der wichtigsten Methoden zur Charakterisierung von Polymeren und hat einen festen Platz in Forschung, Entwicklung sowie der Qualitätskontrolle.

Durch die Kopplung mit verschiedensten Detektionsmethoden schafft es die Gelpermeationschromatographie außerdem, in einem Analysendurchgang Aussagen zur Molekülmasse sowie zum Verzweigungsgrad zu machen.

Kunststoffeigenschaften sind strukturabhängig

Ein Kunststoff besteht aus Polymeren unterschiedlichster Kettenlängen, die verzweigt oder linear sein können. Sie können aus einem oder verschiedenen Monomereinheiten aufgebaut sein. Diese Vielfalt an Verarbeitungsmöglichkeiten erlaubt die Herstellung von Werkstoffen mit maßgeschneiderten Eigenschaften.

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Polyethylen (PE) ist ein gutes Beispiel dafür, welchen Einfluss Verzweigungsgrad und Molekularmasse haben. So ist schwachverzweigtes High Density Polyethylen (HDPE) ein hartes Material von hoher Steifigkeit und Dichte. Dagegen ist Low Density Polyethylen (LDPE) ein stark verzweigtes Polymer mit geringer Dichte und ein weicher sowie biegsamer Werkstoff.

Hochmolekulares Polyethylen (PE-HMW) mit einem Molekulargewicht um die 500.000 g/mol und ultrahochmolekulares Polyethylen (PE-UHMW) mit einem Molekulargewicht von bis zu 10.000.000 g/mol sind Kunststoffe, die sich gegenüber „normalem“ PE vor allem durch ihre hohe Verschleiß- und Schlagfestigkeit auszeichnen. Unterschiedlich starke Verzweigungen und molekulare Massen sind für die verschiedenen Eigenschaften von Halbzeugen aus Kunststoff verantwortlich. Möchte man ein bestimmtes Polyethylen herstellen, muss man über Struktur und Molekularmasse Bescheid wissen. Hier kommt die Gelpermeationschromatographie ins Spiel.

GPC-System
GPC-System mit Probengeber und GPC Säule | © ANTEC GmbH Analysen- und Prozesstechnik / de.wikipedia.org

Was gehört zur Gelpermeationschromatographie?

Ein GPC-System besteht aus einer Trennsäule, auf der die Komponenten der Probe aufgetrennt werden, einer Pumpe, die für einen konstanten Laufmittelfluss sorgt sowie einem oder mehreren Messinstrumenten, sogenannten Detektoren, die die einzelnen, auf der Säule aufgetrennten Komponenten detektieren. Die Detektoren messen eine bestimmte Eigenschaft der Komponenten, zum Beispiel die Absorption bei einer bestimmten Wellenlänge.

Eluiert eine Komponente von der Trennsäule, durchläuft sie den Detektor und erzeugt ein Signal, das aufgezeichnet wird. Der Probenauftrag erfolgt entweder manuell oder mit Hilfe eines Autosamplers. Das Säulenmaterial einer GPC-Säule besitzt über einen bestimmten Größenbereich eine definierte Porengröße. Je nach Probe und Laufmittel sind unterschiedliche Säulenmaterialien geeignet: Styroldivinylbenzol (SDV) wird für die Auftrennung mit organischen Laufmitteln, wie Hexafluoroisopropanol oder Trifluorethanol, eingesetzt, während für wässrige Proben und Laufmittel Säulen auf Methacrylatbasis eine gute Wahl sind.

Trennmechanismus der GPC | © Beige / de.wikipedia.org

Die Gelpermeationschromatographie trennt allein nach der Größe

Bei der Gelpermeationschromatographie werden Moleküle nach ihrer Größe, genauer nach ihrem hydrodynamischen Volumen, aufgetrennt. Jedes Makromolekül liegt mehr oder weniger verknäuelt vor und ist von einer Lösungsmittelhülle umgeben – die Gesamtheit aus Molekül und Solvenshülle bestimmt das gemessene hydrodynamische Volumen. Die Trennung in der Gelpermeationschromatographie erfolgt allein auf der Diffusionsmöglichkeit der Moleküle in die Poren des Säulenmaterials. Kleine Moleküle diffundieren in die Poren des Säulenmaterials und verweilen länger als größere Moleküle. Diese passieren ohne „Umwege“ die Säule und eluieren als erstes. Über das Elutionsvolumen kann damit auf die Größe der Moleküle rückgeschlossen werden.

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Um diese zu bestimmen, werden zuerst Standardmoleküle mit bekannter Größe aufgetrennt. Deren Elutionsvolumen kann ihrem bekannten Molekulargewicht zugeordnet werden. Damit wird eine sogenannte Eichgerade erstellt: auf der unteren x-Achse wird das Retentionsvolumen aufgetragen, das heißt, es wird eingetragen, nach wie vielen Millilitern ein bestimmtes Standardmolekül eluiert ist.

Auf der y-Achse wird das dazugehörige Molekulargewicht aufgetragen. Da sich die Molekulargewichte in ihren Werten sehr unterschieden und von 2.000 g/mol bis zu 640.000 g/mol reichen, müsste die y-Achse viele Größenordnungen umspannen.

Hier nutzt man einen Trick und trägt nicht das tatsächliche Molekulargewicht, sondern den Logarithmus auf. Damit bleibt das Verhältnis der Werte gleich, aber die Auftragung wird überschaubarer. Wird nun die unbekannte Probe aufgetrennt, so können die einzelnen Fraktionen anhand ihres Elutionsvolumens einem bestimmten Molekulargewicht auf der Eichgeraden zugeordnet werden. Auf diese Weise wird in der Polymeranalytik das relative Molekulargewicht ermittelt.

Hierbei muss man sich bewusst sein, dass das hydrodynamische Volumen auch von der Form des gemessenen Polymers abhängt. Ist dieses eher stäbchenförmig als rund, so kann das auf diese Weise gemessene Molekulargewicht größer sein als das tatsächliche. Daher ist es unabdingbar, den Standard auf die Probe abzustimmen. Vermisst man eine Polystyrolprobe, sollten auch Polystyrolmoleküle als Standard mit bekannter Größe vermessen werden, da diese die gleiche Form und damit das gleiche hydrodynamisches Volumen aufweisen.

Trennmechanismus
Schematische Darstellung des Trennmechanismus bei der GPC bzw. SEC | © Takometer / en.wikipedia.org

Molekulargewichtsverteilung und Polydispersität sind wichtige Parameter in der Polymeranalytik

Werden Kunststoffproben für die Polymeranalytik über die GPC aufgetrennt, erscheint das Elugramm nicht als ein scharfer, sondern als mehr oder weniger breiter Peak. Darunter verbergen sich Polymere mit unterschiedlicher Kettenlänge und aus Form und Breite des eluierten Peaks können Rückschlüsse auf die Molekulargewichtsverteilung gezogen werden. Die Verteilungsbreite oder Polydispersität sagt beispielsweise etwas über die relative Anzahl der Moleküle mit unterschiedlicher Kettenlänge aus. Besitzen alle Polymere die gleiche Länge, beträgt der Polydispersitätsfaktor eins, während höhere Zahlen für größere Schwankungsbreiten sprechen.

Für die Qualitätskontrolle kann die Molekulargewichtsverteilung ein wichtiger Parameter sein, der routinemäßig in der Polymeranalytik gemessen wird, wenn beispielsweise die Vorgabe gilt, dass nur ein bestimmter Prozentsatz der Polymerketten eine bestimmte Länge über- oder unterschreiten darf. Bei der Synthese, beispielsweise von Blockpolymeren aus zwei verschiedenen Komponenten, kann die Messung der Molekulargewichtsverteilung im Reaktionsgemisch zu verschiedenen Zeitpunkten dabei helfen, den Reaktionsverlauf zu überwachen. Denn neben der Molekulargewichtsverteilung ist der Verzweigungsgrad der Polymere ein wichtiges Merkmal der Polymercharakterisierung.

Auch die erwähnte Kontrolle von Syntheseabläufen, die Materialprüfung von Copolymeren und Polymerblends sowie die Prüfung auf unerwünschte Nebenprodukte oder noch vorhandene Edukte sind wichtige Themen, die die Polymeranalytik mit Hilfe der Gelpermeationschromatographie beantworten kann. Eine wichtige Rolle spielen dabei die eingesetzten Detektionssysteme, denn je nach eingesetztem Detektor kann ein anderer Parameter bestimmt werden.

Forscher analysieren Fluessigchromatographie
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Die Polymeranalytik nutzt verschiedene Detektoren zur Bestimmung unterschiedlicher Parameter

Brechungsindexdetektoren

Der Brechungsindexdetektor wird in der Gelpermeationschromatographie standardmäßig zur Detektion eingesetzt. Die Änderung des Brechungsindex ist direkt proportional zur Konzentration von Makromolekülen in einer Lösung. Somit kann aus dem Vergleich des Elutionsvolumens und der Eichgerade das relative Molekulargewicht bestimmt, über den Brechungsindex die Konzentration der einzelnen Fraktionen sowie die Molekulargewichtsverteilung berechnet werden.

Kleinwinkellichtstreudetektoren

Manchmal soll nicht das relative, sondern das absolute Molekulargewicht in der Polymeranalytik bestimmt werden. In diesem Fall werden die einzelnen Fraktionen aus der Gelpermeationschromatographie mit Hilfe eines Kleinwinkellichtstreudetektors vermessen. Dessen Lichtstreusignal ist direkt proportional zum gemittelten Molekulargewicht einer Probe. Kennt man zusätzlich die Konzentration, das Brechungsindexinkrement der Probe und die Kalibrationskonstante des Lichtstreudetektors, so kann das absolute Molekulargewicht aus der Fläche des gemessenen Lichtstreusignals direkt berechnet werden.  Aus der Kombination von Brechungsindex- und Lichtstreudetektor können absolute Molekulargewichte bestimmt werden, ohne eine Eichgerade erstellen zu müssen.

Viskositätsdetektoren

Schließlich setzt man in der Gelpermeationschromatographie Viskositätsdetektoren ein, wenn  man etwas über die Polymerstruktur erfahren möchte.  Dabei wird die Polymerprobe durch eine enge Kapillare gepresst und die Druckdifferenz im Vergleich zu einer zweiten Referenzkapillare gemessen. Ist die Konzentration der Probe bekannt, kann aus der Druckdifferenz die sogenannte „intrinsische Viskosität“ berechnet werden, worunter man sich bildlich die Dichte eines Polymerknäuels vorstellen kann.

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Kennt man die intrinsische Viskosität und das Molekulargewicht (genauer gesagt das Molmassenmittel), so kann daraus der Verzweigungsgrad eines Polymers bestimmt werden. Die empirisch gefundene Mark-Houwink-Gleichung beschreibt diesen Zusammenhang. Trägt man in einem Mark-Houwink-Plot den Logarithmus der ermittelten intrinsischen Viskosität gegen  den Logarithmus des Molekulargewichts auf, kann man anhand der erhaltenen Gerade und ihrer Steigung eine Aussage zur Polymerstruktur machen.

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So sind beispielsweise Steigungswerte größer als 0,8 typisch für eine offenkettige Struktur. Werte zwischen 0,6 und 0,8 weisen auf eine knäuelförmige Struktur hin und kleinere Werte als 0,6 sind typisch für sehr kompakte Moleküle, die meistens auch verzweigt sind.

Durch die Kombination aller drei Detektoren ist eine sehr umfassende Proben- und Polymercharakterisierung möglich, weshalb die GPC aus der modernen Polymeranalytik nicht mehr wegzudenken ist.

Allerdings hat sie ihre Grenzen, wenn es um hochverzweigte oder hochmolekulare Polymere geht. Hier bietet sich die asymmetrische Feldflussfraktionierung als Alternative für die Polymeranalytik an. In allen anderen Fällen aber ist die GPC nach wie vor die Methode der Wahl, da sie vor allem relativ einfach zu etablieren ist und keinen zu großen Geräteaufwand benötigt.