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Gasdichte Schläuche für Labor und Technikum

Technische Gase gelangen auf unterschiedlichen Wegen zu den Abnehmern. Erdgas für die Energieversorgung oder Prozessgase für die chemische Industrie werden hochverdichtet über weite Strecken durch Pipelines und Rohrleitungen gepumpt oder verflüssigt in Großtanks auf dem Wasserweg befördert. Auf der Straße werden technische Gase in Druckgasbehältern als Gefahrgut zum Verbraucher transportiert. Hier werden sie meist über Verteiler und feste Rohrleitungen den jeweiligen Verwendungsstellen in Labor und Technikum zugeführt, wo sie als Spül-, Träger- oder Reaktionsmedium benötigt werden.

Für die Gasentnahme vor Ort aus einer fest installierten Verteileranlage oder aber auch aus der vom Lager herbeigeschafften Druckgasflasche wird flexiblen Gasschläuchen aus Elastomeren meist der Vorzug gegenüber starren Rohrleitungen gegeben. Welche technischen Anforderungen an Gasschläuche gestellt werden müssen und welche Materialien sich für Gasschläuche besonders eignen, wird nachfolgende erläutert.

Die Gasdurchlässigkeit von Kunststoffschläuchen

Dass Gase durch Kunststoffe diffundieren, hat wohl schon jeder einmal feststellen können. Der Fahrradreifen aus Butylkautschuk oder Latex muss ab und an aufgepumpt werden und beim Autoreifen ist es ebenso, auch wenn deren Ventile dicht sind.

Dass Gase unterschiedlich schnell durch Kunststoffe diffundieren, hat auch schon jeder einmal beobachtet: Der auf dem Volksfest gekaufte, mit „Gas“ gefüllte Luftballon war schon nach wenigen Stunden geschrumpft, während der mit Lungenkraft zu Hause selbst aufgeblasene Ballon lange prall geblieben war. Ursache dafür ist der Größenunterschied zwischen den Gasmolekülen beider Ballonfüllungen, zwischen dem des Wasserstoffs und den in der Luft enthaltenen Moleküle.

Wasserstoffmoleküle sind erheblich kleiner als die Stickstoff- und Sauerstoffmoleküle der Atemluft. Zur Veranschaulichung ohne weitere Wertung der Zahlen mögen hierfür die „kovalenten Radien“ stehen, die bei Wasserstoff etwa 30 Pikometer (3 x 10-9 cm) betragen, bei Stickstoff und Sauerstoff jedoch etwas über 70 Pikometer (7 x 10-9 cm).

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Die Gasdurchlässigkeit eines Kunststoffs wird durch das „freie Volumen“ im Kunststoff-Makromolekül bestimmt, also dem Platz zwischen den Polymermolekülen. Folglich werden größere Moleküle, wie Stickstoff oder Sauerstoff, an der Durchwanderung eines Kunststoffs mehr gehindert als kleinere, wie Wasserstoff oder auch Helium.

Das für jeden Kunststoff spezifische „freie Volumen“, das von der Zusammensetzung des Polymers sowie seinem Vernetzungsgrad abhängt, hat letztendlich unterschiedliche Werte für die Permeabilität eines bestimmten Gases für unterschiedliche Kunststoffe zur Folge. Üblicherweise wird die Permeabilität als die Menge des durchgetretenen Stoffs in Mikrogramm pro Quadratzentimeter und Minute (µg x cm-2 x min-1) angegeben.

Kunststoffe sind umso weniger gasdurchlässig, je höher ihr Vernetzungsgrad ist. Mit einer höheren Vernetzung verringert sich jedoch die erwünschte Elastizität, sodass man es schließlich mit starren Kunststoffrohren statt mit elastischen Schläuchen zu tun hat. Die unmittelbare Schlussfolgerung daraus ist, dass es einen für Gase absolut undurchlässigen, aber dennoch elastischen Schlauch gar nicht geben kann.

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Eine besondere Rolle für die Gasdurchlässigkeit spielt dabei der Füllstoffgehalt des Kunststoffs. Durch Füllstoffe, wie feindisperses Siliziumdioxid, kann das „freie“ Volumen reduziert und damit die Permeabilität eines Schlauchmaterials deutlich gemindert werden, ohne dabei erheblich an Elastizität einzubüßen. Die „hohe Kunst“ der Kunststoffproduzenten besteht darin, Schlauchmaterialien zu entwickeln, deren Gasdurchlässigkeit so gering ist, sodass der Begriff „gasdicht“ für die Praxis dennoch gerechtfertigt ist.

Weitere Anforderungen an „gasdichte“ Schläuche

An Materialien für „gasdichte“ Kunststoffschläuche werden neben geringer Gasdurchlässigkeit auch unterschiedliche, anwendungsbezogene Anforderungen gestellt. So müssen sie häufig eine große thermische und mechanische Robustheit sowie Beständigkeit gegenüber aggressiven Medien, wie Chlorwasserstoff, Chlorgas oder Schwefeloxide, aufweisen.

In der Halbleiterindustrie werden Schläuche zum Transport hochreiner Gase, wie zum Beispiel für Silane, benötigt. Hierbei darf der Schlauch keine Verunreinigungen abgeben, etwa durch Ausgasungen. Zudem werden Gasschläuche auch für die Pharma- und Lebensmittelindustrie benötigt, die den Anforderungen der US-amerikanischen Food and Drug Administration (FDA) beziehungsweise des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) gerecht werden müssen.

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Einige Polymerbeispiele

Ein gewichtiger Grund für die Forderung nach „gasdichten“ Schläuchen ist die Arbeitssicherheit. Denn der Durchtritt von Gasen durch Schlauchleitungen kann zu deren Anreicherung in der Umgebungsluft führen, was Vergiftungen oder auch die Bildung explosibler Gas-Luft-Gemische zur Folge haben kann.

Ein markantes Beispiel dafür ist das Autogenschweißen und Brennschneiden, bei dem neben Sauerstoff auch Acetylen (Ethin) einem Brenner zugeführt werden. Acetylen-Luftgemische sind bereits bei einem Acetylenanteil von 2,5 Vol-% explosibel, zudem wirkt es erstickend. Das Grundmaterial für die sogenannten „Brennerschläuche“ für Acetylen und Sauerstoff ist der elastische Styrol-Butadien-Kautschuk (SBR).

Wegen der Empfindlichkeit von virginalem SBR gegenüber Mineralölen, Schmierfetten und Benzin sind die Acetylenschläuche zusätzlich mit einem rot eingefärbten SBR/EPDM-Polymerblend, einem Polymergemisch, ummantelt und damit zugleich gekennzeichnet. Die zugehörigen Schläuche für Sauerstoff aus gleichem Material sind zur Unterscheidung blau eingefärbt.

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Für Erdgas, das hauptsächlich aus Methan besteht, und für das heute kaum noch verwendete Leuchtgas, dessen Hauptbestandteil Kohlenstoffmonoxid war, sind Gasschläuche aus Chloroprenkautschuk (CR) geeignet.

Eine hohe Dichtigkeit ist hier ebenfalls notwendig, weil Erdgas bereits ab Konzentrationen von 4,4 Vol-% mit der Luft explosible Gasgemische bildet. Für Kohlenstoffmonoxid liegt die untere Explosionsgrenze mit 12,5 Vol-% deutlich höher, dafür ist aber die Toxizitätsgrenze sehr viel niedriger als die für Methan.

Schläuche aus Polytetrafluorethylen (PTFE, THOMAFLON) stehen für hohe Gasdichtigkeit gegenüber vielen Gasen. Für die Schlauchtechnik ist auch der sehr große Einsatzbereich von -200 °C bis +260 °C von großer Bedeutung. Außerdem ist PTFE beständig gegenüber Witterungseinflüssen, UV-Strahlung und nahezu allen anorganischen und organischen Stoffen, außer elementarem Fluor und geschmolzenen Alkalimetallen. Mit stützender Edelstahlgeflecht-Ummantelung können dickwandige PTFE-Hochdruckschläuche auch für Drücke von 300 bar verwendet werden.

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Perfluoralkoxy-Polymere (PFA) sind, ebenso wie PTFE, chemisch sehr stabile und gasdichte Kunststoffe. Der technische Vorteil dieser Co-Polymere aus Tetrafluorethylen (TFE) und Perfluoralkoxyvinylethern (PFAVE) ist ihre hohe Flexibilität, die kleinste Biegeradien erlaubt. Eine chemische Variante der PFA-Polymere sind die sogenannten „modifizierten“ Perfluoralkoxy-Polymere (MFA), deren Gasdichtigkeit noch höher als die von PFA-Polymeren ist.

Auch in der Medizintechnik werden Gasschläuche benötigt. Hier sind weniger die Undurchlässigkeit für Gase und Temperaturbelastbarkeit gefragt als vielmehr die Reinheit und Formbeständigkeit des Materials.

Schläuche aus dem Copolymer Fluorethylenpropylen (FEP) werden in Form von Wellrohrschläuchen für Beatmungsgeräte eingesetzt, die durch ihre spezielle Ausformung sehr flexibel und besonders knicksicher sind.

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Schläuche aus Fluorkautschuk-Mischpolymerisat (FKM/FPM, Viton®, THOMAFLUOR) sind hochelastisch sowie öl- und lösemittelbeständig. Daher stellen sie eine sehr gute Barriere gegenüber Kraftstoffdämpfen dar und erfüllen die gesetzlichen Auflagen im Automobilbereich wie auch die Vorschriften des CARB (California Air Ressource Board). Aufgrund ihrer chemischen Beständigkeit werden FKM-Schläuche auch für die Durchleitung ätzender Gase, wie Chlorwasserstoff und Ozon, bei Temperaturen bis 200 °C eingesetzt.

Harte, chemikalien- und temperaturbeständige Schläuche aus Polyvinylidenfluorid (PVDF) sind im chemischen Anlagenbau und, da sie weichmacherfrei sind, auch in der Pharma- und Lebensmittelindustrie zu finden. Sie eignen sich hier besonders für feste Installationen. Aufgrund ihrer hydrophoben Oberfläche und ihrer Materialreinheit sind sie physiologisch unbedenklich, lebensmittelecht und sterilisierbar.

Auch der viel verwendete PVC-Schlauch ist als Gasschlauch geeignet. Der Nachteil von „gewöhnlichem“ PVC ist jedoch der Einsatz von Weichmachern, die dem Material zwar Elastizität verleihen aber allmählich ausgasen. Deswegen sind die Einsatzmöglichkeiten von PVC als Schlauchmaterial für Gasschläuche begrenzt. Quervernetztes PVC hingegen, das unter dem Handelsnamen Tygon® angeboten wird, ist frei von Weichmachern. Daher sind Tygon®-Schläuche sogar für den Lebensmittel- und Pharmabereich sowie für den medizintechnischen Einsatz zugelassen.

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Der für viele Zwecke hervorragend geeignete Silikonschlauch ist wegen seines sperrigen Molekülaufbaus, dem seine hohe Elastizität zu verdanken ist, aber deshalb auch über sehr viel „freien Raum“ verfügt, als Gasschlauch völlig untauglich. Sein Einsatz zum Durchleiten von Gasen kann sogar zu Gefährdungen führen, denn er zeigt von allen Kunststoffschläuchen die höchste Durchlässigkeit für Gase.

Ausblick

Einen absolut dichten Schlauch für jegliche Gase kann es aus physikalisch-chemischen Gründen nicht geben, wohl aber Schläuche mit vernachlässigbarer Gasdurchlässigkeit. Die Vielzahl der verfügbaren Schlauchqualitäten aus reinen Kunststoffen wie auch aus Kunststoff-Co-Polymerisaten und Kunststoffblends sollten genügen, für anstehende Probleme den geeigneten Schlauch zu finden.

Die sorgsame Auswahl ist allerdings unumgänglich, denn eine falsche Materialwahl kann nicht nur der Zweckerfüllung zuwider laufen, sondern im Extremfall auch zu ernsthaften Gefährdungen führen.