gtag('event', 'page_view');
+49 (0) 6221-3125-0 (Mo.-Mi. 8 - 17 Uhr, Do.-Fr. 8 - 16 Uhr)

Glossar

PPS - Polyphenylensulfid (Ryton®)

chem-Formel-PPS-1Polyphenylensulfid

andere Bezeichnungen:  Poly(1,4-phenylensulfid); Poly(thio-p,p'-phenylen); Phenylsulfidharz

Kurzzeichen:  PPS

CAS-Nr.: 25212-74-2 (ist identisch mit CAS-Nr. 26125-40-6)

 

Wichtige Handelsnamen und Markeneigner

AMORVON® - Dainippon Ink. & Chemicals
BADATRON® Bada AG
DURAFIDE® Polyplastics Group
ECOTRAN® A. Schulman Inc.
FORTRON® Ticona
PETOCAL® Tosoh
PRIMEF® Solvay
RYTON® Chevron Phillips Chemical
SUPEC® GE Plastics
TRIPPS® Samyang Corp.
TECATRON® Ensinger GmbH
TEDUR® Albis Plastic GmbH
TORELINA® Toray Industries Inc.

 

Geschichtliches

Die Umsetzung von p-Dichlorbenzol (C6H4Cl2) mit Natriumpolysulfid (Na2Sx) oder sogenannter Schwefelleber, ein zu großen Teilen aus Kaliumpolysulfid (K2Sx) bestehendes, schwefelhaltiges Stoffgemisch, zu Polyphenylensulfid, ist schon im Jahre 1888 von dem Franzosen Carles Friedel (1832-1899), der seit 1884 als Nachfolger von Charles Adolphe Wurtz (1817-1884) die Professur für Organische Chemie an der Pariser École de Médecine inne hatte, und dem Amerikaner James Mason Crafts (1839-1917) in gemeinsamer Arbeit entdeckt worden. Zuvor hatten beide bereits die von Metallhalogeniden katalysierte Umsetzung von Aromaten mit Alkylhalogeniden in unpolaren Lösungsmitteln zu alkylierten Aromaten erforscht. Dieser Reaktionstyp, der eine der wichtigsten Grundreaktionen der organischen Synthesechemie darstellt, ist mit beider Namen als Friedl-Crafts-Reaktion in die Chemiegeschichte eingegangen. 
Die Entdeckung des Polyphenylensulfids durch Friedel und Krafts, eines heute begehrten, thermoplastischen Kunststoffs, wurde indessen für lange Zeit nur als eine wissenschaftliche Episode angesehen. Die Bedeutung der frühen Entdeckung wurde, wie die vieler anderer auch, noch nicht erkannt. Erst Ende der 1940er Jahre griff die Texanische Phillips Petroleum Company die Arbeiten von Friedel und Crafts wieder auf, wo die beiden Chemiker James T. Edmonts und Harold W. Hill um 1960 die Grundlagen für das schließlich von Robert M. Campell fortentwickelte Verfahren für die industrielle Gewinnung von Polyphenylensulfid legten. 1973 brachte die Phillips Petroleum Company den Kunststoff unter dem Handelsnamen RYTON® auf den Markt. Aus der Ende der 1990er Jahre erfolgten Konzernspaltung und der Fusion von Phillips-Firmenteilen mit dem kalifornischen Öl- und Geothermiekonzern Cevron Corporation ging im Jahre 2000 neben anderen Unternehmungen der Chevron Phillips Chemical-Konzern hervor, der nunmehr die Marke RYTON® hält. Er gilt als einer der führenden amerikanischen Kunststoffproduzenten.
Die langwährende Monopolstellung der Phillips Petroleum Company für die Polyphenylensulfid-Produktion, die aus der seinerzeitigen Patentsituation herrührte, hat den großzügigen Einsatz des Kunststoffs vor allem in Europa zunächst behindert. Erst nach dem Ablauf der von ihr gehaltenen Patente, konnten sich weltweit potente Hersteller für Polyphenylensulfid etablieren und den neuen, Hochleistungs-Kunststoff bereitstellen.

 

Allgemeine Beschreibung

Polyphenylensulfid mit dem technischen Kürzel PPS ist ein teilkristalliner, thermoplastischer Kunststoff der neueren Generation, wenngleich er schon seit dem Jahre 1888 bekannt ist. PPS zeichnet sich durch hohe mechanische Festigkeit aus, ist thermisch belastbarbar, weitgehend chemikalienbeständig und weist dazu gute elektrische Isoliereigenschaften auf. Für Gase ist PPS nahezu undurchlässig. 
Die beiden, verschiedenen CAS-Nummern für ein und dasselbe Polymer stehen für unvernetztes und vernetztes PPS. Näheres dazu unter Abschnitt "Chemische Eigenschaften".

 

Verarbeitung/Verwendung

Polyphenylensulfid schmilzt unzersetzt bei Temperaturen um +280 °C und ist zwischen +340 °C und +370 °C gut formbar. Der nicht brennbare Kunststoff wird durch Spritzgießen, Blasformen oder Extrudieren zu thermisch und mechanisch stark beanspruchbaren Abdeckungen, Gehäusen und Formteilen für den Maschinen-und Elektrobau, den Chemieanlagenbau und Automobilbau verarbeitet. Oft werden dafür glasfasergefüllte PPS-Qualitäten (PPS-GF) mit wesentlich verbesserter Kerbschlagfestigkeit bevorzugt, wie beispielsweise für Pumpenköpfe von Mikro-Membranförderpumpen der Baureihe RCT-NPM-NF von Reichelt Chemietechnik. Je nach Füllstoffgehalt im Kunststoff, der für Glasfasern bis zu 40 % betragen kann, nimmt allerdings das spezifische Materialgewicht deutlich zu, während die Gleiteigenschaften hingegen rapide abnehmen. Für PPS-Formteile mit nicht eingeschränkten Gleiteigenschaften werden daher statt Glasfasern vor allem Gemische aus PTFE, Graphit und Kohlefasern als Füllstoffe eingesetzt.

 

Chemische Eigenschaften

Polyphenylensulfid ist ein schwefelverbrückter Poly-Aromat, der den Polyarylenthioethern zuzuordnen ist. Er kann sowohl lineare, gegeneinander bewegliche Polymerstränge ausbilden, wie das nachstehende Formelschema (a) veranschaulicht

chem-Formel-PPS-2

als auch vernetzte Makromoleküle, die sich, wie im Formelschema (b) andeutet ist, über schwache Nebenvalenzen der Schwefelbrücken realisieren und das Makromolekül insgesamt versteifen:

chem-Formel-PPS-3

Moderne Syntheseverfahren sind darauf ausgelegt, die Vernetzung weitgehend zu minimieren, weil sie die mechanischen Eigenschaften des Kunststoffs ungünstig beeinflusst und die Verarbeitung erschwert. Auf die chemischen Eigenschaften des Kunststoffs nehmen die schwachen Schwefel-Schwefel-Bindungen hingegen kaum merklichen Einfluss.
Die kovalenten Schwefel-Brücken zwischen den Phenylgruppen sind sehr stabil. Deswegen wird Polyphenylensulfid von Säuren und Laugen, aber auch von Alkoholen, Ketonen, aliphatischen Kohlenwasserstoffen und Treibstoffen nicht angegriffen. Aromaten, halogenhalige Lösungsmittel sowie Fette und Öle lassen den Kunststoff mehr oder minder quellen, dessen Festigkeit dadurch abnimmt. Stark oxidierende Agenzien, wie konzentrierte Salptersäure oder Chromschwefelsäure, zerstören den Kunststoff schnell. Ebenso ist die UV- und damit die Witterungsstabilität von Polyphenylensulfid gering. Es ist deshalb für Außenkonstruktionen ungeeignet.

 

Technische Daten   

Die nachstehenden Daten gelten, soweit nicht anders angegeben, für lineares, ungefülltes PPS üblicher Handelsqualität. Sie können von denen anderer PPS-Handelsqualitäten erheblich abweichen.

allgemeine Eigenschaften  
Farbe  
PPS gelbstichig-weiß
PPS-GF (40%) meist schwarz eingefärbt
Dichte   
PPS 1,34 g / cm3
PPS-GF (40%) bis 2,1 g / cm3
Sauerstoffindex (LOI) > 40 %
Brandklasse (UL 94) V-0
Wasseraufnahme  ≤ 0,05 %

 

 
thermische Eigenschaften  
Schmelzpunkt  > +280 °C
maximale Einsatztemperatur   
dauerhaft bis +240 °C
kurzzeitig  bis +260 °C
linearer Ausdehnungskoeffizient  bis 5 x 10-5 / K
Wärmeleitfähigkeit  0,3 W / K • m

 

 
elektrische Eigenschaften  
Dielektrizitätskonstante  
50 Hz 3,9
1 MHz 3,8
Durchschlagfestigkeit > 20 KV / mm
Oberflächenwiderstand 5 x 1016

spezifischer Durchgangswiderstand 

> 1015 Ω • cm
   
mechanische Eigenschaften [alle Werte für PPS-GF (40%)] 
Elastizitätsmodul 6 x 104 MPa
Reißfestigkeit 1,85 x 102 MPa
Charpy-Schlagzähigkeit 45 KJ / m2
Charpy-Kerbschlagzähigkeit 2,5 KJ / m2

Bruchdehnung 

1,9 %
   
chemische Beständigkeit   
Alkohole, Ketone beständig
alipatische Kohlenwasserstoffe beständig
aromatische Kohlenwasserstoffe bedingt beständig
Kraftstoffe  beständig
Fette und Öle bedingt beständig
Trichlorethylen, Perchlorethylen beständig
Säuren  beständig
oxidierende Säuren unbeständig
Alkalilaugen  beständig
Heißwasser  beständig

Witterung und UV-Strahlung 

unbeständig

 

Weiterführende Literatur

1.) J. T. Edmonts, H. W. Hill, US Patent No. 33.354.129 [1963]

2.) R. W. Campell, US Patent No. 3.867.356 [1975] 

3.) dto., No. 3.919.177 [1975]

4.) K. Kraft, Polyphenylendidulfid, Kunststoffe 77 [1987), p. 1023 ff, ISSN 0023-5563

5.) G. Reitzel, Polyphenylidensulfid, Kunststoffe 97 [2007], p. 124 ff, ISSN 0023-5563

6.) W. Kaiser, Kunststoffchemie für Ingenieure,3. Aufl.,Carl Hanser Verlag [2011],ISBN 978-3-446-43047-1.