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Glossar

PP - Polypropylen (Hostalen® PP)

chem-Formel-PP-1568e7570a0dbfPolypropylen

andere Bezeichnungen:  Polypropen, Poly(1-methylethylen)

Kurzzeichen:  PP

CAS-Nr.: 9003-07-0

 

Wichtige Handelsnamen und Markeneigner

BOREALIS®PP – Borealis AG                                         
EUPOLEN®PP – BASF
HOSTALEN®PP – Farbwerke Höchst / LyondellBasell Industries
OPPALYTE® – Exxon Mobil
VESTOLEN® – Saudi Arabian Basic Industries Corp. (SABIC)

 

Geschichtliches

Mit dem Ansteigen des Treibstoffbedarfs als Folge der rasant zunehmenden Motorisierung nach dem 2. Weltkrieg, zunächst in Amerika, später auch in Europa und Japan, setzten in aller Welt umfangreiche Untersuchungen ein, die bei der Erdölförderung und -verarbeitung anfallenden, niedermolekularen Kohlenwasserstoffe durch Verkettung zu Motorkraftstoffen umzusetzen. Bei ihren Suchexperimenten beobachteten die beiden US-Chemiker Paul Hogan und R. L. Banks (Phillips Petroleum Company, Bartlesville, OK) um 1950 die Umwandlung des gasförmigen Propylens CH3–CH═CH(Siedepunkt -47,7 °C) zu einem festen, oberhalb +150 °C unzersetzt schmelzenden Stoff, der sich bei weitergehenden Untersuchungen als ein Polymeres des Propylens erwies. Diese zufällige Entdeckung wurde 1953 von der Phillips Petroleum Company zum Patent angemeldet. Sie war der Anfang einer beispiellosen Entwicklung auf dem Gebiet der auf Erdöl basierenden Kunststoffchemie.

Bereits 1954 konnte der italienische Ingenieurchemiker Giulio Natta, der am Politecnico di Milano lehrte und mit dem deutschen Chemiker und Katalyseforscher Karl Ziegler am MPI für Kohleforschung, Mülheim/Ruhr zusammenarbeitete, bei der Società Generale per l'Industria Mineraria e Chimica di Montecatini ein industrielles Verfahren für die Produktion des neuen Kunststoffs Polypropylen (PP) vorstellen. Etwa zeitgleich hatte auch der deutsche Chemiker Karl Rehn bei den Farbwerken Höchst ein Industrieverfahren zur Herstellung von Polypropylen entwickelt und es dort zur Produktionsreife geführt. Seit 1957 ist es am Markt.

Giulio Natta (1903-1979) und Karl Ziegler (1898-1973) wurden im Jahre 1963 gemeinsam für ihre bahnbrechenden Entdeckungen auf dem Gebiet der Chemie und Technologie der Hochpolymeren mit dem Nobel-Preis für Chemie geehrt. 

 

Allgemeine Beschreibung

Polypropylen (PP) ist ein thermoplastischer Kunststoff aus der Gruppe der Polyolefine. Es ist kostengünstig herzustellen und gehört deshalb zu den weltweit am meisten genutzten Kunststoffen.

PP ist physiologisch unbedenklich und weichmacherfrei. In virginaler Form ist es der leichteste und zugleich der härteste aller bisher bekannten Kunststoffe. Aufgrund von grundsätzlichen Variationsmöglichkeiten der polymeren Molekülstruktur ist es möglich, PP-Qualitäten mit unterschiedlichen technischen Parametern zu synthetisieren.

 

Verarbeitung

Die niedrige Schmelztemperatur von Polypropylen läßt die Verarbeitung durch alle üblichen, thermischen Formgebungsverfahren zu, wie Spritzgießen, Tiefziehen, Extrudieren, Blasformen und Kalandrieren. Durch Extrudieren zu Folien verarbeitetes PP kann durch nachfolgendes Walzen in Längs- und auch Querrichtung, sog. Verstrecken, mechanisch weiter stabilisiert werden. Auch die optische Transparenz verbessert sich. Derartige Qualitäten werden als OPP (oriented polypropylene) und BOPP (biaxially oriented polypropylene) bezeichnet. Ungestrecktes Folienmaterial wird als CPP (cast propylene) gekennzeichnet. Wegen seiner günstigen Schmelzeigenschaften kann PP auch verschäumt werden. Geschäumte Polypropylen-Qualitäten haben die Kurzbezeichnung PEPP (porous expanded polypropylene). Schließlich sind mit Mineralstoffen mechanisch stabilisierte, sog. gefüllte PP-Qualitäten, z.B. mit Glasfasern, Glaspulver oder Kaolin, am Markt, durch Füllen mit Graphit oder Metallpulvern kann Polypropylen antistatisch ausgerüstet werden.

Die mechanische Bearbeitung von Polypropylen ist mit allen spanabhebenden Verfahren möglich, wie Bohren, Hobeln, Fräsen und Drehen. Hierbei müssen die Werkstücke ggf. gekühlt werden, um Reibungswärme abzuführen. Mittels spezieller Kontaktkleber, meist auf Basis von Acrylaten (Sekundenkleber), die die glatte Kunststoffoberfläche anlösen, ist Polypropylen auch verklebbar.

 

Verwendung

Polypropylen ist ein Massenkunststoff, der sich Dank seiner Preiswürdigkeit, problemlosen, thermischen Formbarkeit und günstigen mechanischen Eigenschaften zur Herstellung von Groß-Serienartikeln für viele Anwendungsbereiche eignet. Die Hauptmenge des heute produzierten Polypropylens wird zu Karosserie-Bauteilen für die Fahrzeugindustrie verarbeitet. Es ersetzt dabei, wie auch im Bereich der Sanitärtechnik, erfolgreich metallische Werkstoffe. Polypropylen-Fasern sind Bestandteil von Industrietextilien, Seilen und Fischereinetzen.

Wegen seiner physiologischen Unbedenklichkeit wird Polypropylen für Medizinprodukte, vorwiegend Einmalartikel, wie Spritzen, Spatel und Behältnisse, eingesetzt und im Massen-Gastronomiebereich für Einmal-Geschirre und -Bestecke. Aus gleichem Grund ist Polypropylen auch für Verpackungen in der Lebensmittel- und Pharmaindustrie hervorragend geeignet. PP-Chemie-Schläuche werden darüber hinaus als feste Leitungen zur Förderung von flüssigen und sensiblen Medien in medizinischen, chemischen und biochemischen Laborbereichen sowie in der Pharma- und Lebensmittelindustrie eingesetzt. In Industrie- und Entwicklungslaboratorien haben sich Kleinmaterialien und Hilfsmittel aus Polypropylen anstelle von Glas bewährt. 

Schließlich werden heute nicht nur Büromaterialien aus Polypropylen oder mit erheblichen Anteilen des Kunststoffs gefertigt, sondern auch Spezialpapiere für den Geldscheindruck, für Urkunden und andere Wertdrucke.

 

Chemische Eigenschaften

Polypropylen ist der leichteste aller bisher für den allgemeinen Gebrauch entwickelten Kunststoffe; seine Dichte liegt bei allem virginalen Material unter 1,0 g/cm3. Es verfügt über eine hohe Steifheit, Festigkeit und Härte, die durch Füllstoffe noch erhöht werden kann. Polypropylen erweicht jedoch schon bei verhältnismäßig niedrigen Temperaturen, bei Temperaturen unterhalb von 0 °C versprödet es. Die gestreckten Qualitäten OPP und BOPP weisen ein höheres Gaspermeationsvermögen auf, als ungestrecktes PP.

Polypropylen hat einen niedrigen Sauerstoff-Index (LOI) und brennt selbständig mit rußender Flamme. Dabei entstehende Verbrennungsgase enthalten hauptsächlich Kohlenmonoxid und -dioxid, außerdem in geringen Anteilen und, abhängig von den Brandbedingungen, auch niedere Kohlenwasserstoffe, Alkohole, Ameisensäure, Essigsäure, Formaldehyd und Acrolein. Die Beseitigung von PP-Abfällen und PP-Reststoffen durch Verbrennung ist daher wenig problematisch, da sie unter den Bedingungen moderner Anlagen restlos zu Kohlendioxid verbrennen.

Resourcen- und zugleich auch umweltschonend ist jedoch das Recyling von PP, das sich in Anbetracht der weltweit anfallenden Mengen bereits zu einer eigenständigen Branche entwickelt hat. Das hierbei zurückgewonnene Polypropylen ist bislang nur für den technischen Wiedereinsatz zugelassen. Abnehmer ist daher vor allen die Fahrzeugindustrie. An der Hochreinigung von recycelten Polypropylen wird jedoch gearbeitet. Lohnend dürfte zukünftig auch das Cracken des Kunststoffs unter dem Aspekt der Treibstoffgewinnung sein. Das Verbringen von Polypropylen-Rest- und Abfallstoffen auf Deponien sollte hingegen vermieden werden, weil es nicht verrottet und das Langzeitverhalten von Polypropylen wie auch das anderer Kunststoffe in Deponiekörpern noch weitgehend unbekannt ist.

Bei Zimmertemperatur ist Polypropylen gegenüber den meisten Lösungsmitteln, Benzin, Fetten und Ölen stabil, ebenso gegenüber Laugen und Säuren, außer oxidierenden Säuren, wie Salpetersäure. Sehr gut löst sich PP jedoch in halogenierten Lösungsmitteln, ebenso in cyclischen Kohlenwasserstoffen und Aromaten. Gegenüber UV-Strahlung ist der Kunststoff unbeständig, so daß er sich für Außenkonstruktionen nicht eignet.

Aufgrund des asymmetrischen Aufbaus des Propylens sind in dem Polymer unterschiedliche räumliche Anordnungen der Seitenkette, der Methylgruppe (-CH3), möglich, die als Taktizität (auch Stereo-Regularität) bezeichnet werden. Sie werden von den Polymerisationsbedingungen, hauptsächlich vom eingesetzten Katalysator, bestimmt. Unterschiedliche Taktizität hat deutlich unterschiedliche Stoffparameter zur Folge. Nach Natta werden drei Typen der Polymerisation unterschieden:

a) isotaktische Polymerisation: Sämtliche Seitenketten werden in eine Richtung orientiert, die Kristallinität des Polymeren beträgt bis zu 70%. Wegen der gegenseitigen Behinderung der raumbeanspruchenden Methylgruppen nimmt das Polymere jedoch hierdurch eine Helixstruktur an.

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b) syndiotaktische Polymerisation: Die Seitenketten werden alternierend in zwei Richtungen orientiert. Die erzielte Kristallinität des Polymern ist erheblich geringer, als die von istotaktisch polymerisiertem PP.

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c) ataktische Polymerisation: Die räumliche Orientierung der Seitenketten ist zufällig, das Polymere ist weitgehend amorph.

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Bei seiner PP-Industriesynthese (1954) arbeitete Natta mit einem von Ziegler konzipierten Mischkatalysator aus Triethyl-Aluminium (TEA, Al≡[C2H5], Schmelzpunkt -52 °C) und Titan-Tetrachlorid, (TiCl,Schmelzpunkt -24,8 °C). Diese Umsetzung läuft bei Zimmertemperatur als isotaktische Polymerisation ab. Der Katalysator ist als Ziegler-Natta-Katalysator in die Literatur eingegangen.

Inzwischen sind neuere, weit effektivere und spezifischer arbeitende Katalysatoren, insbesondere solche auf Metallocen-Basis (Kaminsky-Katalysatoren), entwickelt worden. Hierbei werden die Reaktionspartner in Gegenwart des Katalysators meist als Suspension bei erhöhter Temperatur und unter Druck umgesetzt.

 

Handelsformen

PP-Qualitäten sind als Granulate sowohl naturfarben (lichtgrau) sowie eingefärbt zur Weiterverarbeitung verfügbar. PP-Halbzeuge werden als Folien, Platten, Profile, Rohre und Schlauchmaterialien angeboten.

 

Technische Daten
(alle Angaben gelten, soweit nicht anders angegeben, für virginales, isotaktisches Polypropylen)
allgemeine Eigenschaften  
Dichte  
isotaktisches PP 0,95 g / cm3 (ISO 1163)
ataktisches PP 0,86 g / cm3 (ISO 1153)
Farbe lichtgrau, einfärbbar
Lichtdurchlässigkeit durchscheinend
Wasseraufnahme  
in Atmosphäre (+23 °C) <0,1 %
in Wasser/Wassersättigung (+23 °C) <0,1 %
Sauerstoffindex (LOI) 17,4 - 18 %  
Brandklasse (UL 94) V-2
   
thermische Eigenschaften  
Wärmeleitfähigkeit 0,22 W / m · K
spezifische Wärmekapazität 1,7 J / g · K
Schmelztemperatur  
isotaktisches PP +160 bis +165 °C
ataktisches PP +127 °C
Zersetzungstemperatur > +330 °C
Entflammungstemperatur +350 bis +370 °C (ASTM D 1929)
Entzündungstemperatur  +390 bis +410 °C (ASTM D 1929)
Wärmeformbeständigkeit (1,8 MPa) +55 °C (ISO 75 HDT/A)
Wärmeformbeständigkeit (0,45 MPa)  +85 °C (ISO 75 HDT/B)
linearer Wärmeausdehnungskoeffizient 160 · 10-6 / K
maximale Dauer-Einsatztemperatur +110 °C (isotaktisches PP)
minimale Einsatztemperatur ≥ 0 °C
   
elektrische Eigenschaften  
Dielektrizitätskonstante (50 Hz) 2,3 (IEC 60250)
Dielektrizitätskonstante (1 MHz)  2,3 (IEC 60250)
dielektrischer Verlustfaktor (50 Hz)  2,5 · 10-4 (IEC 60250)
dielektrischer Verlustfaktor (1 MHz)  3,5 · 10-4 (IEC 60250)
spezifischer Durchgangswiderstand >1014 Ω / m
spezifischer Oberflächenwiderstand ≈1014 Ω / cm2
Durchschlagfestigkeit  50 kV (IEC 60234-1)
Kriechstromfestigkeit (CTI)  600
   
mechanische Eigenschaften  
Shore-Härte D  65-75 (ISO 868)
Kugeldruckhärte 72 MPa (ISO 2039/1)
Elastizitätsmodul  1,3·103 - 1,8 10N / mm
Reißdehnung 700 % (ISO 527)
IZOD-Kerbschlagzähigkeit (+23 °C) 4,5 kJ / m2 (ISO 180/1A)
CHARPY-Kerbschlagzähigkeit (+23 °C)  5 - 7 kJ / m2 (ISO 179/1eA)
   
chemische Beständigkeit  
Schmierstoffe, Benzin beständig
aliphatische Kohlenwasserstoffe beständig
Alkohole, Ketone beständig
cyclische Kohlenwasserstoffe unbeständig
aromatische Kohlenwasserstoffe unbeständig
halogenierte Lösungsmittel unbeständig
organische Säuren beständig
Mineralsäuren beständig
oxidierende Säuren unbeständig
Wasserstoffperoxid beständig
Alkalilaugen, Ammoniak und Amine  beständig
UV- und Röntgenstrahlung unbeständig

 

Weiterführende Literatur

(1) G. Natta, Von der stereospezifischen Polymerisation zur asymmetrischen, autokatalytischen Synthese von Makromolekülen, Nobel-Vortag v. 12.12.1963, Angewandte Chemie, 79 (13) [1964]

(2) W. Kaminsky et al., Polymerisation von Buten und Propen mit einem chiralen Zirkonocen und Methylaluminoxan als Cokatalysator, Angewandte Chemie 97 (6) [1985]

(3) M. Aubach, F. Kübler, Metallocene - maßgeschneiderte Werkzeuge zur Herstellung von Polyolefinen, Chemie Unserer Zeit 28, 197-208 [1997]

(4) H. Nörenberg et al., Pressure-dependent permeation of noble gases through thin membranes of oriented polypropylene (OPP), Polymer 42, p. 10021-26 [2001]

(5) F. Fischer, Polymerisation von Ethen, Propen und 1,3Butadien mit Metallocen/ MAO [= Methylaluminoxan]-Trägerkatalysatoren, Dissertation Universität Hamburg, FB Chemie [2003]

(6) P. J. T. Morris, Polymer Pioneers - A Popular History of the Science and Technology of Large Molecules, Chemical Heritage Foundation, Philadelphia [2005], ISBN 978-094-190-103-1

(7) M. Johannsen, Metallocen-katalysierte Synthese von polaren Olefin-basierten Makromonomeren, Dissertation TU Dresden, Fakultät Mathematik und Naturwissenschaften / Leibnitz-Institut für Polymerenforschung e.V. , Dresden [2011]

(8) CERESANA Technologiezentrum Konstanz, Marktstudie Polypropylen [2012]